Das neue Architektenvertragsrecht

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​veröffentlicht am 02. Mai 2017

 

Am 9. März 2017 hat der Bundestag mit breiter Mehrheit für den Regierungsentwurf zur Reform des Bauvertragsrechts gestimmt. Das BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) erhält dann unter anderem erstmals Regelungen zum Architektenvertrag. Das neue Gesetz wird voraussichtlich am 1. Januar 2018 in Kraft treten. Im Folgenden sollen die wesentlichen Neuerungen für Architekten- und Ingenieurverträge dargestellt werden.

 

​Die neuen Bestimmungen für Architekten- und Ingenieurverträge sind in den §§ 650o ff. BGB-Entwurf (kurz: BGB-E) geregelt. Sie ordnen sich damit in den neunten Titel des BGB ein und sind Teil der „Werkverträge und ähnlichen Verträge”.


Definition der vertragstypischen Pflichten aus Architekten- und Ingenieurverträgen

Der erste Paragraf der neuen Vorschriften beschreibt die Vertragspflichten von Architekten- und Ingenieurverträgen. Er enthält zwar keine ausdrückliche Regelung zur Vergütung des Architekten bzw. Ingenieurs. Dennoch ist klar, dass Planungsleistungen künftig nicht kostenlos zu erbringen sein werden. Über eine Verweisungsnorm auf das allgemeine Werkvertragsrecht schuldet der Auftraggeber wie gewohnt die vereinbarte bzw. übliche Vergütung.


Nach dem Wortlaut des Gesetzes verpflichtet der Architekten bzw. Ingenieurvertrag den Unternehmer dazu, diejenigen Leistungen zu erbringen, die nach dem jeweiligen Stand der Planung und Ausführung des Bauwerks (oder der Außenanlage) erforderlich sind, um die zwischen den Parteien vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele zu erreichen. Soweit wesentliche Planungs- und Überwachungsziele noch nicht vereinbart sind, hat der Unternehmer zunächst eine Planungsgrundlage zur Ermittlung dieser Ziele zu erstellen. Er legt dem Besteller dann die Planungsgrundlage zusammen mit einer Kosteneinschätzung für das Vorhaben zur Zustimmung vor. Hintergrund dieser Regelung ist insbesondere das Bestreben des Gesetzgebers, der unentgeltlichen Akquisetätigkeit zulasten des Architekten bzw. Ingenieurs entgegenzuwirken. Die Vorschrift versucht sich an einer Konkretisierung des geschuldeten Erfolgs des Architekten bzw. Ingenieurs und will eine Abgrenzung zu Leistungsänderungen ermöglichen. Sie stellt klar, dass ein Architektenvertrag auch dann schon geschlossen sein kann, wenn grundlegende Konzeptionen des zu planenden Bauwerks noch erarbeitet werden. Dem Architekten steht auch in der Zielfindungsphase bereits ein Honoraranspruch zu, in der die HOAI (Honorarordnung für Architekten und Ingenieure) noch kein Honorar regelt. Fraglich bleibt dabei freilich, ob die Parteien in diesem Stadium überhaupt schon eine wirksame Einigung über die wesentlichen Vertragsinhalte, d.h. insbesondere über die Vergütung getroffen haben und damit von einem Vertragsschluss ausgegangen werden kann.


Anspruch auf Teilabnahme

Die bisherige Rechtslage gewährt dem Architekten nur dann einen Anspruch auf Abnahme seiner Leistungen, wenn diese vollständig erbracht sind. Ist er beispielsweise mit allen Leistungsphasen der HOAI im Leistungsbild Gebäude beauftragt, fällt dieser Zeitpunkt auf den Ablauf der Verjährungsfrist für die Mängelansprüche des Bauherren. Aus diesem Grunde sind vertragliche Regelungen, die eine Abnahme bereits nach der Leistungsphase 8 vorsehen, übliche Praxis. Nach den künftigen Gesetzesvorschriften kann der Architekt bereits dann eine Teilabnahme verlangen, wenn die letzte Leistung des bauausführenden Unternehmens abgenommen wurde. Die Gewährleistungsfrist der Planungsleistungen läuft damit parallel zu derjenigen gegenüber dem Bauunternehmen. Die Teilabnahme der Architektenleistung ist damit abhängig von der Abnahme im Bauvertragsverhältnis, während die Endabnahme hiervon unberührt bleibt.


