Die Neufassung der IFRS-Leasingbilanzierung - kurz vor der Umsetzung?!

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Von Karsten Luce, Rödl & Partner Nürnberg

 
Bereits seit dem Jahr 1982 regelt IAS 17 die Bilanzierung von Leasingverhältnissen in der internationalen Rechnungslegung. Trotz mehrmaliger Änderungen hat sich seitdem an der grundsätzlichen Behandlung von Leasingverhältnissen in einem IFRS-Abschluss nichts geändert. Jeder Leasingvertrag ist entweder als sog. Finance- oder als Operating-Lease zu klassifizieren.
 
Finance-Lease-Vereinbarungen zeichnen sich durch die Erfassung des Leasinggegenstandes als Vermögenswert und einer korrespondierenden Verbindlichkeit in der Bilanz des Leasingnehmers aus. Im Falle einer Operating-Lease-Vereinbarung wird dagegen nur die Leasingzahlung aufwandswirksam beim Leasingnehmer erfasst und somit eine i.d.R. gewünschte bilanzneutrale Darstellung erreicht. Ziel dieser Unterscheidung ist die Zuordnung des Leasinggegenstandes zu der Partei, die Träger der überwiegenden Chancen und Risiken ist, unabhängig von den zivilrechtlichen Eigentumsverhältnissen. Die Kriterien für die Klassifizierung sind dabei stark ermessensbehaftet und stehen schon seit langer Zeit in der Kritik.
 
Aus diesem Grund arbeiten die Standardsetzer sowohl für die internationale Rechnungslegung nach IFRS (IASB) als auch für die US-amerikanische Rechnungslegung nach US-GAAP (FASB) bereits seit dem Jahr 2006 jeweils an einem Projekt zur Neufassung eines Bilanzierungsstandards für die Leasingbilanzierung. Gegenwärtig wird die Veröffentlichung der finalen Standards im letzten Quartal 2015 erwartet. Eine vollständige Konvergenz der Leasingbilanzierung nach IFRS und US-GAAP wird jedoch nicht realisiert werden, da sich die Standardsetzer hinsichtlich einzelner Themen nicht auf eine gemeinsame Lösung einigen können. Primäres Ziel ist es, durch die Abschaffung der Klassifizierung in Finance- und Operating-Lease-Vereinbarungen eine bilanzneutrale Abbildung von Leasingverhältnissen zukünftig zu vermeiden.
 

I. Neufassung der Leasingbilanzierung beim Leasingnehmer

Die Standardsetzer haben letztmalig im Jahr 2013 einen Entwurf für die Neufassung der Leasingbilanzierung herausgegeben. Auf Basis der dazu erhaltenen Kommentierungen sowie verschiedener Beratungen soll noch in diesem Jahr der finale Standard veröffentlicht werden. Zukünftig soll nach IFRS die Unterscheidung in Finance- und Operating-Lease-Vereinbarungen entfallen und stattdessen das wirtschaftliche Recht des Leasingnehmers an dem Leasinggegenstand bilanziert werden. Dazu ist ein Nutzungsrecht als Teil des Anlagevermögens oder als separater Bilanzposten zu erfassen und über die Laufzeit des Leasingvertrages abzuschreiben. Dazu korrespondierend ist eine Verbindlichkeit in Höhe des Barwerts der zukünftig zu leistenden Leasingzahlungen zu passivieren und im Rahmen der Effektivzinsmethode durch die zu leistenden Leasingraten zu tilgen. In der Gewinn- und Verlustrechnung sind der Zinsaufwand, der in den Leasingraten enthalten ist und die Abschreibung für das Nutzungsrecht separat auszuweisen. Dieses Modell entspricht damit in seinen Grundzügen der aktuellen Bilanzierungsmethode für Finance-Lease-Vereinbarungen und bewirkt eine bilanzwirksame Abbildung von Leasingverhältnissen beim Leasingnehmer.
 
