EUGH-Vorlage zu Fragen der Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Gebäuden

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Am heutigen Tag hat der Bundesfinanzhof (BFH) eine Pressemitteilung zu seinem Beschluss vom 5. Juni 2014 (XI R 31/09) veröffentlicht, in der über die Vorlage mehrerer Fragen an den EUGH zur Vorsteueraufteilung bei Eingangsleistungen für gemischt genutzte Gebäude sowie zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs informiert wird.
 
In dem Streitfall hatte eine Grundstücksgemeinschaft in der Rechtsform einer GbR im Jahr 2001 nach Abriss des alten Gebäudes mit dem Neubau eines Wohn- und Geschäftsgebäudes mit Tiefgaragenstellplätzen begonnen und im Jahr 2004 endgültig fertiggestellt. Das Gebäude umfasste sechs Wohn- und Geschäftseinheiten und zehn Tiefgaragenstellplätze. Sowohl das Erdgeschoss, das erste Obergeschoss als auch acht Tiefgaragenstellplätze sollten umsatzsteuerpflichtig vermietet werden. Dagegen sollten das zweite und dritte Obergeschoss sowie zwei Tiefgaragenstellplätze umsatzsteuerfrei zu Wohnzwecken vermietet werden. Aufgrund dieser Verwendungsabsicht nahm die GbR als Klägerin den Vorsteuerabzug vor und ermittelte den Anteil der abziehbaren Vorsteuerbeträge in Höhe von 78,15 Prozent nach dem Verhältnis der voraussichtlichen steuerpflichtigen Ausgangsumsätzen zu den voraussichtlichen steuerfreien Ausgangsumsätzen (sog. objektbezogener Umsatzschlüssel). Ein Teil des Gebäudes wurde bereits ab Oktober 2002 vermietet. Anders als geplant, wurden im Januar 2004 auch ein weiterer Teil des ersten Obergeschosses sowie ein weiterer Tiefgaragenstellplatz umsatzsteuerfrei vermietet. Aufgrund der abweichenden tatsächlichen Nutzung erklärte die GbR in ihrer Umsatzsteuererklärung 2004 einen Vorsteuerberichtigungsbetrag nach § 15a UStG für die Vorsteuerbeträge aus den Herstellungskosten, den sie auf der Grundlage des objektbezogenen Umsatzschlüssels errechnet hatte.
 
Mit Bescheid vom 1. September 2006 kam das Finanzamt zu einer höheren Umsatzsteuer für 2004, weil es der Aufteilung der 2004 angefallenen Vorsteuerbeträge sowie der Berechnung des Vorsteuerberichtigungsbetrags nach § 15a UStG einen Flächenschlüssel zugrunde legte. Die Entscheidung begründete das Finanzamt damit, dass gemäß dem zum 1. Januar 2004 in Kraft getretenen § 15 Abs. 4 S. 3 UStG eine Aufteilung der Vorsteuerbeträge nur noch nach dem Umsatzschlüssel möglich sei, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich sei. Da aber beim Gebäude der Klägerin die Aufteilung der Vorsteuerbeträge anhand der Quadratmeter – also nach einem objektbezogenen Flächenschlüssel – möglich sei, wäre dieser Aufteilungsmaßstab vorzuziehen, so dass lediglich 38,74 Prozent der „Gesamtquadratmeter” zur umsatzsteuerpflichtigen Vermietung genutzt würden. In Höhe der Differenz von 39,41 Prozent (= 78,15 Prozent-38,74 Prozent) sei der Vorsteuerabzug nach § 15a UStG zu korrigieren.
 
