Steuerliche Privilegierung einer US-amerikanischen „S-Corporation“

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Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich in seiner heute veröffentlichen Entscheidung vom 26. Juni 2013 (Az. I R 48/12) mit der Frage auseinandergesetzt, ob eine US-amerikanische „S-Corporation” aufgrund des einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommens in den Genuss des Schachtelprivilegs kommen kann. Die Klägerin, eine in den USA ansässige Kapitalgesellschaft US-amerikanischen Rechts, war im Streitjahr an der in Deutschland ansässigen A-GmbH mit einem Geschäftsanteil von 50 Prozent beteiligt. Die A-GmbH hat an die Klägerin eine Dividende ausgeschüttet und hierauf entsprechend dem neuen Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den USA vom 4. Juli 2008 (DBA-USA) deutsche Kapitalertragsteuer einschließlich Solidaritätszuschlag einbehalten. Die US-Klägerin beantragte beim Bundeszentralamt für Steuern unter Hinweis auf das abkommensrechtliche Schachtelprivileg eine Teilerstattung der einbehaltenen Steuerbeträge, da Deutschland lediglich eine Kapitalertragsteuer in Höhe von 5 Prozent zusteht.
 
Das Bundeszentralamt für Steuern gewährte jedoch lediglich einen Anspruch auf Ermäßigung der einbehaltenen Steuern auf 15 Prozent und versagte eine weitergehende Abkommensvergünstigung, da es sich bei der Klägerin um eine S-Corporation handelt. Wenn eine US-Gesellschaft für die Besteuerung als S-Corporation optiert, ist sie in den USA nicht als solche körperschaftsteuerpflichtig. Ihre Einkünfte werden stattdessen unmittelbar den in den USA ansässigen Gesellschaftern und auf Gesellschafterebene besteuert. Eine Reduzierung der einbehaltenen Quellensteuern gemäß Art. 10 Abs. 2 S. 1a DBA-USA ist nur möglich, wenn der Empfänger der Dividenden eine in den USA ansässige Gesellschaft im Sinne von Art. 4 Abs. 1 DBA-USA ist. Allerdings erfüllen steuerbefreite Gesellschaften nicht dieses Ansässigkeitsmerkmal, so dass die Anwendung des Schachtelprivilegs ausscheidet.
 
Der BFH bestätigt zunächst, dass eine Quellensteuerreduzierung im Hinblick auf das Erfordernis einer in den USA ansässigen Gesellschaft nicht vorliegt. Gleichwohl wird diese fehlende Ansässigkeit durch Art. 1 Abs. 7 DBA-USA mittels Regelungsfiktion substituiert. Durch diese Regelung werden Einkünfte oder Gewinne für DBA-Zwecke als solche angesehen, die von einer in den USA ansässigen und damit abkommensberechtigten Person erzielt werden. Somit kann die US-Gesellschaft, obwohl sie nicht die Voraussetzung des Art. 10 Abs. 2 DBA-USA erfüllt, aufgrund dieser Fiktion dennoch die abkommensrechtlichen Begünstigungen für Schachtelprivilegien in Anspruch nehmen. Dass durch die Neuregelung in Art. 1 Abs. 7 DBA-USA ein solches überraschendes Ergebnis eintreten kann, hat offensichtlich den BFH dazu bewogen anzumerken, dass eine andere Beurteilung nicht mittels einer geänderten Abkommensauslegung erfolgen kann. Vielmehr wären die Vertragsstaaten gefragt, eine Klarheit über die gewünschte Auslegung dieser Norm zum Ausdruck zu bringen.
 
Ergänzend gibt der BFH noch zu bedenken, dass der US-Gesellschaft wohlmöglich sogar eine vollständige Erstattung der Abzugssteuern zustehen könnte, weil der Einbehalt eventuell gegen die unionsrechtlich verbürgte Freiheit des Kapitalverkehrs verstößt. Ein solcher Freiheitsverstoß wirkt prinzipiell auch gegen Drittstaaten. Da dieser denkbare Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist, belässt es der BFH bei diesem Hinweis.
 
Im Ergebnis können somit US-Gesellschaften, auch wenn sie für die Besteuerung als „S-Corporation” optiert haben, die Steuerbegünstigungen nach dem DBA-Schachtelprivileg für deutsche Beteiligungserträge beanspruchen, obwohl sie selber in den USA nicht körperschaftsteuerpflichtig und somit eigentlich nicht abkommensberechtigt wären. Es bleibt abzuwarten, wie die deutsche Finanzverwaltung auf dieses für den Steuerpflichtigen vorteilhafte Urteil reagiert.

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Frank Dißmann

Diplom-Kaufmann, Steuerberater

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