Spezialverträge im Facility Management – Der Logistikvertrag

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​veröffentlicht am 1. Februar 2022

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Neben unserem Aushängeschild, dem klassischen Facility Management-Vertrag, werden im Umfeld Gebäudemanagement tagtäglich eine Vielzahl an verschiedenen Verträgen abgeschlossen. Um diese rechtssicher zu erstellen und abzuschließen, sollte sehr auf die Eigenheiten des jeweiligen Vertragstyps geachtet werden. Nach dem Bewachungs- und Sicherheitsvertrag wird nun im Folgenden der Logistikvertrag näher beleuchtet.


Was ist der Inhalt des Logistikvertrages?

Der Logistikvertrag ist ein Überbegriff, hinter dem sich verschiedene Einzelleistungen verstecken können. Der Auftragnehmer kann Spediteur, Frachtführer oder Lagerhalter sein, aber auch zusätzliche Leistungen wie das Verpacken oder Kennzeichnen übernehmen. Meist handelt es sich bei dem Logistikvertrag um einen Rahmenvertrag, der verschiedene Lager- und Transportelemente vereint. Es kann zwischen Inhouselogistik- und externen Logistikleistungen unterschieden werden. Im Rahmen des Facility Managements kommen verschiedene Logistikleistungen in Betracht, wie beispielsweise Ver- und Entsorgungslogistik, Betrieb des innerbetrieblichen Transports, Beschaffung, Bestandsführung und Lagerhaltung von Verbrauchsgütern, Wäscheversorgung, Speiseversorgung, Intralogistische Systeme etc.

 

Wie in den meisten Facility Management-Verträgen ist es auch im Logistikvertrag üblich und empfehlenswert, die genaue Leistungserbringung durch eine Leistungsbeschreibung oder ein Leistungsverzeichnis als Anlage zum Vertrag detailliert zu regeln. Hierbei können die im Facility Management üblichen Instrumente „Service Level Agreement“ (SLA) und „Key Performance Indicators“ (KPI) genutzt werden, um die Qualität der Leistungserbringung sicherzustellen. 

 

Der Logistikvertrag ist zumeist ein typengemischter Vertrag. Die Zuordnung zu einem einzigen im BGB oder HGB gesetzlich geregelten Vertragstyp ist oftmals schwierig. Nach einem Urteil des BGHs vom 13.9.2017 – I ZR 207/04 können die Parteien vertraglich vereinbaren, welche Rechtsvorschriften auf die einzelnen Teile des Vertrags anzuwenden sind. Tun sie dies jedoch nicht, ist bei der Beurteilung maßgeblich auf die besonderen Umstände des Einzelfalls, auf die Interessenlage der Vertragsparteien sowie auf Sinn und Zweck der vertraglichen Vereinbarung abzustellen. Wenn gleichwertige Leistungen nebeneinander stehen, geht der mutmaßliche Wille der Vertragsparteien in der Regel dahin, auf die jeweilige Leistungspflicht diejenige Rechtsvorschrift anzuwenden, die für diese zur Geltung käme, wenn sie in einem gesonderten Vertrag begründet worden wäre.

 

Welche Rechtsgrundlagen sind zu beachten?

Ein Logistikrecht selbst gibt es nicht, weswegen nach den zugrunde liegenden Einzelleistungen, wie Lagerung, Transport etc. zu unterscheiden ist. Spezifische Regelungen finden sich im HGB. In den §§ 407 ff. HGB werden Besonderheiten des Frachtvertrages geregelt, in den §§ 453 ff. HGB des Speditionsvertrages und in den §§ 467 ff. BGB des Lagervertrages. Zusätzlich kann je nach Leistung auf die allgemeineren Vorschriften des BGB über den Werkvertrag (§§ 631 ff. BGB), den Dienstvertrag (§§ 611 ff. BGB) und den Geschäftsbesorgungsvertrag (§§ 675 ff. BGB) zurückgegriffen werden.

 

Bei grenzüberschreitenden Straßentransporten sollte außerdem die Convention relative au contrat de transport international de marchandises par route (CMR) im Auge behalten werden. Diese findet nach deren Artikel 1 immer dann Anwendung, wenn der Ort der Übernahme des Gutes und der Ort der Ablieferung des Gutes in 2 verschiedenen Staaten liegen und einer dieser Staaten Vertragsstaat der CMR ist, wie unter anderem Deutschland und viele weitere europäische Staaten.

 

Weiterhin wurden von spezialisierten Verbänden Muster-AGBs entwickelt, wie die Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen (ADSp), neueste Fassung aus 2017, oder die Logistik-AGBs, neueste Fassung aus 2019. Die Anwendbarkeit dieser AGBs kann vereinbart werden, ist jedoch nicht zwingend. Entschließt man sich für die Anwendbarkeit, muss dies ausdrücklich vereinbart werden. Eine stillschweigende Einbeziehung ohne Einhaltung der Formvorschriften der besonderen drucktechnischen Gestaltung wurde vom BGH in seinem Urteil vom 23.1.2003 – I ZR 174/00 abgelehnt. Generell können sie auch als Grundlage für die Vertragserstellung herangezogen werden, je nach Umfang und Inhalt des Vertrages ist jedoch meist eine individualisierte Vertragserstellung zu bevorzugen.

 

Was sind Besonderheiten eines Logistikvertrages?

