BGH: Kein Überspannen der kommunalen Verkehrssicherungspflicht bei Bäumen

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​veröffentlicht am 2. April 2014

 

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 06. März 2014 entschieden (Az.: III ZR 352/13), dass die nach den einschlägigen straßenrechtlichen Vorschriften (hier: Straßengesetz des Landes Thüringen) verkehrssicherungspflichtige Körperschaft (hier: Gemeinde) bei gesunden Straßenbäumen auch dann keine besonderen Schutzmaßnahmen ergreifen muss, wenn bei diesen – wie z. B. bei der Pappel oder auch bei anderen Weichhölzern – ein erhöhtes Risiko besteht, dass im gesunden Zustand Äste abbrechen und Schäden verursacht werden können.


In dem Verfahren hatte der Kläger seine Wohnsitzstadt auf Schadensersatz aus vermeintlicher Verletzung der Verkehrssicherungspflicht in Anspruch genommen, nachdem von einer Pappel in einem der Stadt gehörenden Grünstreifen ein Ast herab gebrochen und auf sein Auto gefallen war, das dabei beschädigt wurde. Das LG Meiningen als Ausgangsgericht hatte die Klage abgewiesen (U. v. 17. September 2012, 3 O 1031/11). Auf die Berufung des Klägers hin hat das Thüringer OLG in Jena die Klage unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens des Klägers von einem Drittel dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt (U. v. 30. Juli 2013, 4 U 847/12).

Der BGH hat nun auf die von ihm zugelassene Revision der beklagten Stadt das Urteil des OLG aufgehoben und das klageabweisende Urteil des LG Meiningen bestätigt. Nach der Rechtsprechung des erkennenden III. Zivilsenats erstreckt sich die Straßenverkehrssicherungspflicht grundsätzlich auch auf den Schutz vor Gefahr durch Bäume. Nach dem BGH genügen aber die Behörden ihrer diesbezüglic hen Sicherungs- und Überwachungspflicht, wenn sie – außer der stets gebotenen regelmäßigen Beobachtung auf trockenes Laub, dürre Äste, Beschädigungen oder Frostrisse – eine eingehende Untersuchung der Bäume dann vornehmen, wenn besondere Umstände – wie das Alter des Baums, sein Erhaltungszustand, die Eigenart seiner Stellung oder sein statischer Aufbau oder ähnliches – sie angezeigt erscheinen lassen.

Ihre diesbezüglichen Pflichten hat die Beklagte, die Baumkontrollen durchgeführt hat, nicht verletzt. Die streitgegenständliche Pappel und der den Schaden verursachende Ast waren vor dem Schadensfall gesund. Allein der Umstand, dass bei manchen Baumarten ein erhöhtes Risiko besteht, dass auch im gesunden Zustand Äste abbrechen, führt nicht dazu, dass diese Bäume als im Verkehrsinteresse grundsätzlich zu beseitigende Gefahrenquellen eingestuft werden müssten und der Verkehrssicherungspflichtige weitergehende Schutzmaßnahmen zu ergreifen hat. Ein natürlicher Astbruch, für den vorher keine besonderen Anzeichen best anden haben, gehört auch bei hierfür anfälligeren Baumarten grundsätzlich zu den naturgebundenen und daher hinzunehmenden Lebensrisiken. Eine absolute Sicherheit gibt es nicht. Die Verkehrssicherungspflicht verlangt es nicht, gesunde, nur naturbedingt vergleichsweise bruchgefährdetere Baumarten an Straßen oder Parkplätzen zu beseitigen oder zumindest sämtliche in den öffentlichen Verkehrsraum hineinragenden Baumteile abzuschneiden. Gehören damit aber die Folgen eines natürlichen Astabbruchs grundsätzlich zum allgemeinen Lebensrisiko, bedarf es auch keiner sonstigen Maßnahmen, wie der Absperrung des Luftraums unter Pappeln oder der Aufstellung von Warnschildern. Dies würde nach Auffassung des Senats die Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht überspannen.

Eine für die Kommunen erfreuliche Entscheidung des BGH, da neben der Betonung der stets vorzunehmenden Beobachtungen auch die Grenzen der mit der Verkehrssicherungspflicht vorzunehmenden Sicherungsmaßnahmen aufgezeigt werden!

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Peter Lindt

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