EU: Ansammeln von Urlaubsansprüchen bei längerer Erkrankung?

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von Nadja Roß-Kirsch
 
Falls Arbeitnehmer längerfristig erkranken und den Urlaub nicht im laufenden Jahr nehmen können, stellt sich die Frage, wann deren Urlaubsanspruch verfällt und entsprechende Rückstellungen aufgelöst werden können. In Europa sind durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) einem Verfall Grenzen gesetzt. Dabei ist zwischen gesetzlichem Urlaubsanspruch und vertraglichem Urlaubsanspruch zu unterscheiden.
 
Der EuGH hat bereits 2009 entschieden (Az.: C 350/06), dass ein nationales Gesetz nicht vorsehen darf, dass gesetzliche Urlaubsansprüche verfallen, wenn der Mitarbeiter den Urlaub wegen Erkrankung während des Bezugszeitraums und bis zum Ablauf des Übertragungszeitraums nicht nehmen konnte. Auch der Urlaubsabgeltungsanspruch soll in einem solchen Fall nicht mehr entfallen. Folglich greift der Verfall zum 31. März des Folgejahres nach dem deutschen Bundesurlaubsgesetz nicht, falls der gesetzliche Urlaub krankheitsbedingt nicht bis dahin genommen werden konnte.
 
 Demgegenüber hat der EuGH in einer aktuelleren Entscheidung (Az.: C-214/10) klargestellt, dass ein nationales Gesetz und Tarifverträge regeln dürfen, ob und wann Urlaubsansprüche auch bei langfristiger Erkrankung verfallen. Die Dauer der Übertragbarkeit muss den Zeitraum, in dem der Urlaub an sich genommen werden muss, deutlich überschreiten. Nach dem EuGH ist ein gesetzlich oder tarifvertraglich geregelter Übertragungszeitraum von 15 Monaten nach Ablauf eines Kalenderjahres zulässig.
 
Da in vielen Arbeitsverträgen über den gesetzlichen Urlaubsanspruch hinaus (in Deutschland aktuell 20 Urlaubstage bei einer 5-Tage-Woche bzw. 24 Urlaubstage bei einer 6-Tage-Woche) vertragliche Urlaubsansprüche gewährt werden, kann hinsichtlich des Verfalls dieses vertraglichen Mehrurlaubs grundsätzlich auch eine abweichende Regelung getroffen werden. In Deutschland verlangt das Bundesarbeitsgericht dann eine klare Unterscheidung zwischen gesetzlichem und vertraglichem Urlaubsanspruch (BAG, Urteil vom 4. Mai 2010, 9 AZR 183/09).
 

Vertragsgestaltung verbessern

Der Verfall des gesetzlichen Urlaubs ist im Fall krankheitsbedingter Verhinderung in Europa nur begrenzt möglich. Arbeitgeber können ihre Arbeitsverträge jedoch zumindest hinsichtlich des Verfalls des vertraglichen Mehrurlaubsanspruchs optimieren.

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Aziza Yakhloufi

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht, Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht

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