Unternehmergeist – Starke Finanzierungspartner gesucht

PrintMailRate-it

Prof. Dr. Dirk Honold kommentiert

Finanzierungspartner sind häufig wie ein scheues Reh. Da Kapital aktuell im Überfluss vorhanden ist, müssen Kapitalgeber heutzutage immer mehr um Kapitalnehmer werben. Das gilt jedoch nicht unbedingt für risikotragendes Eigenkapital im Sinne von unternehmerischem Kapital: Bei Risikokapitalinvestitionen liegt Deutschland bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt unter dem europäischen Durchschnitt und auch die Kapitalmarkttiefe ist im OECD-Vergleich unterdurchschnittlich. Basel III/Solvency II erschweren und verteuern weiterhin die in der Vergangenheit leichter verfügbaren Kredite von Hausbanken. Zusätzlich verringern außerordentliche Kündigungsrechte durch Nebenbeding­ungen, sog. Covenants, die Sicherheit des bereitgestellten Fremdkapitals.
 

Generell hat der Unternehmer alle Freiheiten die Finanzierung, unabhängig vom operativen Geschäft, zu gestalten. Zur Optimierung der Kapitalstruktur sind Bilanzrelationen oder die Fristenkongruenz Prinzipien, die Anwendung finden. Ebenso werden Mindest-Eigenkapitalquoten und Kennzahlen zur Planbarkeit der Rückzahlung des befristeten Kapitals wie EBITDA-Multiplikatoren herangezogen, um das maximale Finanzierungsvolumen oder deren Nebenbedingungen zu determinieren. Jedoch wird eine Risikokongruenz der Finanzierung, d.h. die passende Finanzierungsform in Abhängigkeit des Risikos der Investition, nicht hinreichend betrachtet.
 

Unternehmer treiben ihre Unternehmen immer weiter voran und schätzen ihre Unabhängigkeit. Risiken werden in Kauf genommen, wenn es der Sache dient. Unternehmergeist prägt das Handeln des ehrbaren Kaufmanns. Dabei bleiben oftmals grundlegende Erkenntnisse aus der Finanzierungstheorie außer Acht: Umso höher das Risiko eines Unternehmens oder Projekts ist, desto teurer wird zugleich das zur Verfügung gestellte Kapital. Zudem stellten die Nobelpreisträger Franco Modigliani und Merton Miller schon 1958 fest, dass die Unternehmer eine umso höhere Verzinsung auf ihr Eigenkapital erwarten dürfen, desto höher die Verschuldung des Unternehmens ist. Ob das auch von den Unternehmern erwartet wird, ist jedoch offen. Die vielfältigen, resultierenden Missverständnisse sorgen immer wieder für Überraschungen beim Unternehmer, wie teuer eigentlich neues externes (Eigen-)Kapital ist. Ein Erklärungsansatz hierfür ist, dass sich der Unternehmer die hohe Verzinsung bisher nicht selbst zugestanden hat, obwohl er ein Recht darauf gehabt hätte. Das flexible Verständnis und die Risikobereitschaft prägen den deutschen Mittelstand und die Familienunternehmen. Sie machen gerade risikoreiche Investitionen mit interner Finanzierung erst möglich und verdienen besondere Anerkennung. Zugleich ist damit jedoch die Kluft zwischen Innenfinanzierung bzw. der Bereitschaft des Unternehmers, das erhöhte Risiko bei Fremdkapitalfinanzierung selbst zu schultern, und externem, risikotragendem Kapital umso größer.
 

Vor dem Hintergrund ist es begrüßenswert, dass z.B. die Beteiligungsbranche inklusive Family Offices durch Minderheitsbeteiligungen in angepasster Form immer mehr Unternehmerkapital zur Verfügung stellt.
 

Gerade in einer sich verändernden Welt ist die Verfügbarkeit von Kapital zur Finanzierung von Innovation und Wachstum wichtig, da der Unternehmer eben nicht immer alleine die Investition stemmen oder das Risiko ohne Gefährdung des gesamten Unternehmens übernehmen kann. Die Innenfinanzierung reicht schlichtweg nicht jedes Mal aus und die Risikoübernahme von neuen, externen Kapitalgebern ist begrenzt oder sehr teuer. Aber nur eine Risikokongruenz zwischen Finanzierung und Investition vermindert in diesem Zusammenhang die Möglichkeit von existenzbedrohenden Szenarien. Dabei sollten Finanzierungsverträge mit ihren Sonderrechten, z.B. Liquidationspräferenzen, das unternehmerische Risiko nur begrenzt auf die bisherigen Eigentümer verlagern. Es braucht einerseits Finanzierungspartner, die das gleiche Risiko nehmen wie die Unternehmer. Andererseits gilt es, den Erhalt der Unabhängigkeit des Unternehmens beim Exit des externen Kapitalgebers zu gewähren  –  auch bei nicht hinreichender Innenfinanzierungskraft des Unternehmens bzw. Unternehmers. Stärkere Kapitalmärkte als alternative Lösungsmöglichkeit sind in diesem Zusammenhang wünschenswert.
 

 Prof. Dr. Dirk Honold

Prof. Dr. Dirk Honold ist Professor für Unter­nehmens­finanzierung an der Tech­nischen Hochschule Nürn­berg, wo er sich auf die verschie­denen Formen der Beteiligung mit Eigenkapital zur Fi­nan­zie­rung von Innovationen und Wachstum befasst. Er coacht und unterstützt mittel­ständische Unternehmen insbesondere bei Finan­zierungs- und M&A-Aktivitäten  –  auch als Mitgründer und Aufsichtsrat/ Beirat. Mehr als 10 Jahre führte er als Chief Financial Officer Unter­nehmen in Wachstums-, Re­po­si­tio­nie­rungs- und Re­struk­tu­rie­rungs­phasen begleitet von einer Vielzahl an Finanz­transaktionen. Prof. Dr. Dirk Honold ist u. a. Gründer und einer der beiden Leiter des Arbeitskreises Finanzen der „Bio­technologie-Industrie-Organisation Deutschland e.V.”, Mitglied des Arbeits­kreises „Wertorientierte Steuerung in mittel­stän­dischen Unternehmen” der Schmalenbach-Gesellschaft e.V. sowie Schriftleiter und Mitherausgeber des Fach­magazins „Corporate Finance” der Handelsblatt Fachmedien GmbH.

Deutschland Weltweit Search Menu