Triple-Net-Mietverträge: Überraschungen zum Vertragsende sind keine Seltenheit

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veröffentlicht am 02. Mai 2019

 

Treppenhaus​Seit vielen Jahren sind sogenannte Triple-Net-Mietverträge u. a. als Teil von Sale-and-lease-back-Gestaltungen beliebt. Der Mieter übernimmt dabei weitgehend Pflichten, die typischerweise den Vermieter treffen und zahlt dafür eine günstigere Miete. Zum Ende solcher Verträge häufen sich zuletzt Auseinandersetzungen über vermeintliche Instandhaltungsdefizite und entsprechend geforderte Nachzahlungen durch den Mieter. Dabei werden Vermietern nicht selten die lückenhaften Regelungen der zugrundeliegenden Verträge zum Verhängnis und führen im Ergebnis zu unbefriedigenden Lösungen und in der Folge zu erheblichen Kosten vor einer Neuvermietung.

 

Bei einem klassischen (gewerblichen) Mietvertrag teilen sich die Parteien die Instandhaltungsaufgaben einer Immobilie regelmäßig auf. „Dach und Fach”, Modernisierungen und Ersatzinvestitionen liegen in der Zuständigkeit des Vermieters, die laufende Instandhaltung auf den Mietflächen obliegt dem Mieter. Bei gerade im gewerblichen Bereich nicht seltenen, sogenannten Triple-Net-Verträgen wird u. a. von dieser Aufgabenteilung abgewichen und der Mieter sehr weitgehend zur Instandhaltung der angemieteten Immobilie verpflichtet. Gerade in Sale-and-lease-back-Konstellationen ist diese Vertragsart in den 2000er-Jahren häufig zum Einsatz gekommen. Nach und nach laufen diese Mietverträge nunmehr aus und sorgen für Diskussionsstoff.

 

Häufig werden hohe Instandhaltungsrückstände zum Ende des Mietvertrags festgestellt

Zum Ende der Mietzeit beauftragt der Vermieter nämlich regelmäßig ein sachkundiges Ingenieurbüro damit, den aktuellen Zustand der Immobilie zu begutachten und – soweit vorhanden bzw. erkennbar – unterlassene Instandhaltungen zu bewerten. Solche Gutachten stellen regelmäßig erhebliche Defizite fest, deren Ausgleich der Vermieter dann vom Mieter einfordert.

 

Je nach Objekt, Nutzungsart und Mietdauer sind Forderungen in Millionenhöhe dabei keine Seltenheit. Der Vermieter verweist dann regelmäßig auf die entsprechenden Vertragsklauseln und den „Geist des Vertrages”, wonach der Mieter sehr weitgehend die Rolle des Vermieters übernehmen sollte und somit auch umfassend für den Erhalt der Immobilie Verantwortung tragen soll. Die technische Expertise wird dabei vom Vermieter häufig als neutrales Gutachten angesehen, was oft zu einer hohen Erwartung bezüglich der Realisierung der festgestellten Forderungen führt. Beim Mieter besteht andererseits vielfach die Überzeugung, dass während der Mietzeit alles Erforderliche getan wurde, sodass die Bereitschaft, die festgestellten Defizite zum Mietende abzustellen oder finanziell auszugleichen, äußerst gering ist, geschweige denn vorsorgliche Rückstellungen dafür gebildet wurden.

 

Unabhängig von der Frage, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen Triple-Net-Verträge überhaupt wirksam vereinbart werden können, stellen viele Mietvertragsparteien dann vielfach fest, dass die Konkretisierung der Instandhaltungsverpflichtung in den Mietverträgen nicht klar genug gefasst ist und auch die anlässlich des Kaufvorgangs durchgeführte technische Due Diligence auf diese Thematik nicht ausreichend eingegangen ist. So wird in den Verträgen häufig vereinbart, dass der Zustand der Immobilie erhalten bleiben muss, die mit dem Betrieb der Immobilie verbundenen allgemein anerkannten Regeln der Technik einzuhalten sind und das Gebäude im Einklang mit den öffentlich-rechtlichen Vorgaben zu erhalten ist. So oder ähnlich wird der geschuldete Leistungsumfang des Mieters während der Mietzeit typischerweise abstrakt-generell beschrieben.

 

Extreme Positionen erschweren den Kompromiss

So stehen sich zu Beginn des Austauschs über diese Fragen regelmäßig zwei Extrempositionen (kein Ausgleichsanspruch vs. Anspruch in Millionenhöhe) gegenüber und die Aufarbeitung der entsprechenden Grundlagen gilt in jedem Fall als lohnend. In diesem Kontext trifft dann Mietrecht auf das Recht im Facility Management. Denn nur Experten auf dem Gebiet des Facility-Management-Rechts sind gemeinsam mit der geeigneten technischen Expertise in der Lage, den geschuldeten Leistungsumfang allgemeiner Formulierungen wieder „Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik” zu konkretisieren und im Sinne der Vereinbarungen auszulegen. Nur, wer sich sehr gut im technischen Regelwerk auskennt, die dort gestellten Forderungen richtig einordnet und gleichzeitig interdisziplinär mit Kollegen technischer Berufe zusammenarbeitet, wird in der Lage sein, festzustellen, welche Maßnahmen tatsächlich geschuldet und welche eher unverbindlich sind und damit nicht in den Leistungsumfang des Mieters fallen. Bereits die Abgrenzung bestimmter Begriffe wie „Instandhaltung” und „Ersatzinvestitionen” erfordern eine vertiefte Befassung mit den technischen Zusammenhängen und deren Einordnung in den Kontext eines atypischen Mietvertrags, wie dem Triple-Net-Vertrag. Daran fehlt es den (nur) rechtlichen Vertretern der Vertragsparteien zumeist.

