ESRS Updates: Verschlankung der Sozialstandards - Deutliche Reduktion, gleiche Themenbereiche

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​veröffentlicht am 19. September 2025 | Lesedauer ca. 5 Minuten 
 
Die überarbeiteten Entwürfe der European Sustainability Reporting Standards (ESRS) bringen Unternehmen spürbare Entlastung. Insgesamt wurden 70 % der Datenpunkte in den Sozialstandards S1 bis S4 gestrichen (von 373 auf 112 Datenpunkte), das führt zu einer Reduktion der verpflichtenden Datenpunkte um 57 % (von 263 auf 112 Datenpunkte*). Ziel ist es, die Berichterstattung schlanker, anwenderfreundlicher und international anschlussfähiger zu gestalten.  
 


​Gestraffte Themenstruktur und weniger narrative Angabe 

Um Doppelungen mit den Querschnittsstandards zu vermeiden, sollen die SBM-Angaben künftig nicht mehr in den Themenstandards S1 bis S4 berichtet werden. Stattdessen sind sie ausschließlich im Querschnittsstandard ESRS 2 „Allgemeine Angaben“ zu erfüllen. In diesem Zuge wu​rden alle Verweise auf die SBM-Angaben (ESRS 2 SBM-2 „Interessen und Standpunkte der Interessenträger“ sowie ESRS 2 SBM-3 „Wesentliche Auswirkungen, Risiken und Chancen und ihr Zusammenspiel mit Strategie und Geschäftsmodell“) aus den Sozialstandards gestrichen. Laut EFRAG besteht durch den Wegfall dieser Querverweise allerdings das Risiko, dass die Angaben zu wesentlichen Auswirkungen, Risiken und Chancen (IROs) künftig allgemeiner ausfallen könnten und weniger Informationen zu einzelnen Stakeholdergruppen enthalten. 

Des Weiteren wurden die bisherigen Angabepflichten 2 („Verfahren zur Einbeziehung von Interessenträgern“) und 3 („Verfahren zur Abhilfe bei negativen Auswirkungen und Kanäle für Interessenträger zur Meldung von Bedenken“) in allen vier Sozialstandards (S1–S4) zu einer gemeinsamen Angabepflicht zusammengeführt. Diese neue Angabepflicht vereint nun die Darstellung der Stakeholder-Einbindung, der Beschwerdekanäle und der Abhilfemaßnahmen und spiegelt damit den engen Zusammenhang dieser Prozesse wider. Durch die neue Reihenfolge der Inhalte – zunächst Kanäle, dann Abhilfe – wird eine bessere Übereinstimmung mit den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (UNGP) sowie den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen erreicht. Damit ist der Aufbau der ersten vier Angabepflichten („Disclosure Requirements“ – DR) in allen Sozialstandards vereinheitlicht und folgt durchgängig der PAT-Logik: 
DR 1 – Konzepte (Policies), DR 2 – Einbeziehung, Kanäle und Abhilfemaßnahmen, DR 3 – Maßnahmen (Actions), DR 4 – Ziele (Targets). 
 

Eine weitere wichtige Änderung betrifft die Angaben im Bereich der Menschenrechtspolitik („Human Rights Policies“). Diese Angaben sind künftig nicht mehr Bestandteil der Sozialstandards S1 bis S4, sondern wurden zu einer einheitlichen Angabepflicht im Querschnittsstandard ESRS 2 „Allgemeine Angaben“ (GDR-P) zusammengeführt. Damit werden die bisherigen acht Datenpunkte aus den vier Sozialstandards zentral in ESRS 2 berichtet, statt wie bisher getrennt in jedem einzelnen Themenstandard. Ziel dieser Verlagerung ist es, Doppelungen zu vermeiden, die Vergleichbarkeit zu erhöhen und die Prüfung zu erleichtern. 

​Änderungen im Themenstandard S1 – Arbeitskräfte des Unternehmens 

Durch die Zusammenführung der bisherigen Angabepflichten S1-2 (Stakeholder-Einbindung) und S1-3 (Beschwerdekanäle und Abhilfemaßnahmen) zu einer gemeinsamen Angabepflicht verschiebt sich die Nummerierung aller folgenden Angabepflichten in ESRS S1 jeweils um eins nach vorne. In der nachfolgenden Darstellung wird bereits die neue Nummerierung verwendet. 

