Eigentümergemeinschaften weiterhin prozessführungsbefugt

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veröffentlicht am  22.11.2022 | Lesedauer ca. 2 Minuten

BGH, Urteil vom 11. November 2022, Az.: V ZR 213/21

Gemeinschaften von Wohnungseigentümern können auch nach der entsprechenden Gesetzesreform bei Mängeln weiterhin vor Gericht ziehen.

 
Das beklagte Immobilienunternehmen war Eigentümerin eines Grundstücks in München. 2012 teilte sie das Grundstück mit dem bestehenden Gebäude in Wohnungseigentum auf und begann mit dem Verkauf der Einheiten. Für den zunächst beabsichtigten Bau einer Tiefgarage ließ sie im Frühjahr 2013 die Böden des Innenhofs und der Außenflächen der Anlage untersuchen. Hierbei wurde eine Kiesgrube aufgefunden, deren Böden, wie Untersuchungen zeigten, mit Schadstoffen belastet waren. Die zuständige Behörde erteilte eine Altlastenauskunft, in der der gesamte Innenhof als Altlastenverdachtsfläche verzeichnet wurde. Diese Altlastenauskunft legte die Beklagte in den Kaufverträgen offen. Die Wohnungseigentümergemeinschaft begehrt die Feststellung des Bestehens von Mängelansprüchen wegen der Altlasten im Innenhof und im südlichen Außenbereich, hilfsweise die Verpflichtung zur Sanierung. Nachdem das LG München I dem Hauptantrag teilweise stattgegeben hatte, hatte das OLG München den Hauptantrag als unzulässig abgewiesen und gemäß dem Hilfsantrag die Beklagte zur Beseitigung der vorhandenen Altlasten durch Sanierung des Innenhofs und des südlichen Außenbereichs verurteilt. Dagegen legte die Beklagte Revision ein.

  
In Bezug auf die Prozessführungsbefugnis der Klägerin führt der BGH aus, dass die Regelung zur „Vergemeinschaftung durch Mehrheitsbeschluss” nach bisherigem Recht, auf deren Grundlage die Eigentümergemeinschaft ihre Beschlüsse gefasst habe, infolge der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) während des Berufungsverfahrens ersatzlos entfallen sei. Nun regele § 9a Abs. 2 WEG, der ab dem 1. Dezember 2020 gelte, nur noch die sogenannte „geborene Ausübungsbefugnis”. Allerdings könnten Ansprüche aus Erwerbsverträgen, die die Mängelbeseitigung betreffen, weiterhin durch Mehrheitsbeschluss „vergemeinschaftet” werden, sodass die Prozessführungsbefugnis der Klägerin fortbestehe. Die Beschlusskompetenz der Eigentümergemeinschaft ergebe sich dabei unverändert aufgrund der Verwaltungsbefugnis für das gemeinschaftliche Eigentum, sowie der in § 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG geregelten Pflicht zu dessen Erhaltung. Hierfür spreche auch die Gesetzesbegründung, der zufolge die bisherige BGH-Rechtsprechung zum Bauträgerrecht, nach der eine Vergemeinschaftung von werkvertraglichen Erfüllungs- und Nacherfüllungsansprüchen möglich war, fortgelten soll. Entsprechendes müsse für die Vergemeinschaftung von kaufrechtlichen Erfüllungs- und Nacherfüllungsansprüchen gelten. Nur diese Sichtweise trage der nach der Reform unveränderten Interessenlage der Wohnungseigentümer hinreichend Rechnung. Engere Sichtweisen seien abzulehnen. Der Hilfsantrag habe jedoch keinen Erfolg, da die hierbei von dem Verkäufer geforderte Nachbesserung zunächst nur die Ausräumung des Verdachts durch Aufklärungsmaßnahmen umfasse; dies rechtfertige jedoch noch keine Sanierung des Grundstücks. Dementsprechend müsse nun das OLG erneut verhandeln, um die offenen Fragen zu klären.

  

Fazit:

Im Grunde bleibt es bei der bisherigen, flexiblen Praxis. Ansprüche aus den Erwerbsverträgen, die die Mängelbeseitigung betreffen, können weiterhin durch Mehrheitsbeschluss vergemeinschaftet werden. Die Beschlusskompetenz der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ergebe sich unverändert aus der Verwaltungsbefugnis für das gemeinschaftliche Eigentum sowie der im WEG geregelten Pflicht zu dessen Erhaltung.

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