Im Rahmen seiner Vorentscheidung führte das Finanzgericht aus, dass das Finanzamt zu Unrecht den Korrekturbetrag des § 15a UStG unter Berücksichtigung der ab 1. Januar 2014 geltenden Neuregelung des § 15 Abs. 4 S. 3 UStG ausgehend vom Flächenschlüssel anstelle des von der Klägerin seit dem Besteuerungszeitraum 1999 als Aufteilungsmaßstab angesetzten objektbezogenen Umsatzschlüssels berechnete. Sein Urteil begründete das Finanzgericht damit, dass zwar § 15 Abs. 4 S. 3 UStG im Einklang mit Unionsrecht stehe, aber diese Gesetzesänderung kein Anwendungsfall des § 15a UStG sei und sowohl das Finanzamt als auch der Steuerpflichtige für den Korrekturzeitraum von zehn Jahren an den einmal gewählten und bestandskräftig festgesetzten ursprünglichen Aufteilungsschlüssel nach dem Umsatzschlüssel gebunden sei. Somit teilte das Finanzgericht die auf Herstellungskosten anfallenden Vorsteuerbeträge für das Jahr 2004 anhand des objektbezogenen Umsatzschlüssels auf und erkannte für die Vorsteuerbeträge aus laufenden Kosten anhand des berechneten Flächenschlüssels 38,74 Prozent als abzugsfähig an.
 
Gegen das Urteil des Finanzgerichtes legten sowohl die Klägerin als auch das Finanzamt Revision ein.
 
Der BFH hat das oben genannte Verfahren ausgesetzt und aufgrund des oben beschriebenen Sachverhaltes folgende Fragen dem EUGH vorgelegt:
 
Im Rahmen der ersten Vorlagefrage geht es darum, ob bei gemischt genutzten Gebäuden die Vorsteuern auf Eingangsleistungen, die die Anschaffung oder Herstellung des Gebäudes betreffen, zunächst den Ausgangsumsätzen zugeordnet werden müssen und lediglich die danach verbleibenden Vorsteuern nach einem (weniger präzisen) Flächen- oder Umsatzschlüssel aufzuteilen sind. In diesem Zusammenhang sieht der BFH auch die Frage klärungsbedürftig, ob dies entsprechend auch für die Vorsteuern aus laufenden Kosten gilt.
 
Wie bereits oben im Sachverhalt dargestellt, wollte das Finanzamt im Wege der Vorsteuerberichtigung auch einen Teil der in den Vergangenen Jahren anerkannten Vorsteuerbeträge rückwirkend aberkennen, weil auch nunmehr der Flächenschlüssel anzuwenden wäre. In diesem Zusammenhang hat der BFH jedoch Zweifel, ob dies mit dem Unionsrecht vereinbar ist, auch wenn geregelt ist, dass für jedes Jahr der Änderung der Verhältnisse eine Vorsteuerberechtigung vorzunehmen ist, wenn sich bei einem Gebäude innerhalb von zehn Jahren ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse ändern.
 
Insoweit will der BFH im Rahmen der zweiten Vorlagefrage an den EUGH klären, ob eine solche Änderung der Verhältnisse auch mit Unionsrecht vereinbar ist, wenn ein Steuerpflichtiger, wie die Klägerin im oben beschriebenen Sachverhalt, die Vorsteuern aus der Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes zulässigerweise nach dem Umsatzschlüssel aufgeteilt hat und durch eine deutschen Gesetzesänderung (in § 15 Abs. 4 S. 3 UStG) später ein anderer Aufteilungsschlüssel vorgeschrieben wird.
 
Im Zusammenhang damit bestehen seitens des BFH Zweifel daran, dass aufgrund der rückwirkenden Anwendung des § 15 Abs. 4 S. 3 UStG die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes gewahrt sind. Hier könnte aus Sicht des BFH der deutsche Gesetzgeber insbesondere gegen diese Grundsätze verstoßen haben, da er bei Einfügung des § 15 Abs. 4 S. 3 UStG keine Übergangsregelung getroffen hat, die dem begründeten Vertrauen der Unternehmer, auf Eingangsleistungen vor der Gesetzesänderung den Umsatzschlüssel anwenden zu dürfen, Rechnung trägt.
 
Aufgrund der vorliegenden EUGH-Vorlage empfehlen wir, bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge aus Herstellungskosten bzw. Anschaffungskosten sowie der laufenden Kosten bei gemischt genutzten Gebäuden zu überprüfen, ob eine vom Flächenschlüssel abweichende Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach den Ausgangsumsätzen sowie eine weitere Aufteilung der verbleibenden Vorsteuern nach einem Flächen- oder Umsatzschlüssel präziser ist und mit Verweis auf die EUGH-Vorlage die entsprechenden Umsatzsteuerveranlagungen offen zu halten. Gerne sind wir Ihnen hier behilflich.

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Christina König

Steuerberaterin

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