Brexit: Es ist vollbracht – und so geht es weiter!

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veröffentlicht am 7. Januar 2021 | Lesedauer ca. 3 Minuten

  

Die Europäische Union und das Vereinigte Königreich (UK) haben kurz vor Jahres­wechsel den Brexit-Handelsvertrag auf den Weg gebracht. Im Amtsblatt der EU Nr. L 144 vom 31. Dezember 2020 wurde das Handelsabkommen veröffentlicht, das ab dem 1. Januar 2021 vorläufig angewendet wird (ca. 1.500 Seiten).

  

  

Das Handelsabkommen verhindert jedoch keine Zollbürokratie und -kontrollen. Dieses Bild wurde zum Teil in den vergangenen Tagen fälschlicherweise in den Medien verbreitet.

 

Der Abschluss des Freihandelsabkommens bedeutet nicht, dass sämtliche Warenlieferungen im direkten Warenverkehr mit dem Vereinigten Königreich zollfrei sind. Unter bestimmten Voraussetzungen kann lediglich die Nutzung von Zollpräferenzen zur Zollfreiheit führen.

 

Das Freihandelsabkommen zwischen der EU und dem UK ist weitgehender als alle anderen Freihandels­abkommen, die die EU bisher geschlossen hat.

 

Das Abkommen sieht vollständige Zollfreiheit für alle Waren vor und schließt mengenmäßigen Beschränkungen aus. Voraussetzung für die Zollfreiheit ist, dass die Ursprungsregeln eingehalten werden.

 

Die Einführung handelspolitischer Schutzmaßnahmen wie Antidumpingzölle, Antisubventionsmaßnahmen oder Strafzölle ist jedoch möglich.

 

Zollfreiheit gilt nur für Ursprungserzeugnisse der Vertragspartner. Sie wird also nur dann gewährt, wenn Waren ihren Ursprung in der EU bzw. im Vereinigten Königreich haben.

 

Die Regelung zur Ermittlung des Ursprungs sind dem Teil 2-Handel, I-Warenverkehr, Kapitel 2 Ursprungsregeln des Handelsabkommens zu entnehmen.
 

Es handelt sich um ein Ursprungserzeugnis der Vertragspartner, wenn Waren in der EU bzw. in UK gemäß Artikel ORIG.3 des Handelsabkommens

  • vollständig gewonnen werden im Sinne des Artikels ORIG.5, oder
  • vollständig aus Ursprungswaren hergestellt werden, oder
  • ausreichend be- bzw. verarbeitet wurden. Dabei darf nur ein bestimmter Anteil an Vormaterialien aus Drittstaaten verwendet werden. Hierbei sind produktspezifische Ursprungsregeln zu beachten (siehe Anhang ORIG-2). Voraussetzung kann bspw. ein Kapitel- oder Positionswechsel oder ein maximaler Anteil von Drittlandswaren (Wertschöpfungsklausel) sein.

Hat eine Ware im Herstellungsprozess Ursprung erlangt, gilt die gesamte Ware als Ursprungserzeugnis, wenn sie als Vormaterial für die Herstellung eines anderen Produktes verwendet wird (Artikel ORIG.3, Absatz 2).

Die Details hierzu finden sich in Titel 1, Kapitel 2 des Abkommens sowie in Anhang ORIG-2.


Das Abkommen sieht die bilaterale Kumulierung vor. Damit können Ursprungserzeugnisse des Vertragspartners, die für die Herstellung des Fertigproduktes  im Zollgebiet der anderen Vertragspartei als Vormaterialien Verwendung finden, für den Ursprung des Fertigproduktes berücksichtigt werden, wenn das Fertigprodukt  in das Gebiet des Vertragspartners  exportiert wird.

 

Die Kumulierung erfolgt vollständig. Das bedeutet, dass nicht nur Ursprungserzeugnisse des Vertragspartners, sondern jeder Produktionsschritt, auch wenn dieser noch nicht den Ursprung des Vormaterials begründet, für die Ursprungsbestimmung des Fertigproduktes berücksichtigt wird. Folglich  wird jede Wertschöpfung berücksichtigt, die in der EU- UK Freihandelszone stattfindet.

 

Beide Regelungen gelten allerdings nur, sofern die Be- bzw. Verarbeitung über die sog. „Minimalbehandlung” gemäß Artikel ORIG.7 hinausgeht.

 

Präferenzursprungsnachweise werden im Rahmen eines Selbstzertifizierungssystems ausgestellt. Eine Warenverkehrsbescheinigung ist im Abkommen nicht vorgesehen. Exporteure bescheinigen den Warenursprung durch eine Erklärung zum Ursprung auf der Handelsrechnung, die dem vorgeschriebenen Wortlaut in Anhang ORIG-4 entspricht.

 

Alternativ kann die Erklärung auf einem anderen Handelspapier erstellt werden, sofern die Ware in diesem Dokument ausreichend detailliert beschrieben wird, um sie identifizieren zu können.

 

Die Erklärung zum Ursprung verlangt die Angabe einer Ausführer-Referenznummer. Dabei handelt es sich um die REX-Nummer des Ausführers. Für Ausfuhren im Warenwert von weniger als 6000 Euro ist eine REX-Registrierung nicht notwendig.

 

Der Präferenznachweis ist für eine einzelne Lieferung oder mehrere Lieferungen in einem bestimmten Zeitraum gültig. Dieser Zeitraum ist auf zwölf Monate begrenzt.

 

Die Präferenzbehandlung kann gemäß Artikel ORIG-18 auch auf der Gewissheit des Importeurs basieren, dass das Produkt Präferenzursprung hat.

 

Zwischen Abschluss und vorläufigem Inkrafttreten des Abkommen liegen nur wenige Tage. Die Wirtschaftsbeteiligten haben daher nicht ausreichend Zeit, um sich auf die Anforderungen des Abkommens vorzubereiten. Unternehmen können die Möglichkeit nutzen, den Ursprung nachträglich nachzuweisen und einen Erstattungsantrag für etwaig gezahlte Zölle zu stellen.

 

Was zu tun ist

  • Überprüfen Sie für ihr Produktportfolio die Ursprungsregeln nach dem Handelsabkommen EU-UK.
  • Hinterlegen Sie den Präferenzstatus in ihrem ERP- System.
  • Hinterlegen Sie den Wortlaut der Ursprungserklärung als Textkonserve in ihrem Rechnungs- oder Lieferscheinprogramm.
  • Nehmen Sie die Bestimmung des Ursprungd in Ihre Arbeits-und Organisationsanweisung WUP (A&O) mit auf und übermitteln sie ihrem Sitzhauptzollamt eine aktualisierte Fassung ihrer A&O.
  • Sofern Sie noch nicht als REX bei ihrem Sitzhauptzollamt registriert sind stellen sie den entsprechenden Antrag.
  • Sofern in UK oder in der EU bei der Zollabfertigung Zölle für Ursprungswaren der EU oder UK erhoben wurden, stellen sie einen entsprechenden Erstattungsantrag.
  • Als Nachweis sollten sie sich die Ursprungserklärung vom Lieferanten nachträglich ausstellen lassen.
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