Gesamtschuldnerische Haftung zwischen Architekt und bauausführendem Unternehmen

Die Rechtsprechung hat seit jeher anerkannt, dass zwischen Planer und Bauunternehmer eine planmäßige Zweckgemeinschaft besteht, die auf die mangelfreie Herstellung des Bauwerkes gerichtet ist. Deshalb stehen beide in einem gesamtschuldnerischen Haftungsverhältnis gegenüber dem Besteller, wenn und soweit sie gemeinsam für einen Mangel haften. Jeder hat auf seine Art für die Beseitigung desselben Schadens einzustehen, wobei der Besteller nach seiner Wahl beide für die Haftung in Anspruch nehmen kann. Ein etwaiger Ausgleich ist im Innenverhältnis durchzuführen. Die Gesamtschuld besteht auch dann, wenn der Bauunternehmer lediglich auf Nacherfüllung, der Planer jedoch auf Schadensersatz haftet. Demzufolge liegt kein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht des Bestellers vor, wenn dieser den Planer auf Schadensersatz in Anspruch nimmt, ohne dem Bauunternehmer zuvor (fruchtlos) eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt zu haben. Eine Ausnahme macht die Rechtsprechung nur in solchen Fällen, in denen der Besteller die Mängelbeseitigung auf einfachere Weise, d.h. insbesondere kostengünstiger, vom Unternehmer erlangen kann.


Die neuen gesetzlichen Vorschriften gewähren dem nur für einen Überwachungsfehler haftenden Architekten bzw. Ingenieur nun erstmals ein Leistungsverweigerungsrecht, solange der Besteller dem Unternehmer keine Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat. Damit soll die überproportionale Haftung des Planers im Rahmen der gesamtschuldnerischen Haftung mit dem Bauunternehmer reduziert werden. Das Leistungsverweigerungsrecht steht dem Planer hingegen nicht zu, wenn er für einen Planungsfehler in Anspruch genommen wird, da er hiermit die Hauptursache für den Mangel setzt. Dasselbe dürfte gelten, wenn sowohl ein Überwachungs- als auch ein Planungsfehler gegeben sind.


Einige Fragen lässt die Regelung zur gesamtschuldnerischen Haftung jedoch noch unbeantwortet. So bleibt etwa unklar, ob eine Fristsetzung zur Nacherfüllung gegenüber dem bauausführenden Unternehmer auch dann erforderlich ist, wenn dieser die Nacherfüllung ernsthaft und endgültig verweigert. Sinnvoll dürfte dies jedenfalls nicht sein. Ebenso wenig regelt das Gesetz den Fall, dass die Fristsetzung gegenüber dem falschen Bauunternehmer erklärt wurde. Ist diese Obliegenheit auch dann erfüllt, wenn der Besteller dem von seinem Planer als verantwortlich bezeichneten Unternehmer eine Frist gesetzt hat, selbst wenn sich dies im Nachhinein als unzutreffend herausstellt? Nicht zuletzt wird auch die Konstellation, in der der Planer einem Schadensersatzverlangen seines Auftraggebers nachkommt, obwohl er sich auf das Leistungsverweigerungsrecht hätte berufen können, einer gerichtlichen Entscheidung überlassen bleiben. Denkbar wäre jedenfalls eine Kürzung seines Ausgleichsanspruchs gegenüber dem Bauunternehmer, da sich der Architekt vermutlich ein Mitverschulden zurechnen lassen muss.

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Dr. Julia Müller

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