Klimaziele setzen und erreichen – Wichtige Aspekte bei der Entwicklung von SBTs

PrintMailRate-it

​​​​veröffentlicht am 25. April 2025


Die Anzahl der Unternehmen, die sich mit dem Aufstellen einer ganzheitlichen Klimaschutzstrategie – und dadurch auch mit strukturierten Klimaschutzzielen – beschäftigen, steigt stetig. Am 18. April 2025 verzeichnete die Science-Based Targets Initiative (SBTi) einen Rekord von weltweit 7.615 Organisationen mit validierten wissenschaftlich fundierten Klimazielen. Gleichzeitig sind etwa 3.000 weitere Organisationen im Prozess der Zielsetzung bzw. in der Verpflichtung, ambitionierte Klimaschutzziele zu setzen. Im dritten Teil unserer Artikelreihe über die Entwicklung wissenschaftlich fundierter und realistischer Klimaziele gehen wir auf den Prozess zur Entwicklung von SBTs ein.


In unserem ersten Beitrag dieser Reihe haben wir bereits auf das Potenzial von SBTs für die Erfüllung von Anforderungspflichten des ESRS E1 „Klimawandel“ hingewiesen. ESRS E1-1 „Übergangsplan für den Klimaschutz“ sowie E1-4 „Ziele im Zusammenhang mit dem Klimaschutz und der Anpassung an den Klimawandel“ beinhalten die Offenlegung von Klimazielen des Unternehmens. Dabei stellen die ESRS keine inhaltlichen Vorgaben an die Klimaziele, wie beispielweise eine bestimmte jährliche prozentuale Reduktion der Emissionen. Um den Offenlegungsanforderungen nachzukommen, müssen die Klimaziele im Einklang mit dem 1,5°C-Ziel stehen und dem Pariser Klimaabkommen entsprechen. Die SBTi hingegen stellt konkretere Anforderungen an Unternehmen, die Ihre Klimaziele bei der SBTi zur Validierung einreichen möchten, um diese Ziele offiziell als „Science-Based-Target“ bezeichnen zu dürfen.​

Für unsere Reihe über Science-Based Targets finden Sie hier ein Glossar der wichtigsten Begriffe und Abkürzungen.​

Überarbeitung des Corporate Net-Zero Standards

Am 18. März 2025 wurde der erste Entwurf des überarbeiteten Corporate Net-Zero-Standards (V2) zur öffentlichen Konsultation freigegeben. Ziel ist eine Beschleunigung der Dekarbonisierung, durch die Anpassung des Standards an die neusten wissenschaftlichen Entwicklungen und Best-Practices der Klimawissenschaft, zum Beispiel an die des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC). Auch sollen Erleichterungen an der strukturellen Vorgehensweise die Entwicklung und Umsetzung von Zielen fördern. Zu diesen Anpassungen gehören:

  • Einführung der Kategorisierung von Unternehmen: maßgeschneiderte Anforderungen an Emissionsreduktionsziele basierend auf Unternehmensgröße und geografischer Lage
  • Erleichterung der Festlegung von Zielen für Unternehmen in Schwellenländern
  • Anreize für ehrgeizige Ziele und Maßnahmen durch ein neues Modell zur Validierung und Anerkennung von Fortschritten zu den Zielen
  • Verbessertes Zielsetzungs-Framework durch die Fokussierung auf zeitnahe Emissionsreduktion im Rahmen von Scope-3 Emissionen, aktualisierte Benchmarks sowie mehr Flexibilität bei der Zielsetzung durch verhältnismäßige Zielgrenzen

Bis 2026 sollen Unternehmen weiterhin Ziele nach der aktuellen Version des Corporate Net-Zero Standard (V1.2) entwickeln. Es ist beabsichtigt, dass Unternehmen ab 2027 die neue Version des Standards verwenden, um Ziele festzulegen.

Mithilfe der angepassten Vorgehensweisen in V1.2 des Net-Zero-Standards sollen die Entwicklung und Kommunikation von SBTs transparenter gestaltet, und Verfahrensprozesse optimiert werden. Im Folgenden möchten wir auf die wichtigsten vorgeschlagenen Neuerungen im Zielsetzungsprozess eingehen.

