Änderungen in der Abgabenordnung

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Erweiterung der Mitteilungspflichten zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung

 

Nach dem geltenden Recht sind die Finanzbehörden lediglich berechtigt und verpflichtet, den zuständigen Behörden diejenigen im Besteuerungsverfahren bekannt gewordenen Tatsachen mitzuteilen, die darauf schließen lassen, dass eine Ordnungswidrigkeit i. S. d. § 17 Geldwäschegesetz (GwG) begangen wurde oder wird. Durch die Neufassung des § 31b AO neue Fassung sollen die Finanzbehörden künftig auch berechtigt und verpflichtet sein, den im Bereich Geldwäsche zuständigen Aufsichtsbehörden Anhaltspunkte für aufsichtsrelevante Sachverhalte i. S. d. § 16 GwG mitzuteilen (§ 31b AO neue Fassung).
 
Eine Erweiterung der Ermittlungsbefugnisse und -pflichten der Finanzbehörden ist mit der Rechtsänderung nicht verbunden. Mitzuteilen sind nur solche Tatsachen, die im Rahmen des Besteuerungsverfahrens und der dort geltenden Ermittlungsbefugnisse den Finanzbehörden bekannt geworden sind. Die Finanzbehörden müssen jedoch nicht mehr prüfen, ob eine Ordnungswidrigkeit i. S. d. § 17 GwG vorliegen und ob diese im Zeitpunkt der beabsichtigten Mitteilung verjährt sein könnte. Eine Einzelfallprüfung, ob zumindest ein Verdachtsfall vorliegt, dass meldepflich-tige Personen ihrer Meldepflicht nicht nachgekommen sind, muss weiterhin durchgeführt werden.
 
Das Risiko für eine Kontrollmitteilung an die Aufsichtsbehörden vergrößert sich durch die Erweiterung des § 31b AO neue Fassung und die damit verbundenen vereinfachten Meldepflichten der Steuerbehörden. Bisher sind Geldwäsche-Meldungen durch die Finanzbehörden angesichts der drohenden Verletzung des Steuergeheimnisses bei nicht zutreffender Beurteilung des Meldefalles eher zögerlich erfolgt. Auf Grund der vereinfachten Meldepflichten ist mit einer deutlichen Erhöhung von Meldungen an die Aufsichtsbehörden zu rechnen. Bereits ein Verdacht ist für eine Meldung ausreichend. Verdachtsfälle können beispielsweise dann vorliegen, wenn das Finanzamt bei einem nach § 2 GwG zu eigenen Meldungen Verpflichteten feststellt, dass die Identifikation von wirtschaftlich Berechtigten nur lückenhaft durchgeführt wird. Steuerpflichtige sollten in Zukunft bestehende eigene Meldepflichten noch sorgfältiger prüfen und wahrnehmen, um nicht durch Mitteilungen von Seiten des Finanzamtes in ein aufsichtsrechtliches Verfahren zu geraten.
Anwendung ab dem Tag nach der Verkündung des Gesetzes (Art. 16 Abs. 1 ZollkodexAnpG).
 

Identifikationsmerkmale

  

Durch die Änderungen des § 139a AO und des § 139b AO wird die Verwendung des Identifikationsmerkmals (Identifikationsnummer bzw. Wirtschaftsidentifikationsnummer (IdNr.)) nachvollziehbarer. Zum einen wird klargestellt, dass die IdNr. nicht nur vom Steuerpflichtigen selbst, sondern auch von Dritten bei Anträgen, Erklärungen oder Mitteilungen zu verwenden ist, bei denen Daten des Steuerpflichtigen an die Finanzbehörden übermittelt werden. Zum anderen muss ein Dritter nicht für jede Mitteilungspflicht die IdNr. neu erheben. Eine einmal rechtmäßig erhobene IdNr. kann für weitere Mitteilungspflichten, bei denen die Daten des Steuerpflichtigen an die Finanzbehörden übermittelt werden, verwendet werden (§ 139b Abs. 2 S. 2 Nr. 3 AO neue Fassung). Das bedeutet, dass verbundene Unternehmen i. S. d § 15 AktG, also Konzernunternehmen, rechtmäßig erhobene IdNr. eines Steuerpflichtigen zur Erfüllung aller Mitteilungspflichten gegenüber Finanzbehörden im Konzern verwenden können, unabhängig davon, welches Unternehmen im Konzern die IdNr. erhoben hat (§ 139b Abs. 2 S. 2 Nr. 4 AO neue Fassung). Eine mehrfache Erhebung der IdNr. eines Steuerpflichtigen innerhalb verbundener Unternehmen wird zukünftig vermieden.
  
Für die zutreffende Bildung der „Elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM)” wird das von der Meldebehörde übermittelte Datum „Tag des Ein- und Auszugs” vom Bundeszentralamt für Steuern nicht mehr temporär, sondern dauerhaft gespeichert (§ 139b Abs. 3 S. 1 Nr. 14 AO neue Fassung und Aufhebung § 139b Abs. 6 S. 6 AO). Hierdurch sollen Probleme bei der Anmeldung von Arbeitnehmern, insbesondere bei Zuzügen aus dem Ausland, im Rahmen des ELStAM-Verfahrens behoben werden. Bei natürlichen Personen speichert das Bundeszentralamt für Steuern zusätzlich die Angaben zu verbundenen Unternehmen (§ 139c Abs. 3 Nr. 14 AO neue Fassung). Für jeden wirtschaftlich Tätigen erfolgt die Ergänzung der Wirtschafts-IdNr. um die fünfstelligen Unterscheidungsmerkmale, mit denen einzelne wirtschaftliche Tätigkeiten, einzelne Betriebe und einzelne Betriebsstätten des wirtschaftlich Tätigen in Besteuerungsverfahren identifiziert werden können (§ 139c Abs. 3 Nr. 13, Abs. 4 Nr. 17, Abs. 5 Nr. 18 i. V. m § 139c Abs. 5a AO neue Fassung).
Anwendung ab dem Tag nach der Verkündung des Gesetzes (Art. 16 Abs. 1 ZollkodexAnpG).
 

