Finanzierungsmix im Mittelstand

PrintMailRate-it
Die Finanzierung mittelständischer Unternehmen befindet sich seit fast 10 Jahren in einer Umbruchphase. Mit der Finanzmarktkrise seit dem Jahr 2008 wurden die Schwächen im Finanzierungsbereich der Kreditinstitute sichtbar – Basel III war die Folge. Die neuen Regularien nehmen Banken noch stärker in die Pflicht; sie müssen bei der Vergabe von Krediten das Risiko der Unternehmen beachten und mehr Eigenkapital für die gewährte Finanzierung hinterlegen. Dadurch werden die Banken noch restriktiver in der Kreditvergabe, was den deutschen Mittelstand in seiner Finanzierungsstrategie nachhaltig beeinflusst.
 

Ziel und Zweck von Geldmitteln

Die Investitionsbereitschaft des deutschen Mittelstands befindet sich seit geraumer Zeit auf einem steigenden und hohen Niveau. Hauptgrund für Investitionen sind Ersatzinvestitionen, aber auch die Erweiterung spielt eine große Rolle. Dementsprechend ist die Wachstums- noch vor der Refinanzierung Hauptzweck der Mittelbeschaffung.
 

  • Sicherung der eigenen Liquidität
  • Erhalt der Rentabilität

 

Das sind über alle Branchen hinweg wichtige Finanzierungsziele. Doch auch die Erhöhung der Eigenkapitalquote spielt für viele eine übergeordnete Rolle.
 

Finanzierung aus eigenen Mitteln

Die Ausstattung mit Eigenkapital erlebt in den letzten Jahren einen positiven Trend. Besonders im verarbeitenden Gewerbe entwickelt sich seine Quote günstig – weniger als jeder 4. ist zu schwach mit Eigenkapital ausgestattet. Insgesamt verfügte der Mittelstand im Jahr 2014 über eine durchschnittliche Eigenkapitalquote von knapp 30 Prozent.
 

Welche Eigenkapitalquote ist sinnvoll?

Während manche Unternehmen aufgrund von Steuervorteilen eine hohe Quote bevorzugen, setzen andere eher auf eine geringe Eigenkapitalausstattung. In letzterem Fall kann die Hebelwirkung des „Leverage-Effekts” genutzt werden, da durch den Einsatz von Fremdkapital die Eigenkapitalrendite einer Investition gesteigert wird.
 

Unternehmensfinanzierung im europäischen Vergleich

Die Europäische Zentralbank (EZB) richtet ihre Politik am europäischen Durchschnitt aus. Die Mitglieder der Währungsunion unterscheiden sich zwar in Sachen Verschuldung – sowohl bei der Staatsverschuldung als auch bei der eigener Unternehmen – doch europaweit überwiegt die Fremdfinanzierung über Kredite.
 
So beliefen sich die Kredite an Unternehmen in Europa Ende 2013 gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) auf 89 Prozent, Anleihen hingegen auf lediglich 10,6 Prozent.
 

Um die Kredite weiter zu fördern, hat die EZB im Jahr 2014 mit den gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäften (GLRG) und dem Ankauf von besicherten Anleihen (ABS) neue und umfangreiche Maßnahmen ergriffen. Da die Kreditvergabe aber trotz der Niedrigzinsen nicht in Schwung kommt, startet die EZB aktuell mit dem milliardenschweren Ankauf von Unternehmensanleihen – so sollen die Zinsen weiter gedrückt und die Kreditkonditionen für Unternehmen verbessert werden.
 

Gewichtung der Finanzierung ausgewählter Länder in Europa

Anteil in Relation am BIP in Prozent, 2013

 

Quelle: Finanzgruppe Deutscher Sparkassen- und Giroverband. Studie „Diagnose Mittelstand 2015”

 

Gründe für das Scheitern von Investitionszusagen (Erhebung aus 2014)

 

 Quelle: Creditreform Rating Agentur und IKB. Studie „Wachstum finanzieren”

 

(Grafik zum Vergrößern anklicken)

Regelmäßig durchgeführte Umfragen zeigen, dass die Anforderungen der Kapitalmarktinvestoren an potenzielle mittelständische Emittenten steigen. Insbesondere eine mangelnde Bonität, aber auch das Pricing und die fehlende Transparenz führen dazu, dass sich ein Investor gegen eine Anlage entscheidet.
 

Reiche Palette an Finanzierungsinstrumenten

Basel II und III haben Auswirkungen auf die Mittelstandsfinanzierung. Zum einen verstärken sich die Offenlegungspflichten, zum anderen wird die Kreditaufnahme erschwert. Eine Abhängigkeit von der Hausbank kann jedoch vermieden werden, indem das Unternehmen seine Unternehmensfinanzierung diversifiziert. Es bieten sich zahlreiche Formen:
 

 
 Quelle: Rödl & Partner


 

Unternehmensanleihen

In der Vergangenheit spielten Unternehmensanleihen in Deutschland kaum eine Rolle  –  allenfalls für Großkonzerne. Das hat sich mittlerweile u.a. durch die Finanzkrise geändert und die Bedeutung von Unternehmensanleihen als Finanzierungsinstrument ist gestiegen: Nicht nur Großunternehmen, sondern auch „Firmen aus der zweiten Reihe” und aus dem oberen Mittelstand haben sich in den letzten Jahren für Anleihen-Emissionen entschieden.
 
Gründe hierfür sind neben der allgemeinen Unsicherheit, ob künftig eine ausreichende Kreditversorgung sichergestellt ist, eine höhere finanzielle Flexibilität, die Nachfrage der Investoren und die damit verbundenen tendenziell sinkenden Konditionen.
 

Finanzplanung

Durch die Finanzplanung soll sichergestellt werden, dass die Liquidität eines Unternehmens zu jedem Zeitpunkt hinreichend sichergestellt ist. Um die Finanzplanung in die Gesamtunternehmensplanung zu integrieren, sind qualitativ und quantitativ hochwertige Planungen sowie entsprechende Systeme nötig. Der Mittelstand hat hierbei häufig noch Nachholbedarf.

 

Dauer des Finanzplanungsprozesses (Erhebung aus 2015)

 

Quelle: Wolfgang Becker, Patrick Ulrich (Hrsg.): Finanzierung im Mittelstand


 
Quellen: Statista.de; Spiegel Online; Europäische Zentralbank; Deutsches Aktieninstitut; Gabler Wirtschaftslexikon; Creditreform Rating Agentur; IKB. 

Deutschland Weltweit Search Menu