1. Unternehmensverpflichtung zu Netto-Null

Die neue Version des Standards sieht vor, dass Unternehmen sich zunächst öffentlich zum Netto-Null-Ziel verpflichten. Dabei ist es entscheidend, dass die Geschäftsführung diese Ziele unterstützt und das Unternehmen seine Ambitionen aktiv nach innen und außen kommuniziert. Die strategische Einbindung der Klimaziele in die übergeordnete Unternehmensstrategie des Unternehmens ist von großer Bedeutung, um sicherzustellen, dass Klimaziele effektiv umgesetzt und erreicht werden.

Zudem schlägt die SBTi vor – ähnlich wie der ESRS-Standard –, dass Unternehmen im Rahmen ihrer Verpflichtung einen detaillierten Übergangsplan entwickeln müssen, in dem unter anderem die notwendigen Maßnahmen und Ressourcen aufgeführt werden, um das Netto-Null-Ziel zu erreichen.

2. Analyse der eigenen Leistung im Ziel-Basisjahr

Im zweiten Schritt sollen Unternehmen zunächst ein klares Verständnis über ihre bereits erbrachten Leistungen der Emissionsreduktion im vorgesehenen Ziel-Basisjahr entwickeln. Darunter fällt die Vorgehensweise zur Ermittlung von unternehmensinternen Treibhausgasen, sowie der anschließende Umgang mit diesen Emissionen. Ein klares Verständnis über den Status quo hilft, mit dem anschließenden Zielsetzungsprozess effektiv die Lücken zu einem Netto-Null Ziel zu schließen. V1.2 führt eine Reihe von Indikatoren zur Leistungsbewertung auf, die sowohl Emissions- als auch Nicht-Emissions-Kennzahlen umfasst, wie z. B. den Prozentsatz der aus sauberen Quellen stammenden Energie oder der Beschaffung bei klimagerechten Lieferanten.

Die Ermittlung der Treibhausgasbilanzierung im Basisjahr und in den folgenden Jahren soll nach dem „Greenhouse-Gas-Protokoll“ (GHG-Protokoll) erfolgen. Darüber hinaus gilt es, die Anwendbarkeit sektorspezifischer Anforderungen der SBTi für das eigene Unternehmen zu überprüfen

Auch bei der Wahl des Ziel-Basisjahrs ist eine bedeutende Änderung vorgesehen: Während bislang jedes Jahr ab 2015 zulässig war, sieht V1.2 vor, dass das gewählte Basisjahr höchstens drei Jahre vor der Erstvalidierung liegen darf. Damit soll sichergestellt werden, dass Unternehmen ambitionierte und aktuelle Reduktionsziele verfolgen und nicht durch die Wahl eines strategisch günstigen, weit zurückliegenden Basisjahres ihre Klimaverpflichtungen abschwächen.

3. Zielsetzung nach V1.2
Die tatsächliche Festlegung der Klimaziele erfolgt im dritten Schritt. Dabei ist es, neben einem wissenschaftlich fundierten Ansatz zur Erreichung von Netto-Null-Emissionen, ebenso entscheidend, dass die Ziele konkret messbar und zeitlich klar definiert sind. Die Unternehmen können sich ein oder mehrere kurz- und langfristige Ziele setzen, um im angegebenen Zeitrahmen Netto-Null-Emissionen zu erreichen.

Fällt ein Unternehmen in den Anwendungsbereich eines sektoralen Standards, muss es die Kriterien dieses Standards zusätzlich zu den sektorübergreifenden Kriterien des Corporate Net-Zero Standard anwenden, um für eine Validierung in Frage zu kommen. Die SBTi entwickelt derzeit eine Dokumentation, die das Verfahren zur Bewertung der Anwendbarkeit von Sektor-Standards unterstützen soll.

Für einen höheren Detailgrad bei der Zielsetzung, können Unternehmen ihre Klimaziele gezielt auf spezifische Unterkategorien der Emissionsquellen gemäß dem GHG-Protokoll ausrichten. Ein Beispiel hierfür ist eingekaufter Strom, welcher unter Scope-2 bilanziert wird. In dieser Kategorie können konkrete Ziele zur Emissionsreduktion beispielsweise durch Elektrifizierung von Prozessen oder dem Umstieg auf erneuerbare Energiequellen erzielt werden.

