3 kritische Faktoren bei Verträgen zu klinischen Prüfungen

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veröffentlicht am 11. Dezember 2018

 

Klinische Prüfungen sind für die Entwicklung und Zulassung von Arzneimitteln ein unverzichtbarer Bestandteil. Sie sind dazu bestimmt, die Wirksamkeit von neuen Arzneimitteln nachzuweisen und deren Verträglichkeit festzustellen. Die klinischen Prüfungen finden statt, bevor das Arzneimittel auf den Markt kommt. Bis eine klinische Prüfung beginnen kann, müssen die Vertragsparteien oft umfangreiche Verhandlungsrunden durchführen, da einheitliche Mindeststandards weder in der Industrie noch bei den unterschiedlichen Forschungseinrichtungen existieren. Ein großes Problem im Rahmen der Vertragsverhandlungen stellt daher die zeitliche Komponente dar, die regelmäßig zum kritischen Faktor wird. Dies ist insoweit bemerkenswert, da die entsprechenden Zeitverzögerungen bei den immer gleichen Vertragspunkten auftreten.


Keine einheitlichen Standards

Wie bereits oben ausgeführt, existieren einheitliche Minimalstandards für den erforderlichen Vertragsinhalt  nicht. Zwar gibt es von der Deutschen Hochschuldmedizin, dem KKS-Netzwerk und dem Verband der forschenden Pharma-Unternehmen gemeinsam herausgebrachte „Empfehlungen für die Vertragsverhandlungen von klinischen Studien”. Diese dienen jedoch nur als Orientierung und Ausgangspunkt für die Vertragsverhandlung und sind keine fest vorgeschriebenen Standards. Um zu verhindern, dass Patienten zu spät oder gar nicht in eine Studie eingeschlossen werden, ist diese zeitliche Komponente aus einem prozessualen Blickwinkel zu betrachten. Neben dem materiellen Vertragsinhalt ist eine gut strukturierte Verhandlungsführung wesentlicher Erfolgsfaktor für eine maximale Zeit- und damit Kostenersparnis, die im Ergebnis nicht nur zur Einhaltung des gewünschten Initiierungstermins sondern auch zur Effizienz in der Prüfungsdurchführung führt.

 

Drei kritische Faktoren: Vorbereitung – Absprachen - Verhandlungsrunden

Um Ihnen einen kleinen Überblick über eine optimale Verhandlungsstruktur zu geben, werden nachfolgend ein paar der notwendigen Punkte anhand von drei relevanten Vertragsinhalten dargestellt:

 

1. Vorbereitung ist das A & O

Bevor es zur inhaltlichen Überprüfung des eingereichten Vertragstemplates kommt, ist es sinnvoll, einige Vorbereitungen zu treffen. Darunter fällt zunächst das Abfragen der wesentlichen Parameter wie der geplante Initiierungstermin, die Anforderungen sämtlicher zum Vertrag gehörender Anlagen und die konkreten Ansprechpartner sowohl aufseiten des Vertragspartners als auch der Studienkoordination. Wesentlicher Bestandteil dessen ist ebenfalls das Prüfprotokoll.

2. Interne Absprache: geschlossenes Auftreten nach aussen

Bei der Vertragsprüfung kann ein unnötiges mehrfaches Austauschen des Vertragswerks zwischen den verhandelnden Parteien dadurch vermindert werden, dass die oft streitigen Vertragsinhalte vorab intern bei jedem Vertragspartner geklärt werden. Dies hat den Vorteil, dass der den Vertrag aushandelnde Sachbearbeiter weiß, was die internen Minimalstandards sind, auf die er in den Verhandlungsrunden bestehen muss und wie groß sein Verhandlungsspielraum ist. Letztlich stärkt ein solches Vorgehen die Verhandlungsposition und bedeutet neben Zeit- auch Geldersparnis.

Drei Beispiele für vorab zu klärende Mindeststandards sind das geistige Eigentum, die Haftungsklauseln und die Beachtung des AGB-Rechts.

 

  • Geistiges Eigentum
    Hinsichtlich der Klausel über das geistige Eigentum sollte vorab Rücksprache mit dem Prüfarzt gehalten werden. Möchte der Prüfarzt, dass das Eigentum an möglicherweise entstehenden Arbeitsergebnissen in jedem Fall auf seinen Arbeitgeber übertragen wird? Oftmals wird vom Vertragspartner eine zusätzliche Vergütung für diese Übertragung von Arbeitsergebnissen verlangt. Hier sollte mit dem Prüfarzt abgeklärt werden, ob dafür Budget einkalkuliert wurde und auch tatsächlich zur Verfügung steht.

