Überarbeitung der ESRS: EFRAG legt ersten Fortschrittsbericht vor

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 24. Juni 2025 | Lesedauer ca. 4 Minuten 

 

​Die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) hat der Europäischen Kommission einen ersten Fortschrittsbericht (Progress ​Report) zur Überarbeitung der European Sustainability Reporting Standards (ESRS) vorgelegt. Der Bericht beschreibt den aktuellen Stand des Überarbeitungsprozesses, der auf eine deutliche Vereinfa­chung der Standards und eine Reduktion der Berichtspflichten abzielt. Im Zentrum stehen unter anderem die Vereinfachung der Wesentlich­keits­analyse, die Reduktion narrativer Angaben, strukturelle Klarstellungen, eine stärkere Interoperabilität mit internationalen Standards, sowie Erleichterungen für komplexe Berichtsinhalte. Die Zahl der verpflichtenden Datenpunkte soll dabei um über 50 % sinken. Ein erster Entwurf soll Ende Juli in die öffentliche Konsultation. 



Überarbeitung der ESRS: Fortschrittsbericht konkretisiert Maßnahmen zur Reduktion der Berichtspflichten 

​Mit dem am 26. Februar 2025 veröffentlichten Omnibus-I-Vorschlag hat die Europäische Kommission angekündigt, die ESRS im Rahmen eines delegierten Rechtsakts gezielt zu überarbeiten. Ziel der Initiative ist es, die Nachhaltigkeitsberichtsanforderungen zu verschlanken, die praktische Anwendbarkeit der Standards zu verbessern und gleichzeitig die politischen Zielsetzungen des European Green Deal sowie die Interoperabilität mit internationalen Rahmenwerken (insbesondere ISSB) sicherzustellen. 

Ein zentrales Ziel der Überarbeitung ist die signifikante Reduktion der verpflichtenden Datenpunkte. Die EFRAG hat angekündigt, alle „shall“-Angaben (Muss-Angaben) systematisch zu überprüfen. Neben der Streichung einzelner Datenpunkte sollen zahlreiche Anforderungen in nicht-verbindliche Leitlinien überführt oder als freiwillige Angaben klassifiziert werden. 

Besonders betroffen sind narrative Angaben, die bislang als zu detailliert und wenig nützlich kritisiert wurden. Die EFRAG plant daher, den Umfang dieser Angaben in ESRS 2 und den thematischen Standards deutlich zu verringern und stärker auf zentrale Aussagen und Prinzipien zu fokussieren. Diese Maßnahmen sollen nicht nur den Aufwand für Unternehmen reduzieren, sondern auch die Qualität und Vergleichbarkeit der Berichterstattung verbessern. 

Insgesamt geht die EFRAG derzeit davon aus, dass mehr als 50 % der verpflichtenden Datenpunkte entfallen, freiwillig gestellt oder in Leitlinien überführt werden können.  

Die EFRAG wurde beauftragt, bis zum 31. Oktober 2025 einen finalen Vorschlag der überarbeiteten ESRS vorzulegen. Der dazu am 20. Juni 2025 an die Europäische Kommission übermittelte Fortschrittsbericht konkretisiert das weitere Vorgehen und benennt neben den oben genannten Punkten sechs zentrale Hebel zur Vereinfachung der Standards.  

​Sechs Vereinfachungshebel im Überblick 

​Hebel 1: Vereinfachung der doppelten Wesentlichkeitsanalyse (DWA) 

Erstens plant die EFRAG eine Überarbeitung der Vorgaben zur DWA, da diese sich in der Umsetzung als wesentliche Belastung erwiesen hat. Ziel ist es, die Komplexität des Prozesses zu verringern und unnötige Bewertungsschritte zu vermeiden. So soll sich das Verfahren zur Bestimmung wesentlicher Themen stärker am Geschäftsmodell orientieren (Top-down-Ansatz) und dabei auf verhältnismäßige Nachweiserfordernisse setzen, insbesondere wenn ein Thema offensichtlich wesentlich für Branche, Peers oder Geschäftsmodell ist. Eine detaillierte Bewertung aller potenziellen Themen – wie sie bislang oft anhand der Liste in ESRS 1 AR16 erfolgte – soll entfallen. Zudem soll explizit klargestellt werden, dass die Wesentlichkeit eines einzelnen Unterthemas nicht die Berichtspflicht über sämtliche Datenpunkte des zugehörigen thematischen Standards auslöst. Ein unverbindlicher Anhang soll hier Orientierung bieten. Zusätzlich soll das Prinzip der „angemessenen Darstellung“ gestärkt werden, um Berichte auf Relevanz und Glaubwürdigkeit auszurichten und einem übermäßigen Erfüllungsaufwand vorzubeugen. Auch wenn sich der Entlastungseffekt nicht genau beziffern lässt, geht die EFRAG davon aus, dass die geplanten Änderungen die DWA spürbar vereinfachen und eine fokussiertere Berichterstattung ermöglichen können. 

