Kurzmitteilung: Bauträgermodell muss Vergabewettbewerb ermöglichen

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veröffentlicht am 15. Februar 2013

Ein öffentlicher Auftraggeber hat die Errichtung des Neubaus eines Verwaltungsgebäudes für ein Finanzamt in einer Stadt in Sachsen-Anhalt europaweit im Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb auf der Grundlage der VOB/A ausgeschrieben.

 

​Der Auftrag umfasste zum einen die Planung und die Errichtung des Gebäudes einschließlich einer integrierten Kantine sowie von Parkplätzen. Zum anderen beinhaltete der Auftrag die Finanzierung der Gesamtkosten des Vorhabens einschließlich des Grundstückserwerbs über einen Zeitraum von 25 Jahren. Das Bauvorhaben sollte auf einem bzw. auf mehreren im Eigentum des Auftragnehmers stehenden Grundstücken realisiert werden, wobei nach Zahlung der letzten Rate das Eigentum auf die Vergabestelle übergehen soll. In der Bekanntmachung war an das vom Auftragnehmer zu stellende Grundstück u.a. die Vorgabe getroffen, dass das Grundstück im Bereich eines bestimmten Fördergebietes der sachsen-anhaltischen Stadt liegen muss. Hiergegen wandte sich ein Unternehmen und beantragte die Nachprüfung des Vergabeverfahrens. Der Antragsteller begründete sein Rechtsschutzbegehren u.a. damit, dass im Bereich des Fördergebietes kein „freies” Grundstück zur Verfügung stünde, so dass er an dem Vergabewettbewerb nicht teilnehmen könne. Das Oberlandesgericht Naumburg (20.9.2012 – 2 Verg 4/12) hat hierzu entschieden, dass die Rüge der Standortauswahl die Entscheidung über den Beschaffungsgegenstand betrifft. Eine solche Entscheidung ist dem Vergabeverfahren zeitlich und sachlich vorgelagert, so dass es aus vergaberechtlicher Sicht grundsätzlich im Belieben des öffentlichen Auftraggebers steht, die Bauleistung frei nach seinen Vorstellungen zu bestimmen und nur in dieser Gestalt dem Wettbewerb zu öffnen. Die vergaberechtlichen Grundsätze können jedoch auch durch eine dem Vergabeverfahren vorgelagerte Entscheidung der Vergabestelle verletzt sein, wenn die Entscheidung auf das Vergabeverfahren ausstrahlt und in ihm fortwirkt. Die Naumburger Richter vertreten die Ansicht, dass eine solche Verletzung dann vorliegt, wenn die Bestimmung des Beschaffungsgegenstandes im Vergabeverfahren zu einer willkürlichen Beschränkung des Wettbewerbs bzw. offen oder verdeckt zu einer positiven oder negativen Diskriminierung von Unternehmen führt. Daran gemessen war die Begrenzung des Standortbereiches für den Neubau des Finanzamtes in dem entschiedenen Fall allerdings sach- und auftragsbezogen.

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Holger Schröder

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Vergaberecht

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