Der Themenstandard ESRS S1 „Arbeitskräfte des Unternehmens“ wurde umfassend überarbeitet, um die Angabepflichten stärker auf wesentliche Inhalte zu fokussieren und die Detailtiefe deutlich zu reduzieren. Künftig sind bei Wesentlichkeit von S1 immer die Angaben zu S1-5 (Merkmale Arbeitnehmer) sowie S1-16 (Menschenrechtsvorfälle) verpflichtend, zusätzlich bei Wesentlichkeit von Fremdarbeitskräften auch S1-6 (Merkmale Fremdarbeitskräfte). 


Wesentliche inhaltliche Änderungen (S1- Kennzahlen)  

  • ​S1-5 (Merkmale Arbeitnehmer) (ehemals S1-6): einige Breakdowns gestrichen (z. B. Aufschlüsselung nach Geschlecht bei Abrufkräften; Gesamtzahl der Arbeitnehmer, die das Unternehmen im Berichtszeitraum verlassen haben; regionale Aufschlüsselungen); neue Schwelle: Länderangaben nur noch für Länder, in denen das Unternehmen mindestens 50 Beschäftigte hat und die zu den zehn größten Ländern nach Beschäftigtenzahl gehören (statt bisher ≥ 10 % der Gesamtzahl der Arbeitnehmer) 
  • S1-6 (Merkmale Fremdarbeitskräfte): wurde auf einen einzigen verpflichtenden Datenpunkt reduziert. Künftig ist nur noch die Gesamtzahl der Fremdarbeitskräfte anzugeben; nur berichtspflichtig, wenn Fremdarbeitskräfte einen wesentlichen Teil des Geschäftsmodells darstellen (AR 14: „Materiality considerations for non-employees“) 
  • S1-7 (Tarifvertragliche Abdeckung und sozialer Dialog): gleiche Schwelle wie S1-5: bezieht sich nur auf Länder mit mindestens 50 Beschäftigten und die zehn größten Länder nach Beschäftigtenzahl 
  • S1-8 (Diversitätskennzahlen): die Verteilung der Arbeitnehmer nach Altersgruppen entfällt; verpflichtend bleibt nur die Geschlechterverteilung auf der obersten Führungsebene  
  • S1-9 (Angemessene Entlohnung): Methodik präzisiert; Verweis auf EU-Mindestlohnrichtlinie innerhalb der EU und auf die ILO Leitlinien „ILO wage setting principles“ und „ILO principles on estimating a living wage“ außerhalb der EU); Angaben zu Fremdarbeitskräften wurden gestrichen  
  • S1-10 (Soziale Absicherung): „Ruhestand“ gestrichen; „Elternurlaub“ präzisiert zu „Mutterschutz“; keine Pflichtangabe mehr zu den Arten von Arbeitnehmern, die keine soziale Absicherung genießen 
  • S1-11 (Menschen mit Behinderungen): Freiwillige Angabe zur Geschlechterverteilung gestrichen; Datenerhebung nur zulässig, wenn rechtlich möglich (Klarstellung in AR 23) 
  • S1-12 (Weiterbildung und Kompetenzentwicklung): Geschlechterverteilung in den Pflichtangaben gestrichen
  • S1-13 (Gesundheitsschutz und Sicherheit): künftig sind Ausfalltage infolge von Todesfällen nicht mehr zu berücksichtigen; die Zahl der Todesfälle, die auf Erkrankungen zurückzuführen sind, müssen nicht mehr für Arbeitskräften in der Wertschöpfungskette und Fremdarbeitskräften angegeben werden; zudem wurde eine Klarstellung ergänzt, was als arbeitsbedingte Verletzung oder Erkrankung gilt;  
  • S1-14 (Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben): künftig ist nur noch der Prozentsatz der Arbeitnehmer anzugeben, die Anspruch auf eine Arbeitsfreistellung aus familiären Gründen haben; die Angabe zur tatsächlichen Inanspruchnahme (aufgeschlüsselt nach Geschlecht) entfällt 
  • S1-15 (Vergütungskennzahlen): Künftig sind weiterhin das geschlechtsspezifische Verdienstgefälle sowie das Verhältnis der jährlichen Gesamtvergütung der höchstbezahlten Einzelperson zum Median der jährlichen Gesamtvergütung aller Arbeitnehmer anzugeben; die freiwillige Angabe eines bereinigten Gender Pay Gaps nach Beschäftigungsart und/oder Land wurde gestrichen 
  • S1-16 (Vorfälle, Beschwerden und schwerwiegende Auswirkungen im Zusammenhang mit Menschenrechten): Konzept der „schweren Menschenrechtsvorfälle“ gestrichen; künftig nur noch bestätigte („substantiated“) Menschenrechts- und Diskriminierungsvorfälle zu berichten 
  • Neue/geänderte Definitionen im Glossar zu den Sozialstandards: Family-related leave; Human rights incident; Incident; Recordable work-related accidents 

