Folgen von Formmängeln bei Mietverträgen und Nachtragsurkunden

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veröffentlicht am  13.9.2022 | Lesedauer ca. 2 Minuten

KG Berlin, Urteil vom 13. Januar 2022, Az.: 8 U 205/19

Wird das Schriftformerfordernis einer Nachtragsurkunde nicht gewahrt, so gilt ein befristeter Mietvertrag auf unbestimmte Zeit. Dieser kann durch den Vermieter ordentlich gekündigt werden.


Der Kläger ist Vermieter von Gewerberäumen mit angeschlossener Werkstatt, die den beklagten Mietern zum Betrieb eines Autohauses dienten. Nachdem zunächst ein Mietvertrag mit fester Laufzeit vereinbart war, schlossen die Parteien zusätzlich eine Nachtragsvereinbarung über eine Verlängerung der Laufzeit mit anschließendem zweimaligen Optionsrecht für die Beklagten. Die Klägerseite kündigte das Mietverhältnis vor Ablauf der vereinbarten Mietzeit ordentlich mit dem Hinweis auf die Formunwirksamkeit des Nachtrags. Die Beklagten beriefen sich auf treuwidriges Handeln des Klägers. Der Hintergrund der mietrechtlichen Streitigkeit ist, dass nicht alle Mitmieter den Nachtrag unterzeichnet haben. Der Vermieter monierte, dass die Vertretung eines Mitmieters aus dem Nachtrag nicht hervorgehe, weswegen der Vertrag insgesamt gegen die gesetzlich vorgeschrieben Form verstoße.


Das Kammergericht Berlin bestätigte nun die Rechtswirksamkeit der Kündigung in seinem Urteil. Zwar ist es grundsätzlich zulässig, eine Vertretung der Mitmieter durch die Einzelunterschrift eines Mieters vorzunehmen, jedoch müsste die Vertretung zweifelsfrei aus der Urkunde hervorgehen. Bezieht sich der Vertretungshinweis im Rubrum einer Urkunde jedoch nur auf einen der Mieter und nicht auch eindeutig auf den weiteren Mitmieter, so wird die Vertretung des weiteren Mitmieters hieraus nicht hinreichend deutlich. Auch ein zweiter Nachtrag, der an demselben Formmangel leidet, kann den ursprünglichen Mangel des ersten Nachtrags nicht heilen.


Das KG geht davon aus, dass der Mitmieter, der selbst nicht formgerecht in den Mietvertrag einbezogen wurde, nach den Grundsätzen der sog. Anscheinsvollmacht durch die in den Nachträgen genannte Vertreterin vertreten wurde. Im vorliegenden Fall ist Indiz hierfür, dass die durch den Nachtrag erhöhte Miete jahrelang durch die Mieter entrichtet wurde.


Obwohl der Vermieter somit scheinbar von der Wirksamkeit des Nachtrags auch in Bezug auf den zweiten Mieter ausgegangen ist, rügte er nachträglich den Formmangel. Wird die beim Vertragsschluss erforderliche Schriftform nicht eingehalten, so gilt der Mietvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen und ist er innerhalb der ordentlichen Kündigungsfrist kündbar. Es besteht dabei grundsätzlich die Möglichkeit, dass eine Kündigung gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt und mithin unzulässig ist. So z.B., wenn eine existenzgefährdende Notlage des Mieters vorliegt. Hieran sind jedoch strenge Anforderungen zu stellen. Insbesondere müssten die Behauptungen des Beklagten, er befinde sich in einer existenzgefährdenden Notlage, durch eine entsprechende Beweisaufnahme hinreichend untermauert werden.

 

Fazit:

Nicht selten ist es der Fall, dass sich eine Vertragspartei nachträglich auf den weitreichenden Verstoß gegen Formvorschriften beruft, wenn auch, um sich eines unliebsam gewordenen Vertragspartners zu entledigen bzw. sich von einem Vertrag zu befreien.

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