Um dem Grundsatz der Wesentlichkeit gerecht zu werden, sollen zusätzlich zwei Ausnahmeregelungen als Erleichterungsmöglichkeit geschaffen werden. Für kurzfristige Leasingverhältnisse mit einer Laufzeit von maximal 12 Monaten sowie für Leasinggegenstände von geringem Wert sollen die derzeitigen Vorschriften für eine Operating-Lease-Vereinbarung herangezogen werden. Damit würden nur die jeweilige Leasingrate aufwandswirksam erfasst werden und die Aktivierung des Nutzungsrechts entfallen.
 
Umfangreiche quantitative Anhangangaben runden die neuen Vorschriften ab. Dazu zählen u.a. Angaben zum Buchwert und zur Abschreibung des Nutzungsrechts, die Höhe der erfassten Leasingzahlungen und Zinsaufwendungen sowie eine Fristigkeitsanalyse für die zukünftigen Leasingzahlungen gem. IFRS 7. Zusätzliche qualitative Angaben sind nur notwendig, sofern eine Beurteilung der Höhe, Zeitpunkte und Ungewissheit der aus dem Leasingverhältnis entstehenden Cashflows auf Basis der quantitativen Angaben allein nicht möglich ist. Im Zuge der Beratungen über den Leasingentwurf aus dem Jahr 2013 wurde der zwischenzeitlich angestrebte Ansatz der vollumfänglichen Angaben, wie z.B. Angaben zur Bestimmung des verwendeten Rechnungszinssatzes, wieder aufgegeben.
 
Im Rahmen der Neufassung der Leasingbilanzierung wird auch die Definition für einen Leasingvertrag überarbeitet werden. Damit soll eine ungewollte Ausweitung der Leasingvorschriften auf andere Verträge, wie z.B. Serviceverträge, verhindert werden. Für die Abgrenzung eines Leasingvertrags ist immer darauf abzustellen, ob der Leasingnehmer die Nutzung des Leasinggegenstandes kontrolliert. Daher sind Leasingvereinbarungen, die auch Servicekomponenten, wie z.B. für Reparaturen oder Reinigungen, enthalten, aufzuteilen und die Leasingbilanzierung nur für den Leasinganteil anzuwenden. Als Erleichterungsmöglichkeit kann jedoch auch die Servicekomponente in die Leasingbilanzierung einbezogen werden.
 

II. Keine wesentliche Änderung der Leasingbilanzierung beim Leasinggeber

Die bilanzielle Abbildung einer Leasingvereinbarung beim Leasinggeber wird sich grundsätzlich nicht ändern. Der Leasinggeber muss auch weiterhin eine Klassifizierung des Leasingverhältnisses vornehmen und dieses als ein sogenanntes Typ-A-Leasing  vergleichbar einem Finanzierungsleasing  oder ein sogenanntes Typ-B-Leasing   vergleichbar mit einem Operating-Lease  einstufen. Als Abgrenzungskriterien werden die im aktuellen IAS 17 geltenden Merkmale herangezogen. Somit wird im Falle eines Typ-A-Modells die Nettoinvestition in das Leasingverhältnis angesetzt. Sie umfasst neben der Leasingforderung auch einen etwaigen Restvermögenswert, der das verbleibende Nutzenpotential des Leasingobjekts am Ende der Laufzeit abbildet. Für Typ-B-Modelle wird ausschließlich die erhaltene Leasingzahlung erfolgswirksam erfasst.
 

III. Auswirkungen für die Praxis

Um die möglichen Auswirkungen der geplanten neuen Leasingbilanzierung besser abschätzen zu können, hat der Stab des IASB im März diesen Jahres ein Papier über die voraussichtlichen praktischen Auswirkungen des neuen Leasingstandards auf die Abschlüsse von Leasingnehmern veröffentlicht. Durch die grundsätzlich vorgesehene Bilanzierung eines Nutzungsrechts beim Leasingnehmer werden sich für Unternehmen mit einem hohen Anteil von bisher bilanzunwirksamen Leasingverhältnissen sowohl das Anlagevermögen als auch die Verbindlichkeiten erhöhen. Dies kann mitunter signifikante Auswirkungen auf zentrale Bilanzkennzahlen wie Fremdkapitalquote oder Verschuldungsgrad haben. Weil der Buchwert eines Nutzungsrechts für gewöhnlich schneller abnimmt als der Buchwert der korrespondierenden Verbindlichkeit, werden Unternehmen mit einem hohen Volumen von bisher als  Operating-Lease klassifizierten Vereinbarungen ein geringeres Eigenkapital ausweisen. Gleichzeitig werden solche Unternehmen aber von einem höherem EBITDA und Betriebsergebnis profitieren.
 
