Homeoffice als Betriebsstätte: Unterschiede in Deutschland, Österreich und der Schweiz

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veröffentlicht am 14. Oktober 2020 | Lesedauer ca. 3 Minuten


Sowohl im nationalen Steuerrecht der Länder als auch auf Ebene der OECD rückt das Homeoffice zunehmend in den Fokus. Wird in einem anderen Staat gearbeitet, ist ein Homeoffice schnell begründet, doch werden dessen Auswirkungen oftmals unter­schätzt: Neben ertrags- und ggf. umsatzsteuerlichen Konsequenzen für das Unterneh­men, sind meist auch lohn­steuer­liche zu beachten. Dabei gibt es international wesen­tliche Unterschiede bei der steuerlichen Beurteilung. Wir betrachten im nachfolgen­den die Länder Deutschland, Österreich und die Schweiz (sog. „DACH-Staaten”).



Die Begründung von Betriebsstätten soll meist vermieden werden, damit im Ausland keine Steuerpflicht entsteht. Denn neben der ggf. höheren Steuerbelastung kommen auch die ausländischen Steuer­erklärungs­pflichten sowie eine eigene Gewinnermittlung der Betriebsstätte hinzu. Jedoch unterscheiden sich die Voraussetzungen für die Begründung einer solchen Betriebsstätte in den jeweiligen Staaten – selbst in den deutschsprachigen DACH-Staaten. Deutlich wird das anhand der steuerlichen Einordnung eines Homeoffice, das maßgeblich durch die Auffassung der OECD beeinflusst wird.


Deutschland: § 12 AO

Die deutsche Definition einer Betriebsstätte bestimmt sich nach § 12 AO. Die für ein Homeoffice zentrale Voraussetzung ist demnach die Verfügungsmacht, denn der Arbeitgeber muss nach der ständigen Recht­sprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) eine solche am Homeoffice des Arbeitnehmers haben, damit eine Betriebsstätte vorliegen kann. Dafür muss dem Arbeitgeber jederzeit Zutritt zu den privaten Räumen des Arbeitnehmers gestattet werden, was in den meisten Fällen nicht gegeben ist. Daher wird das Homeoffice eines Arbeitnehmers im nationalen deutschen Steuerrecht meist keine Betriebsstätte begründen.

Auch die deutsche Auslegung des Art. 5 OECD-Musterabkommen (OECD-MA) verlangt eine Verfügungsmacht über die Einrichtung, wonach aus deutscher Sicht meist keine Betriebsstätte aufgrund eines Homeoffice angenommen wird. Jedoch lässt sich auf Ebene der OECD eine zunehmende Distanzierung vom erforderlichen Tatbestandsmerkmal der Verfügungsmacht beobachten. Deutlich wird das anhand des aktuellen OECD-Musterkommentars (OECD-MK) i.d.F. 2017 – er nennt erstmals die Voraussetzungen, unter denen das Homeoffice eine Betriebsstätte darstellen kann. So bspw., wenn der Arbeitnehmer aufgrund von Weisungen des Unternehmens das Homeoffice regelmäßig oder sogar durchgehend nutzt oder kein Büro zur Verfügung gestellt bekommt, obwohl es notwendig wäre. Bisher haben der BFH und die Finanzverwaltung eine solche Auslegung mangels einer eindeutigen Verfügungsmacht des Arbeitgebers abgelehnt. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass sich das künftig ändern kann.


Österreich: § 29 BAO

Neben Art. 5 OECD-MA findet sich eine Betriebsstätten-Definition auch in § 29 BAO („jede feste örtliche Anlage oder Einrichtung, die der Ausübung eines Betriebes dient”). Nach beiden Bestimmungen kommt es in Österreich für die Begründung einer Betriebsstätte auf die dauerhafte Verfügungsmacht an. Sowohl das österreichische Bundesministerium für Finanzen (BMF) als auch der Ver­waltungs­gerichts­hof sind der Auffassung, dass eine inländische Betriebsstätte eines ausländischen Unternehmens grundsätzlich auch in der privaten Wohnung eines Arbeitnehmers gelegen sein kann. Die Verfügungsmacht des Arbeitnehmers schlägt dabei auf den Arbeitgeber durch.

Unlängst hat sich das BMF in einem Fall geäußert, in dem ein deutsches Unternehmen einen österreichischen Arbeitnehmer im Homeoffice beschäftigte (sog. „Express Antwort Service”-Auskunft vom 6. November 2017) und nahm dabei Bezug auf den OECD-MK i.d.F. 2017. Demnach liegt keine Betriebsstätte vor, wenn der Arbeitnehmer nur gelegentlich und mit zahlreichen Unterbrechungen in seiner österreichischen Wohnung für den Arbeitgeber tätig ist. Auch wird keine Betriebsstätte begründet, wenn der Arbeitgeber den öster­reichischen Arbeitnehmer nicht dazu aufgefordert hat, seine Wohnung für dessen Geschäftstätigkeit zur Verfügung zu stellen.

Nach Ansicht des BMF spricht es auch für eine bloß gelegentliche Nutzung und damit gegen eine Betriebs­stätte, wenn der Arbeitnehmer keine Ausgaben durch die Nutzung des österreichischen Wohnsitzes steuerlich geltend macht. Ausgaben für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer sind nur abzugsfähig, wenn es den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen bildet. Der neue OECD-MK bedeutet für Österreich somit keine erweiterte Qualifikation des Homeoffice als Betriebsstätte, sondern vielmehr eine Konkretisierung der bereits bestehenden Rechtsauffassung.


Schweiz: Art. 4, 51 DBG

Die Schweizer Definition einer Betriebsstätte bestimmt sich nach Art. 4 Abs. 2 und 51 Abs. 2 DBG. Es muss geklärt werden, ob eine feste Geschäftseinrichtung und eine auf Dauer angelegte Tätigkeit gegeben sind. Bei einem Homeoffice sind beide Kriterien regelmäßig gegeben, Entscheidend für die Begründung einer Betriebs­stätte ist daher die Frage, ob eine quantitative und qualitative Wesentlichkeit vorliegt und ob der Arbeitgeber über das Büro verfügen kann. Insbesondere aufgrund der auf den ersten Blick fehlenden Verfügungsmacht ist eine Betriebsstätte eher abzulehnen. Allerdings ist unter unilateralem, wie auch unter DBA-Recht ein Home­office dann mit Verweis auf die unterstellte Verfügungsmacht als steuerliche Betriebsstätte zu qualifizieren, wenn dem Mitarbeitenden (unerheblich, aus welchen Gründen) kein Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt wird, obwohl er für seine Tätigkeit für das Unternehmen auf einen angewiesen wäre.

Auch die Schweizer Auslegung des Art. 5 OECD-MA verlangt eine Verfügungsmacht über die Einrichtung. Falls das internationale Steuerrecht der Schweiz die Besteuerung der Betriebsstätte zuweist, kann die rechts­begrün­den­de Norm im internen Steuerrecht und damit auch die Betriebsstätte selbst fehlen, da der Betriebsstätten-Begriff in der Schweiz unilateral viel enger definiert wird als im internationalen Steuerrecht.


Fazit

In allen drei Staaten ist es für die Annahme einer Betriebsstätte nach nationalem Recht entscheidend, dass der Arbeitgeber eine gewisse Verfügungsmacht am Homeoffice hat, was regelmäßig abzulehnen ist. Basierend auf den Entwicklungen auf Ebene der OECD ist jedoch nach österreichischem und Schweizer Steuerrecht – im Gegensatz zum deutschen – bereits heute zunehmend der Trend hin zu einer Betriebsstätte zu beobachten, wobei das immer eine Einzelfallentscheidung ist. Daher ist es zu empfehlen, jeden Fall eines Homeoffices unter Beachtung aller nationalen und internationalen Vorschriften zu prüfen.

Kontakt

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Stephan Kosa

Diplom-Kaufmann (FH), LL.M. in Swiss and International Taxation, (Tax) Manager

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