Umsetzungserfordernis von Nebenbestimmungen aus der Baugenehmigungen

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​veröffentlicht am 3. Mai 2021

 

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Der Bauantrag wird eingereicht, die Baugenehmigung erteilt und das Gebäude errichtet. Die Baugenehmigungsunterlagen werden gesichtet, abgelegt und geraten in Vergessenheit, getreu dem Motto „Bau abgeschlossen, Baugenehmigung erledigt”. Doch Achtung, auch für den laufenden Gebäudebetrieb können sich aus der Baugenehmigung zu berücksichtigende Auflagen ergeben.

 

Die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung einer baulichen Anlage bedarf unter Umständen einer Genehmigung. Gemäß der Bauordnung sind Bauliche Anlagen mit dem Erdboden verbundene, aus Bauprodukten hergestellte Anlagen.


Nach einem erfolgreichen Genehmigungsprozess ist das Ergebnis die Erteilung der Baugenehmigung oder des Vorbescheids für das Bauvorhaben. Dabei sind Nebenbestimmungen ein Bestandteil der Baugenehmigung, die den eigentlichen Regelungsgehalt der Genehmigung modifizieren oder ergänzen. Nebenbestimmungen, die sich an den Betrieb des Gebäudes richten, sind während des laufenden Gebäudebetriebs zu berücksichtigen. Dabei gibt es verschiedene Arten von Nebenbestimmungen:

 

  • konstitutive (Befristung, Bedingung): lassen die Geltung der Baugenehmigung begründen oder erlöschen 
  • additive (Widerrufsvorbehalt, Auflage, Auflagenvorbehalt): besitzen eine ergänzende Funktion

 

Die weiteren Ausführungen beschränken sich auf in Genehmigungen üblicherweise enthaltene additive Nebenbestimmungen in Form von Auflagen.


Die Auflage ist ein mit dem Verwaltungsakt (Genehmigung) verbundenes, selbstständig erzwingbares Gebot oder Verbot, mit dem ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird (§ 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG). Diese hat für den Bestand und den Inhalt der Baugenehmigung keine direkte Bedeutung, ebenso gilt dies umgekehrt.

 

Die Auflage ist an die Genehmigung gebunden und kann eigenständig nicht existieren, d. h. wird die Genehmigung aufgehoben, entfällt auch die darin enthaltene Auflage. Entscheidend ist, dass sobald die Genehmigung rechtskräftig geworden ist, die darin enthaltenen Auflagen zwingend einzuhalten sind. Von der Auflage sind sogenannte Hinweise und Erläuterungen zu unterscheiden, die in der Genehmigung häufig leider ebenfalls als Nebenbestimmungen bzw. Auflagen bezeichnet sind. Hinweise können bspw. anderweitige, sich bereits aus dem Gesetz ergebende Pflichten oder deren bloße Wiederholung des Norminhalts sein. Es ist häufig der Fall, dass in den Genehmigungsbescheiden zahlreiche Hinweise auf die sich aus dem Gesetz ergebende Rechtslage aufgenommen werden.


Dies sind bspw. auch rechtliche oder technische Vorschriften, wie DIN-Normen. Stehen nun in einer Baugenehmigung spezifische Pflichten, die bereits in einem Regelwerk geregelt sind, so handelt es sich bei dem Hinweis auf diese Pflichten nicht um eine Auflage, sondern lediglich um Hinweise mit Handlungsempfehlungen für den Bauherren. Der Grund hierfür ist, dass es den Hinweisen an einem eigenen Entscheidungs- und Regelungsgehalt mangelt.


Die Differenzierung von Nebenbestimmungen und Hinweisen aus der Baugenehmigung haben maßgeblichen Einfluss auf die im Gebäudebetrieb umzusetzenden Anforderungen. Deswegen sind Baugenehmigungen genau zu lesen und zu hinterfragen. Nicht alles, was auf den ersten Blick als Auflage erscheint, muss am Ende als solche umgesetzt werden. Aus diesem Grund müssen die einzelnen Auflagen, bei denen es sich um Erläuterungen oder Belehrungen handeln könnte, in ihrer rechtlichen Natur aber gerade keine Auflage darstellen, einer Einzelfallbetrachtung unterzogen und entsprechend ausgelegt werden (§ 133 BGB analog).