Ein zentraler Aspekt ist das Lieferkettenmanagement, da ein erheblicher Teil der Emissionen entlang der Wertschöpfungskette entsteht. Lieferanten sollten daher idealerweise aktiv in die Zielsetzung und -erreichung eingebunden werden, um gemeinsam Scope-3-Emissionen zu reduzieren. V1.2 entfernt sich von der bisherigen prozentualen Mindestabdeckung von 67 % für kurzfristige, und 90 % für langfristige Scope-3 Ziele. Stattdessen wird ein gezielterer Ansatz verfolgt, der von den Unternehmen verlangt, dass sie Scope-3-Ziele auf die emissionsintensivsten Aktivitäten innerhalb ihrer Wertschöpfungskette und diejenigen, auf die sie den größten Einfluss haben (z. B. Tier-1-Zulieferer) priorisieren sollen.

In V1.2 des Standards sind kombinierte Reduktionsziele für Scope 1 und Scope 2 künftig nicht mehr erlaubt. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die Reduzierung der Emissionen aus Scope 1 nicht durch die oft größeren Scope-2-Emissionen vernachlässigt oder den Einkauf von Ökostrom in den Hintergrund geraten.

4. Bewertung und Kommunikation des Fortschritts
Kontinuierliches Monitoring und Reporting gewährleistet die Nachverfolgung der Fortschritte beim Erreichen der Ziele. Je nach unternehmensinternen Entwicklungen kann regelmäßig Bedarf an der Aktualisierung von Zielen bestehen, um langfristig Netto-Null Emissionen zu erreichen. Damit die Klimaziele nachvollziehbar und glaubwürdig bleiben, sollten Unternehmen regelmäßig über ihre Fortschritte berichten. Die SBTi prüft derzeit, ob eine unabhängige Überprüfung dieser Daten künftig nur empfohlen oder verpflichtend sein soll, um die Glaubwürdigkeit der Angaben zu stärken.

Mit V1.2 wird zudem ein standardisiertes Verfahren zur Bewertung der Fortschritte im Vergleich zu den Zielen eingeführt. Hierfür sollen alle Unternehmen eine Fortschrittsbewertung unter Verwendung des Anhang G: Progress Assessment Formulas verwenden. Die Emissionsreduktionen sollten jährlich überprüft und sowohl intern als auch extern berichtet werden. Der überarbeitete Standard sieht detailliertere Anforderungen an die Offenlegung der Zielfortschritte vor.

Fazit 

Immer mehr Unternehmen nutzen die Ressourcen der SBTi, um ihre Treibhausgasemissionen im Einklang mit den Zielen des Pariser Abkommens zu reduzieren und aktiv zum Klimaschutz beizutragen.

Die Umsetzung von Klimazielen ist ein dynamischer Prozess, der eine enge Verknüpfung mit der Unternehmensstrategie und dem Stakeholder-Engagement erfordert. Unternehmen, die Klimaziele nach den Standards der SBTi aufstellen, um Berichtspflichten der CSRD zu erfüllen, oder die eigenen Ambitionen für den Klimaschutz umzusetzen, profitieren dabei von transparenter Kommunikation und regelmäßigem Monitoring ihrer Ziele. Damit leisten Sie nicht nur einen Beitrag zum Klimaschutz, sondern sichern sich auch langfristige Wettbewerbsfähigkeit.

Rödl & Partner unterstützt Unternehmen ganzheitlich bei der Entwicklung und Umsetzung einer effektiven Klimastrategie – von der ersten Analyse bis zur praktischen Implementierung. Kommen Sie bei Rückfragen gerne auf uns zu!

​​​​​

FOLGEN SIE UNS!

LinkedIn Banner

Kontakt

Contact Person Picture

Hidir Altinok

M.Sc. Renewable Energy Systems, Dipl.-Ing. (FH) Versorgungstechnik

+49 911 9193 1926

Anfrage senden

Contact Person Picture

Naomi Mzyk

B.A. Management in Organic and Sustainability Business

+49 911 9193 1543

Anfrage senden

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu