Der FM-Vertrag und der FM-Berater – eine „liaison dangereuse”

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FM-Berater werden häufig von ihren Auftraggebern gebeten neben Konzepten und Leistungsverzeichnissen auch einen FM-Vertrag mit anzubieten. Klassische FM-Berater wissen, dass sie keine Rechtsberatung erbringen dürfen und kommen so in eine Zwickmühle. Was ist noch erlaubt, was sinnvoll? Für die eigentliche Zielsetzung der Beauftragung externer Fachberater ist diese Praxis schädlich. Viel Aufwand bei der Erarbeitung von Konzepten und Leistungsverzeichnissen wird so häufig durch einen ungeeigneten
Vertrag ruiniert – und im Schadensfall bringt sich der Auftraggeber um viel Haftungsmasse.
Das Facility Management einer größeren Immobilie oder eines Portfolios ist eine komplexe Herausforderung. Anerkanntermaßen müssen mehrere Fachkompetenzen zusammenarbeiten, um das optimale Ergebnis für den Eigentümer zu erreichen. Die Sensibilität für die Notwendigkeit, diese Aufgabe mit großer Sorgfalt durchdacht und strukturiert anzugehen, steigt in den letzten Jahren spürbar an. Für die Konzeption und Umsetzung des bestmöglichen Umgangs mit den vielfältigen Aufgaben im Facility Management werden daher – wie in vielen anderen anspruchsvolleren Aufgabengebieten auch – nicht selten Berater engagiert.
 
Viele dieser Berater haben Spezialisierungen im technischen oder organisatorischen Bereich, manche zudem im Hinblick auf bestimmte Branchen herausgebildet. Gemeinsam ist dabei allen etablierten Anbietern, dass sie sich auf zahlreiche Referenzaufträge beziehen können. Diese Erfahrung mit anderen mehr oder weniger vergleichbaren Projekten ist von hohem Wert für die jeweiligen Auftraggeber, führt manchen Auftraggeber aber auch in Versuchung. Mit der Übernahme von FM-Verträgen aus anderen Projekten des Beraters könnte man Zeit und Geld sparen. „Sie haben da doch bestimmt einen passenden Vertrag” – so oder so ähnlich lautet ein häufig kommunizierter Wunsch im Rahmen typischer FM-Beratungen.
 

FM-Berater sollten ihre Grenzen im eigenen Interesse selbstbewusst vertreten

Mit diesem Wunsch begeht der Auftraggeber in der Regel einen Denkfehler und der FM-Berater kommt in eine Zwickmühle. Verweigert er die Weitergabe solcher Verträge, muss er befürchten als „nicht kundenorientiert” wahrgenommen zu werden, riskiert aber gleichzeitig möglicherweise auch die Grenzen der unerlaubten Rechtsberatung zu überschreiten. Dies gilt insbesondere dann, wenn der FM-Berater der Auffassung ist, er habe den weitergereichten Vertrag auch rechtlich durchdrungen und sich in der Lage sieht, dazu qualifiziert Auskunft zu geben oder sogar an der Anpassung an die konkreten Gegebenheiten des neuen Projekts mitwirkt. Die Grenzen sind hier fließend. Die im Wesentlichen Anwälten vorbehaltene Rechtsdienstleistung im Sinne des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) ist „jede Tätigkeit […] sobald sie eine rechtliche Prüfung im Einzelfall erfordert” (§ 2 Abs. 1 RDG). Schon die Überlassung eines Vertrags kann im Einzelfall einen Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz begründen. Je mehr zwischen Auftraggeber und FM-Berater mit diesem Vertrag gearbeitet wird, desto höher die Wahrscheinlichkeit eines Verstoßes. Als unmittelbare Konsequenz eines solchen Gesetzesverstoßes droht dem FM-Berater eine Abmahnung z.B. durch eine Rechtsanwaltskammer und im schlimmsten Fall ein Bußgeld.
 

Auftraggeber sollten den FM-Berater nicht überfordern

Aber auch der Auftraggeber ist – im doppelten Sinne – nicht gut beraten, wenn er den FM-Vertrag einfach so am Rande mit behandelt haben möchte. Die Erfahrung zeigt, dass die Fachabteilungen dieses Thema aus Sorge um Verfahrensverlängerungen oder sonstige Schwierigkeiten bevorzugt in eigener Zuständigkeit oder eben in Abstimmung mit dem ebenfalls technischen FM-Berater bearbeiten wollen und die Rechtsabteilung oder externe Rechtsanwälte deshalb nicht frühzeitig einbinden. Das widerspricht in den meisten Fällen aber der Zielsetzung, eine möglichst belastbare Grundlage für eine Ausschreibung von FM-Leistungen zu erarbeiten. Das Ziel ist, einen Dienstleister zu beauftragen, der möglichst gute Leistungen erbringt. Der gleichzeitig aber auch gut gesteuert werden kann und im Zweifel mit den notwendigen Anreizen zu einer Verbesserung seiner Leistung gebracht wird. Und das alles bei möglichst wenigen Haftungsrisiken für den Auftraggeber.
 
In der Praxis werden aber häufig in enger und engagierter Zusammenarbeit der Fachabteilung und der sich dabei mehr oder weniger unbehaglich fühlenden FM-Berater Haftungsregelungen, die Frage von Steuerungsanreizen über Vertragsstrafen oder Regelungen zum pauschalierten Schadensersatz in Verträge aufgenommen, die dann in der Praxis ins Leere laufen. Es stellt sich dann nämlich bei genauerem Hinsehen im Ernstfall heraus, dass sie in der Form, wie sie in die Verträge aufgenommen wurden, schlicht unwirksam sind. Viel Konzept- und Detailarbeit erweist sich in der Folge als weitgehend wertlos bzw. als Preistreiber, wenn sie in der Praxis vom eingesetzten Dienstleister erbracht werden. „Nachtrag” oder „Regieleistung” sind dann allseits bekannte Stichworte, die zu Unzufriedenheit in der Auftraggeberorganisation führen. Auch das inzwischen sehr weit verbreitete Thema der Delegation der Betreiberverantwortung scheitert regelmäßig, wenn nicht erfahrene Juristen beteiligt werden.
 
Und ein weiterer Aspekt der Minimierung der Risiken eines Auftraggebers wird selten bedacht: Sollte eine unklare, unwirksame oder gar fehlende vertragliche Regelung zu einem Schaden für den Auftraggeber führen (womit angesichts des sich verschärfenden Wettbewerbs auf Dienstleisterseite leider immer häufiger gerechnet werden muss), ist eine leistungsfähige Rechtsanwaltskanzlei in der Regel mit mindestens zehn Mio. Euro versichert, ein klassischer FM Berater fast ausnahmslos mit erheblich geringeren Summen. Warum sollte dieses Risiko also dem weniger qualifizierten und im Schadensfall meist weniger leistungsfähigen Berater übertragen werden?
 

Fazit

Eine qualitativ hochwertige FM-Beratung ist nur durch Spezialisierung möglich. Dabei sollten alle Spezialisten zusammenarbeiten, nicht aber ein Spezialist die Arbeit des anderen miterledigen. FM-Berater sollten sich dabei nicht überschätzen und fahrlässig einen Verstoß wegen unerlaubter Rechtsberatung riskieren. Auftraggeber sollten nicht kurzsichtig agieren, sondern dem Vertragsthema die nötige Bedeutung zubilligen. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Ziele eines FM-Projekts auch erreicht werden. Und über den gesamten Vertragszeitraum betrachtet, ist die frühzeitige Einbindung aller erforderlichen Spezialisten auch die wirtschaftlichste für den Auftraggeber.

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Jörg Schielein

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