Kostenvoranschlag - Trügerische Sicherheit

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​veröffentlicht am 11. Februar 2015

 

von Tanja Nein

 

(Urteil OLG Saarbrücken vom 19. November 2014, Az.: 2 U 172/13)


Der Auftragnehmer hatte einem Auftraggeber einen Kostenvoranschlag für die Abstützung eines abrutschenden Erdwalls erstellt und dabei mehrere Ausführungsvarianten dargestellt. Nachdem der Erdwall weiter abgerutscht war, führte der Auftragnehmer zunächst Notmaßnahmen durch und errichtete danach eine Stützmauer; eine weitere Vereinbarung über die Vergütung gab es nicht. Nach ordnungsgemäßem Abschluss der Arbeiten stellte er einen Betrag von 28.000 € in Rechnung, die der Auftraggeber nicht bezahlen wollte; dieser überwies lediglich 15.000 €, die er aus dem Kostenvoranschlag ableitete. Der Auftraggeber wendet ein, dass ihm eine Kostenerhöhung nicht mitgeteilt wurde, er deshalb nur den im Kostenvoranschlag genannten Betrag bezahlen müsste. Das OLG Saarbrücken verurteilte den Auftraggeber in zweiter Instanz dennoch zur Bezahlung des vollen abgerechneten Betrages.
 

​Auf den niedrigeren Kostenvoranschlag kann der Auftraggeber sich nicht berufen. Bereits nach der Definition des § 650 BGB ist ein Kostenvoranschlag keine verbindliche Vergütungsvereinbarung, sondern lediglich eine zwar auf der Grundlage von Fachwissen erstellte, aber doch überschlägige Abschätzung des benötigten Betrages und wird nicht Bestandteil des Vertrages.

 

 

Da die Parteien keine besondere Vereinbarung über die Vergütung getroffen haben, steht dem Unternehmer nach § 632  Abs. 2 BGB die übliche Vergütung für seine Arbeiten zu; der abgerechnete Betrag entspricht der erbrachten Leistungen und ist der Höhe nach angemessen.
 
Im entschiedenen Fall ist dem Unternehmer auch nicht vorzuwerfen, dass er auf die Kostenerhöhung nicht hingewiesen hatte, sodass dem Auftraggeber kein Schadensersatzanspruch wegen der Verletzung der Hinweispflicht des Unternehmers zusteht. Nach den Feststellungen des Gerichts war es für jeden Laien ersichtlich, dass nach dem weiteren Abrutsch des Erdwalls eine längere Mauer und umfangreichere Erdarbeiten erforderlich werden würden, sodass es eines Hinweises des Unternehmers nicht bedurfte. Der Auftragnehmer konnte auch ohne Hinweis erkennen, dass es zu Mehrkosten kommen würde.
 
Das Gericht stellte darüber hinaus fest, dass selbst wenn eine schuldhafte Verletzung der Anzeigepflicht des Unternehmers angenommen werden müsste, dem Auftraggeber dennoch kein ersetzbarer Schaden entstanden wäre, der dem Vergütungsanspruch entgegen gehalten werden könnte.
 
Für die Beurteilung eines möglichen Schadens kommt es auf die rein hypothetische Reaktion des Auftraggebers auf die entsprechende Ankündigung von Mehrkosten an. Nur wenn der Auftraggeber den Vertrag gekündigt hätte und die Arbeiten entweder nicht weitergeführt oder er einen günstigeren Unternehmer damit beauftragt hätte, nachdem ihm bekannt wurde, welche Kosten anfallen werden, ist ein solcher Schaden überhaupt denkbar. Kann der Auftraggeber nicht schlüssig darlegen, dass er den Vertrag gekündigt hätte, muss er den angemessenen und ortsüblichen Betrag für die tatsächlich erbrachten Leistungen bezahlen. Im vorliegenden Fall hat der Auftraggeber eine solche gar nicht vorgetragen; dagegen spräche auch, dass es sich um dringend erforderliche und zeitlich kritische Maßnahmen handelte, auf die er nicht ohne weiteres verzichten konnte. Der Auftraggeber hat die Leistungen erhalten, der Wert der Leistungen entspricht dem abgerechneten Betrag, so dass das OLG Saarbrücken ihn zur Zahlung des gesamten Betrages einschließlich angefallener Zinsen und zur Übernahme der Prozesskosten verurteilte.
 
Kommt es dem Auftraggeber darauf an, einen Kostenvoranschlag verbindlich zu machen, ist hierfür eine konkrete Vergütungsvereinbarung mit dem Unternehmer erforderlich. Die Beweislast für eine solche Vergütungsvereinbarung trägt zwar der Unternehmer, der Auftraggeber muss aber im Zweifel in der Lage sein, die Vereinbarung und die Umstände ihres Abschlusses bei Gericht schlüssig darzulegen.

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Dr. Julia Müller

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