Zukünftig sollen Unternehmen außerdem mehr Flexibilität dabei erhalten, ob sie für bestimmte Angabepflichten (z.B. S1-5 und S1-7) Tabellen oder Fließtext verwenden. 

» Reduktion um 53% der Pflichtdatenpunkte 

​Änderungen in den Themenstandards S2 – S4   

Die überarbeiteten Sozialstandards S2 bis S4 folgen nun – ebenso wie S1 – einheitlich der PAT-Architektur (Policies, Actions, Targets) mit den Angabepflichten DR 1 bis DR 4. Gleichzeitig wurden wie oben bereits ausgeführt die bisherigen SBM-Angaben vollständig aus den Themenstandards entfernt und sind künftig ausschließlich in ESRS 2 „Allgemeine Angaben“ zu erfüllen. Auch die Angaben zur Menschenrechtspolitik wurden aus S1 bis S4 herausgelöst und in eine zentrale Angabepflicht in ESRS 2 (GDR-P) überführt. 

Zudem wurden zahlreiche Datenpunkte gestrichen oder in die Non-Mandatory-Illustrative-Guidance (NMIG) verschoben, um die Berichtspflichten insgesamt zu verschlanken. 

» Reduktion um 60% der Pflichtdatenpunkte in S2 
» Reduktion um 62% der Pflichtdatenpunkte in S3 
» Reduktion um 64% der Pflichtdatenpunkte in S4 


Fazit 

Mit den überarbeiteten Entwürfen der Sozialstandards S1 bis S4 verfolgt die EFRAG das Ziel, die Berichtspflichten deutlich zu verschlanken und praxisnäher zu gestalten, ohne dabei die inhaltliche Breite der Themen zu stark zu reduzieren. 

Die Zahl der Datenpunkte wurde massiv reduziert, viele detaillierte sowie alle freiwilligen Angaben wurden gestrichen oder in die NMIG verschoben. 

Zentrale strukturelle Änderungen wie die Einführung einer einheitlichen PAT-Architektur, die Streichung der SBM-Angaben und die Verlagerung der Angaben zur Menschenrechtspolitik in ESRS 2 sollen Doppelungen vermeiden, die Vergleichbarkeit erhöhen und die Umsetzung vereinfachen. 

Die öffentliche Konsultation läuft derzeit noch bis zum 29. September 2025. Die EFRAG wird ihre Empfehlung („technical advice“) bis zum 30. November 2025 an die EU-Kommission übermitteln. Wir halten Sie selbstverständlich auf dem Laufenden, sobald weitere Informationen vorliegen. 

 

*Dabei ist zu beachten, dass bei der Berechnung die MDR (Minimum Disclosure Requirement)-Angaben bei der Reduktion der Datenpunkte nicht mitgezählt wurden, da sie nur berichtet werden müssen, wenn ein Unternehmen themenbezogene Ziele, Konzepte oder Maßnahmen hat. 

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Dr. Christian Maier

Diplom-Kaufmann, Wirtschaftsprüfer, CPA (U.S.), Head of Sustainability Services

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