 

Hebel 2: Bessere Lesbarkeit und Prägnanz der Nachhaltigkeitserklärung sowie bessere Einbindung in die Unternehmensberichterstattung insgesamt 

Zweitens ist vorgesehen, die Lesbarkeit und Integration der Nachhaltigkeitserklärung zu verbessern. In vielen Fällen wurde die Nachhaltigkeitsberichterstattung als zu kleinteilig und wenig strategisch wahrgenommen. Die EFRAG will dem entgegenwirken, indem sie verschiedene Flexibilitäten klarstellt. Dazu zählen die Möglichkeit eines Executive Summary, die Auslagerung granularer Informationen – etwa zur EU-Taxonomie – in Anhänge sowie die Vermeidung redundanter oder fragmentierter Angaben. Zudem wird klargestellt, dass Inhalte nicht doppelt dargestellt werden müssen und die Reihenfolge der Angaben nicht starr vorgegeben ist. Diese Maßnahmen sollen den Umsetzungsaufwand verringern und Unternehmen mehr Raum geben, ihre wesentlichen Nachhaltigkeitsthemen verständlich darzustellen. 


Hebel 3: Grundlegende Überarbeitung der Beziehung zwischen Mindestangabepflichten und thematischen Standards 

​Drittens plant die EFRAG eine grundlegende Überarbeitung der Beziehung zwischen den Mindestangabe­pflichten (Minimum Disclosure Requirements, MDRs), die aktuell im ESRS 2 verortet sind, und den thematischen Standards. Um Dopplungen zu vermeiden und den Umfang der Angaben zu reduzieren, sollen nur noch ausgewählte Datenpunkte zu Konzepten, Maßnahmen und Zielen (sog. PAT-Angaben – Policies, Actions, Targets) verpflichtend sein. Diese sind nur dann zu berichten, wenn sie im Unternehmen tatsächlich bestehen und sich auf wesentliche Themen beziehen. Zudem wird klargestellt, dass eine Berichterstattung zu Unterthemen nicht automatisch die Erfüllung aller Anforderungen des übergeordneten Themas auslöst. Ebenso sollen zentrale Überschneidungen zwischen ESRS 2 und den thematischen Standards – etwa zu Governance, Strategie oder IRO-1 – adressiert werden. Insgesamt soll die Zahl der verbindlichen PAT-Angaben auf das notwendige Maß reduziert und eine übermäßige Granularität vermieden werden. 

Hebel 4: Struktur und Sprache der Standards klarer differenzieren 

Viertens soll die Struktur der Standards überarbeitet werden, um zwischen verpflichtenden und freiwilligen Inhalten klar zu trennen. Die bislang teils missverständlichen „may disclose“-Angaben sollen entweder deutlich als unverbindlich kenntlich gemacht oder weitgehend reduziert werden. Ziel ist eine bessere Lesbarkeit, geringerer Prüfaufwand und eine klare Trennung zwischen regulatorischen Anforderungen und zusätzlichen Empfehlungen. 

Hebel 5: Einführung weiterer Erleichterungen zur Reduzierung der Berichtslast 

Fünftens schlägt die EFRAG eine Reihe gezielter Erleichterungen vor, etwa im Hinblick auf Datenverfügbarkeit in der Wertschöpfungskette, die Abgrenzung des Konsolidierungskreises bei THG-Emissionen, den Umgang mit akquisitionsbezogenen Änderungen sowie zur Berücksichtigung sensibler Informationen. Diese Maßnahmen sollen insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen sowie kapitalmarktorientierten Mittelständlern den Einstieg in die Berichterstattung erleichtern. 

Hebel 6: Stärkere Interoperabilität mit internationalen Rahmenwerken  

Sechstens soll die Interoperabilität der ESRS mit internationalen Standards – insbesondere jenen des ISSB – deutlich verbessert werden. Zur Förderung der Vergleichbarkeit und Vereinfachung für international tätige Unternehmen sollen die Formulierungen in den ESRS systematisch an die Terminologie der IFRS Sustainability Standards (IFRS S1 und S2) angepasst werden – sofern Inhalt und Zielsetzung übereinstimmen. Dies betrifft insbesondere Anforderungen zu Governance, Strategie, Risikomanagement und Metriken, die bereits heute in beiden Rahmenwerken vorgesehen sind. Durch sprachliche und strukturelle Harmonisierung soll ein konsistenter Rahmen für international tätige Unternehmen geschaffen werden. 

​Ausblick 

​Der finale Entwurf der überarbeiteten Standards soll nach aktueller Planung Ende Juli 2025 veröffentlicht werden. Der Konsultationszeitraum soll 40 bis 45 Tage umfassen und voraussichtlich bis Anfang September laufen. Eine öffentliche Online-Umfrage sowie begleitende Outreach-Veranstaltungen sind vorgesehen. Eine Verlängerung des Konsultationszeitraums wird derzeit geprüft und hängt davon ab, ob die Europäische Kommission den derzeitigen Abgabetermin für die überarbeiteten Standards (31. Oktober 2025) anpasst.  ​


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Dr. Christian Maier

Diplom-Kaufmann, Wirtschaftsprüfer, CPA (U.S.)

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