Ein strittiger Punkt der Nebenbestimmungen in der Praxis ist bspw. die Anordnung von Sachverständigenprüfungen gem. Prüfverordnungen (PrüfVO) der Bundesländer. Eine Prüfpflicht liegt gem. PrüfVO vor allem dann vor, wenn die Anlagen und Einrichtungen aufgrund einer Sonderbauverordnung bauordnungsrechtlich gefordert sind. Der Anwendungsbereich der PrüfVO kann auch dann eröffnet sein, wenn es sich um einen sonstigen Sonderbau gem. Bauordnung der Bundesländer handelt.


Bei einem sonstigen Sonderbau ergibt sich die Prüfpflicht, in Abhängigkeit des Bundeslandes, nicht unmittelbar aus dem Gesetz, sondern muss ausdrücklich angeordnet werden. Diese ausdrückliche Anordnung der Prüfpflicht muss in den Auflagen der Baugenehmigung stehen und ist dann auch zwingend  einzuhalten.Die nachfolgenden Beispiele zeigen, welche Auswirkungen die Differenzierung zwischen Hinweis und Nebenbestimmung (Auflage) auf die Sachverständigenprüfpflicht hat.

 

Beispiel 1
(sonstiger Sonderbau in Nordrhein-Westfalen):

AUFLAGEN

 

3. …….

4. Die Brandmeldeanlage ist nach DIN 14675 –Brandmeldeanlagen, Aufbau und Betrieb und nach DIN VDE 0833 – Gefahrenmeldeanlagen für Brand, Einbruch und Überfall – zu planen, zu installieren und zu überwachen. Die Anlage ist von einem Prüfsachverständigen nach der Prüfverordnung PrüfVO NRW) zu überprüfen.

5. ……

 

 

Bei dem aufgezeigten Beispiel ist die Auslegung der Nebenbestimmung eindeutig. Die Prüfpflicht der Brandmeldeanlage wird ausdrücklich angeordnet.

 

 

Beispiel 2

(sonstiger Sonderbau in Nordrhein-Westfalen):

Hinweis:

 

…..
WDZ163
Die in der Verordnung über die Prüfung technischer Anlagen und wiederkehrende Prüfung von Sonderbauten (Prüfverordnung) genannten technischen Anlagen nach § 1 Abs. 1, sowie die dafür bauordnungsrechtlich geforderten Brandschutzmaßnahmen sind nicht nur in den Fällen der ersten Inbetriebnahme nach wesentlichen Änderungen, sondern auch wiederkehrend entsprechend den dort festgesetzten Fristen durch Prüfsachverständige auf ihre Wirksamkeit und Betriebssicherheit zu prüfen (§ 2 Abs. 1 PrüfVO NRW)
……

 


Bei dem zweiten Beispiel handelt es sich bei den Ausführungen zur Prüfung um einen Hinweis und nicht um eine Auflage. Der beigefügte Zusatz stellt keine Regelung eines Einzelfalls dar, sondern enthält nur den Hinweis auf die in Klammern angefügten Bestimmungen der Prüf-VO. Wie bereits erwähnt, muss bei einem sonstigen Sonderbau die Prüfung je nach Bundesland ausdrücklich angeordnet werden. In Nordrhein-Westfalen muss eine solche ausdrückliche Anordnung vorliegen.

 

In einem Objekt vorhandene Anlagen unterliegen in diesem Beispielfall keiner Prüfpflicht gem. PrüfVO, da eine ausdrückliche Anordnung nicht vorhanden ist. Doch so einfach, wie es bei den beiden Musterbeispielen erscheint, ist es leider nicht immer. Es muss in jedem Einzelfall überprüft werden, ob es sich um eine Auflage oder doch „nur” um einen Hinweis auf die Rechtslage handelt. Auch wenn in der Überschrift „Auflage” steht, kann im Text ein „Hinweis” auf die Rechtslage vorliegen. Ist die Prüfung der einzelnen Anlagen wirklich ausdrücklich angeordnet? Nur dann besteht in vielen Bundesländern eine Prüfpflicht der sicherheitstechnischen Anlagen und Einrichtungen.


In der Praxis führen die Abgrenzungsthematik und das Verständnis der Nebenbestimmungen immer wieder zu Diskussionen und unerwünschten Missverständnissen. Um die Herausforderungen bei der Auslegung der Auflagen des Baugenehmigungsbescheids und der Unterscheidung zwischen Hinweis und echter Nebenbestimmung meistern zu können, unterstützen wir Sie gerne bei der Beurteilung der Prüfpflicht Ihrer sicherheitstechnischen Anlagen.

 

 

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Ann-Kristin Kuhn

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