Aufgrund der Aufteilung der Leasingzahlungen in eine erfolgsneutrale Tilgung der Leasingverbindlichkeit und einen erfolgswirksamen Zinsanteil wird sich auch die Zusammensetzung der Cashflows in der Kapitalflussrechnung ändern. Der Tilgungsanteil ist als Finanzierungstätigkeit einzuordnen, während der Zinsanteil in Übereinstimmung mit den übrigen gezahlten Zinsen des Unternehmens auszuweisen sind. Insgesamt ergibt sich durch die Änderung der Leasingbilanzierung keine Auswirkung auf den Gesamtbetrag der Cashflows.
 
Nach Ansicht des IASB werden die neuen Vorschriften die Fremdkapitalkosten der Unternehmen nicht wesentlich beeinflussen, da Kreditgeber und Ratingagenturen bereits heute potenzielle Effekte von off-balance-sheet Geschäften in ihren Kalkülen berücksichtigen. Vielmehr werden etwaige Änderungen der Fremdkapitalkosten in den meisten Fällen auf einer präziseren Bemessung des Risikos infolge des verbesserten Aussagegehalts des IFRS-Abschlusses beruhen.
 
Die Auswirkungen auf existierende Covenants-Vereinbarungen in bestehenden Darlehensverträgen werden vom IASB ebenfalls als gering bewertet. Einerseits räumt das Board zwar ein, dass in Fällen, in denen Covenants-Größen direkt an die Zahlen der IFRS-Bilanz bzw. -GuV geknüpft sind, negative Auswirkungen auf die Covenants bis hin zum Covenants-Bruch möglich sind. Andererseits basieren jedoch nach Erfahrung des IASB die Mehrzahl der Covenants
  • auf individuell festgelegten Definitionen von Begriffen ( z.B. Schuld oder EBITDA),
  • auf den Bilanzierungsvorschriften bei Abschluss des Vertragsverhältnisses oder
  • gegenwärtig bereits auf einer Adjustierung der IFRS-Abschlusszahlen um off-balance-sheet Geschäfte.
 
Damit haben die Änderungen der Leasingbilanzierung nach Ansicht des IASB in diesen Fällen keine Auswirkungen. Im Interesse der bilanzierenden Unternehmen bleibt zu hoffen, dass sich diese Erwartungen des IASB erfüllen werden.
 

IV. Fazit

Die zukünftige Leasingbilanzierung wird zu einem Paradigmenwechsel beim Leasingnehmer führen. Eine Klassifizierung von Leasing-Vereinbarungen anhand von stark ermessensbehafteten Kriterien, die für den Bilanzleser kaum im Detail nachvollziehbar sind, wird es zukünftig nicht mehr geben. Nur in Ausnahmefällen wird die Möglichkeit einer bilanzneutralen Abbildung beim Leasingnehmer bestehen. Während die Jahresabschlussadressaten von einer steigenden Transparenz der Informationen profitieren und eine Anpassung der Abschlusszahlen um off-balance-sheet Geschäfte künftig entfällt, stellen sich für die Anwender, insbesondere Leasingnehmer, neue Herausforderungen. Zwar sind sowohl beim Übergang als auch in der laufenden Anwendung Erleichterungsmöglichkeiten geplant, doch stehen vor allem Unternehmen mit einer hohen Anzahl von Leasingverträgen vor dem Problem der praktischen Umsetzung. Obwohl der Zeitpunkt eines Endorsement noch immer in ferner Zukunft liegt, sollten Unternehmen die potenziellen Auswirkungen der neuen Vorschriften und deren Folgen frühzeitig analysieren und auch die praktische Umsetzung planen. Zwar stuft das IASB die Auswirkungen teilweise als gering ein, jedoch sollte immer eine Einzelfallbetrachtung vorgenommen werden, um unliebsame Überraschungen zu vermeiden.

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