Es sollte weiter vorab geklärt werden, wem die Nutzungsrechte zustehen sollen und wie diese ausgestaltet sein sollen, zum Beispiel ob diese ausschließlich, unbefristet oder beschränkt zur Verfügung gestellt werden sollen.

 

  • Haftungsklauseln
    Eines der wichtigsten Themen ist die Berücksichtigung von Haftungsklauseln. Hier ist vorab zu klären, ob es bereits interne Vorgaben zum Umgang mit Haftungklauseln gibt. Gibt es zum Beispiel einen Beschluss der Führungsebene, wonach die Haftung immer nach den gesetzlichen Regelungen zu erfolgen hat? Gibt es interne Risikobewertungsmechanismen, nach denen geregelt ist, auf welche Haftungsregelung man sich in bestimmten Verträgen einlassen darf?

 

Gibt es solche internen Vorgaben nicht, kann durch Rücksprache mit dem Prüfarzt vorab geklärt werden, ob Haftungsfreistellungen oder Haftungsbegrenzungen zugelassen werden sollen. Wenn dies der Fall ist, kann schon vor Eintritt in die Vertragsverhandlung geklärt werden, ob die zu gewährende Haftungsbegrenzung der Art oder der Höhe nach erfolgen soll.

 

  • Berücksichtigung des Rechts über die allgemeinen
    Geschäftsbedingungen, § 305 ff. BGB


Der Anwendungsbereich der AGB-Kontrolle wird durch § 305 Abs. 1 BGB bestimmt. Danach sind Vertragsbedingungen als Allgemeine Geschäftsbedingungen zu qualifizieren, wenn sie drei Kriterien erfüllen:

 

  • von einer Vertragspartei gestellt
  •  mit Mehrfachverwendungsabsicht und
  • fehlendes Aushandeln „im Einzelnen”.

 

Die Maßstäbe, die die Vorschriften für die Inhaltskontrolle von allgemeinen Geschäftsbedingungen vorsehen, sind streng. Das gilt auch für den unternehmerischen Rechtsverkehr. Obwohl hier die Klauselverbote der §§ 308, 309 BGB keine Anwendung finden, misst der Bundesgerichtshof (BGH) ihnen Indizwirkung bei und unterwirft somit B2C- und B2B-Verträge in vielerlei Hinsicht denselben Maßstäben. Welche Folgen dies hat, lässt sich am Beispiel der soeben erörterten Haftungsbeschränkungen veranschaulichen. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH setzt deren Wirksamkeit voraus, dass sie die Ersatzfähigkeit des vertragstypischen, vorhersehbaren Schadens unberührt lassen. Ausgenommen von der „Vorhersehbarkeitsformel” ist lediglich die Haftung wegen nichtwesentlicher Vertragspflichten. Weitere Restriktionen folgen aus § 309 Nr. 7 Buchst. b BGB, der ein Freizeichnungsverbot für die Haftung für grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz vorsieht und dem auch im unternehmerischen Rechtsverkehr Indizwirkung zukommen soll. Auch wenn sich der BGH insoweit nicht klar positioniert hat, folgt daraus wohl, dass die Haftung wegen grober Fahrlässigkeit und Vorsatzes gar nicht, das heißt noch nicht mal nach Maßgabe der Vorhersehbarkeitsformel eingeschränkt werden kann. Frei beschränkbar bleibt demnach allein die – praktisch wohl kaum relevante – Haftung wegen einfach fahrlässiger Verletzungen nichtwesentlicher Vertragspflichten.

 

Effektive Haftungsbeschränkungen sind auf dieser Grundlage schwierig und daher präzise zu formulieren.

 

3. Eigentliche Verhandlungsphase

Nachdem alle Klauseln des Vertrages durchleuchtet, überprüft und an den zu verhandelnden Stellen kommentiert wurden, steht die Nachbereitung an. Es empfiehlt sich, direkt Kontakt mit dem jeweiligen Ansprechpartner beim Vertragspartner aufzunehmen, den Vertrag anzukündigen und die zeitliche Vorstellung hinsichtlich der Vertragsfinalisierung mitzuteilen.

 

Die aufgeführten Beispiele können anhand des dargestellten Schemas bei allen Vertragsklauseln durchgeführt werden, die für die Verhandlung von Verträgen für klinische Studien nach dem AMG relevant sind.

 

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Norman Lenger-Bauchowitz, LL.M.

Mediator & Rechtsanwalt, Wirtschaftsmediator, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachberater für Restrukturierung & Unternehmensplanung (DStV e.V.)

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