Es gibt zahlreiche juristische Besonderheiten und Fallstricke dieses Spezialvertrages. Auf ein paar wollen wir aufmerksam machen:

 

Zu beachten ist beispielsweise die Art des transportierten oder eingelagerten Gutes. Handelt es sich nämlich um ein gefährliches Gut, ergibt sich schon aus dem Gesetz, dass der Auftraggeber den Auftragnehmer hierüber unterrichten muss (§§ 410, 468 HGB). Im Vertrag können dann zusätzliche Pflichten bezüglich der gefährlichen Güter vereinbart werden, z. B. dass diese getrennt gelagert oder transportiert werden müssen. Weiterhin können zusätzliche Regelungen für leicht verderbliche Güter oder Güter von hohem Wert getroffen werden. Auch das Verpacken und Kennzeichnen der Güter kann vertraglich auf den Auftragnehmer übertragen werden, wobei ihm Vorgaben über Verpackungsmaterialien und die Art und Weise der Verpackung gemacht werden können.

 

Weiterhin spielt das Thema Sicherheiten im Logistikbereich eine große Rolle. Grundsätzlich ist es empfehlenswert, Sicherheiten wegen Insolvenzrisiken und Zahlungsunfähigkeit einzufordern. Weiterhin sind aber auch die gesetzlich geregelten Pfandrechte zur Absicherung von Forderungen aus den
§§ 440, 464, 475b HGB zu beachten. Im Spediteurrecht und im Lagerrecht kann von diesen Vorschriften durch vertragliche Regelung abgewichen werden, während im Frachtführerrecht eine Besonderheit berücksichtigt werden muss. Der Ausschluss des Frachtführerpfandrechts nach § 440 HGB für konnexe Forderungen ist nach AGB-Recht nur wirksam, wenn der Frachtführer zum Ausgleich eine anderweitige angemessene Sicherheit geboten bekommt.1

 

Zusätzlich sollte auch das Thema Verjährung im Auge behalten werden. Nach den §§ 439, 463 und 475a HGB beträgt die regelmäßige Verjährung im Bereich des Logistikrechts lediglich 1 Jahr, während im BGB 2 bis 3 Jahre Verjährungsfrist die Norm sind. Nur bei Vorsatz verlängert sich diese Frist nach § 439 Abs. 1 S. 2 HGB auf 3 Jahre. Die vertraglich vereinbarte Verlängerung dieser Frist sollte daher aus Auftraggebersicht immer in Erwägung gezogen werden, wobei die Grenzen des § 439 Abs. 4 HGB beachtet werden müssen.

Worauf ist beim Thema Haftung zu achten?

 

Das Thema Haftung stellt sich gerade im Bereich Logistik als äußerst komplex dar, da viele verschiedene Rechtsgrundlagen zu beachten sind. Im Frachtrecht ergeben sich beispielsweise aus den §§ 425 ff. HGB spezielle Haftungsregeln, wie unter anderem ein Haftungshöchstbetrag (§ 431 HGB) und eng gefasste Haftungsausschlussgründe (§§ 426, 427 HGB). Von diesen kann nur unter den strengen Voraussetzungen des
§ 449 HGB abgewichen werden, worauf bei der Vertragserstellung besonders zu achten ist. Eine vergleichbare Vorschrift findet sich in § 466 HGB für das Speditionsgeschäft.

 

Auch aus der CMR, insbesondere aus den Art. 17 ff. CMR, ergeben sich spezielle Haftungsvorschriften. Es handelt sich hierbei um zwingende Vorschriften, die bei Anwendbarkeit der CMR (s. o.) nicht ausgeschlossen werden können, Art. 41 CMR.

 

Es besteht weiterhin die Möglichkeit, die Ziffern 22 ff. der ADSp 2017 oder die Ziffern 14 f. der Logistik-AGBs aus 2019 als Grundlage der Haftungsvereinbarung heranzuziehen oder diese pauschal für anwendbar zu erklären. Es ist jedoch immer darauf zu achten, dass diese dem zwingenden Gesetzesrecht nicht entgegenstehen.

 

Da der Logistikvertrag als Rahmenvertrag viele verschiedene Einzelleistungen abdecken kann und sich je nach Leistung die gesetzlichen Haftungsregeln unterscheiden, wird in der Literatur vorgeschlagen, die Rechtsprechung2 zum sogenannten multimodalen Transport analog heranzuziehen.3 Dem Auftraggeber stünde dann bei unbekanntem Schadenshergang eine Wahl hinsichtlich der Haftungsordnung zu, was für gewöhnlich dazu führt, dass der Auftragnehmer nach der strengsten Haftungsvorschrift einstehen muss.

Mit dieser Frage-Antwort-Übersicht soll Ihnen ein kleiner Überblick über die Besonderheiten des Logistikvertrages gegeben werden. Es würde jedoch den Umfang sprengen, hier auf alle Details einzugehen, auf die bei der Vertragserstellung zu achten ist. Wenden Sie sich gerne an uns, wenn Sie Fragen zur Erstellung eines auf Sie maßgeschneiderten Logistikvertrages haben. Als Spezialisten bei der Vertragserstellung und -prüfung im Bereich Facility Management-Recht können Sie auch mit Fragen zu allen anderen Vertragstypen des FMs auf uns zukommen.

 

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1 MüKoHGB/C. Schmidt, 4. Aufl. 2020, HGB § 440 Rn. 45; EBJS/Schaffert, 4. Aufl. 2020, HGB § 440 Rn. 20.
2 BGH, Urteil vom 24.6.1987 – I ZR 127/85; BGH, Urteil vom 11.7.1996 – I ZR 75/94.
3 Gran, Regelungsbereiche und Klauselanregungen für Logistikverträge, NJW 2018, 1717. 

 

 

 

 

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Klaus Forster, LL.M.

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