BGH: Ablösung des Sicherheitseinbehalts darf nicht an Mangelbeseitigung geknüpft werden

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veröffentlicht am 9. Oktober 2017

 

Die vertragliche Vereinbarung eines Einbehalts zur Absicherung von Gewährleistungsansprüchen des Auftraggebers ist keine Seltenheit im Werkvertrag. Der Auftragnehmer darf diesen Einbehalt in aller Regel gegen Vorlage einer entsprechenden Bürgschaft ablösen. In der dem Bundesgerichtshof vorgelegten Konstellation (Urteil vom 30.3.2017, Az.: VII ZR 170/16) war diese Ablösungsmöglichkeit jedoch an die vollständige Beseitigung der im Abnahmeprotokoll festgestellten Mängel oder fehlender Leistungen geknüpft.

 

Wichtige Hinweise für die Praxis

Der BGH bewertete die streitgegenständliche Klausel als unwirksam:

 

  • Eine vom Auftraggeber in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauvertrags gestellte Klausel, wonach ein Sicherheitseinbehalt in Höhe von fünf Prozent der Bausumme für die Dauer der fünfjährigen Gewährleistungsfrist durch eine selbstschuldnerische unbefristete Bürgschaft abgelöst werden kann, verstößt grundsätzlich nicht gegen das AGB-Recht. Denn die Nachteile des Auftragnehmers (Zinsbelastung, Einschränkung der Kreditlinie) sind zunächst weniger gewichtig als die Sicherungsinteressen des Auftraggebers.

 

  • Eine solche Klausel ist jedoch dann unwirksam, wenn die Ablösung des Sicherheitseinbehalts zusätzlich davon abhängig gemacht wird, dass wesentliche Mängel nicht (mehr) vorhanden sind.

 

  • Die Einschränkung, wonach die Ablösungsmöglichkeit bezüglich des Sicherheitseinbehalts frühestens nach vollständiger Beseitigung der im Abnahmeprotokoll festgestellten Mängel oder fehlender Leistungen besteht, ist so weitreichend, dass ein angemessener Ausgleich zu den mit dem Sicherheitseinbehalt für den Auftragnehmer verbundenen Nachteilen nicht mehr zugestanden wird.

 

  • Die Frage, ob im Abnahmeprotokoll festgestellte Mängel vollständig beseitigt worden sind, kann Gegenstand langwieriger Kontroversen sein, die sich über die Dauer der Verjährungsfrist für die Mängelansprüche hinziehen können. Jeder diesbezügliche Streit kann zur Blockade der Ablösungsmöglichkeit führen, sodass es dann bei dem Sicherheitseinbehalt und den mit diesem für den Auftragnehmer verbundenen Nachteilen bleibt. Entsprechendes gilt für etwaige im Abnahmeprotokoll als fehlend festgestellte Leistungen.

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Dr. Julia Müller

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Vergaberecht

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