 

Unternehmen, die aktuell noch laufende Triple-Net-Verträge oder andere atypische Mietverträge in ihrem Portfolio haben, ist zu empfehlen, sich frühzeitig vor Ende der Vertragslaufzeit mit diesen Themen zu befassen. Nur so kann sich rechtzeitig eine Meinung entwickeln, welche Maßnahmen für eine reibungslose Abwicklung bei der Beendigung erforderlich sind.

Meist schlechte Karten für den Vermieter

Aus der Erfahrung der letzten Auseinandersetzungen rund um die Konkretisierung der Verpflichtungen aus Triple-Net-Konstellationen zum Vertragsende, lässt sich ein klarer Trend zum Nachteil der Vermieter ableiten. Das liegt im Wesentlichen an zwei entscheidenden Aspekten.

 

So ist einerseits der Zustand des Objekts zu Beginn der Mietzeit nicht konkret genug beschrieben. Die technischen Due-Diligence-Berichte sind insoweit meist zu oberflächlich und vielfach auch nur auf sogenannte „Dealbreaker” oder die reine wirtschaftliche Beurteilung des Zustandes ausgerichtet. Bei den wenigsten Transaktionen sind die Parteien bereit, die notwendigen Budgets für solche detaillierten Beurteilungen auszugeben, sodass den eingesetzten Dienstleistern an dieser Stelle in der Regel kein Vorwurf zu machen ist. Wenn aber der Zustand einer Immobilie mit Blick auf die Klausel zur Instandhaltungsverpflichtung im Kaufvertrag nicht aussagekräftig (genug) ist, leuchtet es unmittelbar ein, dass die Behauptung, der Zustand der Immobilie habe sich durch mangelnde Instandhaltung während der Mietzeit verschlechtert, kaum erfolgversprechend vorgetragen werden kann. Es bleibt in der Regel die Diskussion über von Gesetz und Regelwerk geforderte Instandhaltungsmaßnahmen (Inspektion, Wartung, Instandsetzung, ggf. sogar Verbesserung). Aber auch diese ist mangels klarer Fokussierung bei der Transaktion auf die betrieblichen Themen der Immobilie häufig stark auslegungsbedürftig.

 

Nachdem andererseits die Forderung in diesen Fällen vom Vermieter ausgeht, ist es auch der Vermieter, der seine Erwartung präzisieren und rechtlich überzeugend herleiten muss. Dies fällt im Hinblick auf die aussagelosen Berichte vielfach schwer; damit reduzieren sich die voraussichtlich durchsetzbaren Ansprüche des Vermieters bezüglich der ursprünglich festgestellten Instandhaltungsnotwendigkeiten oft auf einen untergeordneten Bruchteil. Verhandlungstaktisch ist diese Situation nicht zu unterschätzen, weil die Parteien nach der Kommunikation der Ausgangspositionen zunächst meist von einem weitgehenden Aufeinanderzugehen ausgehen und alle anderen als 50/50-Kompromisse in jedem Fall als Niederlage empfinden. Davon kann bei vielen dieser Fälle aber nicht annähernd die Rede sein. Dazu kommt, dass eine gerichtliche Klärung der Streitfragen in den seltensten Fällen eine geeignete Alternative sein dürfte. Die vielen technischen Fragen und die dafür erforderliche Einbeziehung von Gutachtern etc. würden für sehr erhebliche Verfahrensdauern sorgen, mit denen – unabhängig vom Ausgang des Verfahrens – in der Regel keiner Partei gedient ist. Für die Klärung derart spezieller Fragen eignet sich ein gerichtliches Verfahren kaum.

 

Mietverträge sollten die Anforderungen an den Immobilienbetrieb mehr in den Fokus nehmen

Die jüngsten Erfahrungen beim Umgang mit Triple-Net-Verträgen und anderen atypischen gewerblichen Mietverträgen bei Vertragsende zeigen, dass es schon beim Abschluss von Mietverträgen von enormer Bedeutung ist, sich den Rechtsfragen des Facility Managements ausführlich zu widmen. Die Erfahrungen, die insoweit bei der Beauftragung von FM-Dienstleistern im Rahmen des Outsourcings gemacht wurden, können hier hervorragend übertragen werden. Denn, nur wenn das Aufgabenspektrum beider Parteien ausreichend geklärt und in dem Vertrag berücksichtigt ist, können böse Überraschungen zum Ende der Vertragslaufzeit vermieden werden.

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Andreas Griebel

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

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