Ablaufhemmung bei Grundlagenbescheiden ressortfremder Behörden

 

Grundlagenbescheide bewirken grundsätzlich eine Ablaufhemmung der Festsetzungsverjährung des Folgebescheids für zwei Jahre. Nach dem Urteil des BFH vom 21. Februar 2013 (V R 27/11, BStBl. 2013 II, S. 529) sollen ressortfremde Grundlagenbescheide nur dann eine Ablaufhemmung bewirken, wenn diese vor Ablauf der regulären Festsetzungsverjährungsfrist für die betreffende Steuer erlassen werden. Dieses Urteil nimmt der Gesetzgeber zum Anlass, § 171 Abs. 10 AO dahingehend zu ändern, dass die Ablaufhemmung von ressortfremden Grundlagenbescheiden und Bescheiden über Billigkeitsmaßnahmen nach § 163 AO nur dann eintritt, wenn der Grundlagenbescheid innerhalb der Festsetzungsverjährungsfrist beantragt wurde (§ 171 Abs. 10 S. 2 AO neue Fassung). Entscheidend soll zukünftig der Zeitpunkt der Antragstellung sein. Um die Ablaufhemmung zu bewirken, muss der Steuerpflichtige zukünftig selbst aktiv werden und innerhalb der Festsetzungsverjährungsfrist der betreffenden Steuer den Grundlagenbescheid bei der ressortfremden Behörde beantragen. Betroffen ist z. B. die für die Inanspruchnahme einer Denkmalschutzabschreibung notwendige Bescheinigung der Denkmalschutzbehörde über die Eigenschaft als Baudenkmal und die vorherige Abstimmung der Maßnahmen mit der Denkmalschutzbehörde.
Anwendung rückwirkend für alle am Tag der Verkündung des Gesetzes noch nicht abgelaufenen Festsetzungsverjährungsfristen (§ 10 Abs. 12 EGAO neue Fassung).

 

Sachliche Billigkeit bei der Festsetzung von Steuermessbeträgen

 

Für die Festsetzung und die Erhebung von Realsteuern sind grundsätzlich die Gemeinden zuständig. Folglich wären auch die Gemeinden zur Berücksichtigung von Billigkeitsmaßnahmen i. S. d. § 163 S. 1 AO, d. h. niedrigere Steuerfestsetzung und Nichtberücksichtigung von einzelnen Besteuerungsgrundlagen, die die Steuer erhöhen würden, berechtigt. § 184 Abs. 2 S. 1 AO regelt jedoch davon abweichend, dass eine abweichende Festsetzung der Steuermessbeträge aus Billigkeitsgründen den Finanzbehörden obliegt (§ 184 Abs. 2 S. 1 AO). Für die Billigkeitsmaßnahme, die die Finanzbehörde trifft, bedarf es einer allgemeinen Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung oder Richtlinien einer obersten Länderfinanzbehörde.
 
Bisher ist es gängige und langjährige Praxis, dass mit den Ländern koordinierte BMF-Schreiben, die Regelungen zu einer sachlichen Billigkeit enthalten, auch Wirkung für die Festsetzung der Gewerbesteuer haben. Nach Auffassung des BFH (Urteil vom 25. April 2012, I R 24/11) ist jedoch eine allgemeine Anordnung des BMF keine allgemeine Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung. Folge dieses Urteils ist, dass die Kompetenz für die Ausübung der allgemeinen sachlichen Billigkeitsmaßnahmen für Zwecke der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer beim Wohnsitz- bzw. Sitzfinanzamt und für Zwecke der Gewerbesteuer bei den beteiligten Betriebsstättengemeinden liegt. Dieses Auseinanderfallen der sachlichen Zuständigkeit könnte zur Folge haben, dass es zu sich gegenseitig widersprechenden und zeitlich inkohärenten Entscheidungen kommt.
 
Um dies zu vermeiden und die bisher gängige Praxis beizubehalten, ist im ZollkodexAnpG vorgesehen, die Befugnis zu Billigkeitsmaßnahmen i. S. d. § 163 S. 1 AO für Zwecke der Gewerbesteuer auf die oberste Bundesfinanzbehörde (BMF) auszuweiten (§ 184 Abs. 2 S. 1 AO neue Fassung). Dadurch wird die bisherige Vorgehensweise gesetzlich kodifiziert und die sachliche Befugnis bei den Finanzbehörden sichergestellt.
§ 184 Abs. 2 AO neue Fassung ist bereits für alle nach dem 31. Dezember 2012 getroffenen Maßnahmen nach § 163 S. 1 AO anzuwenden, auch wenn Besteuerungszeiträume betroffen sind, die vor dem 1. Januar 2015 abgelaufen sind (§ 10c EGAO neue Fassung).

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Dr. Hans Weggenmann

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