Keine Vormerkung ohne wirksamen Kaufvertrag

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veröffentlicht am  06.06.2023 | Lesedauer ca. 2 Minuten

BGH, Urteil vom 17. Februar 2023, Az.: V ZR 22/22

Die rechtskräftige Feststellung der Nichtigkeit eines Grundstückskaufvertrages betrifft auch eine damit verbundene Auflassungsvormerkung.


Die Parteien schlossen einen aufschiebend bedingten Kaufvertrag über das Grundstück des Klägers. Zu dessen Absicherung wurde zugunsten des Beklagten eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen. Bei einem Treffen bereits vor Vertragsschluss zahlte der Beklagte dem Kläger EUR 50.000 in bar für ein angebliches Darlehen. Unter der Behauptung, der Beklagte habe sein Optionsrecht nicht ausgeübt, verlangte der Kläger später Bewilligung der Löschung der Vormerkung. Dies wurde im ersten Vorprozess in Hinblick auf den noch bestehenden Kaufvertrag abgewiesen. Im zweiten Vorprozess wurde der Kläger zur Rückzahlung des Darlehens verurteilt. Das Landgericht hatte der sodann begehrten Feststellung der Nichtigkeit des Kaufvertrages aufgrund der sich als „Schwarzgeldabrede“ herausstellen-den Vereinbarung über EUR 50.000 stattgegeben. Die Löschungsbewilligung wurde mit der Begründung zurückgewiesen, dass der erneuten Entscheidung das rechtskräftige Urteil des ersten Vorprozesses entgegenstehe.


Eine diesbezügliche Revision vor dem BGH hatte jedoch Erfolg. Materielle Rechtskraft im Zivilprozess bedeutet grundsätzlich, dass der Inhalt eines rechtskräftig ergangenen Urteils für spätere Prozesse verbindlich ist. Widersprechende Entscheidungen, die denselben Streitgegenstand betreffen, sind daher unzulässig. Im vorliegenden Fall treffe es zwar zu, dass das Löschungsbegehren gestützt auf den Nichteintritt der Bedingung im ersten Vorprozess abschließend abgelehnt wurde. Bei natürlicher Betrachtungsweise beruhe die Nichtigkeit des Kaufvertrages aus diesem Grund und die später vorgebrachte Nichtigkeit wegen Schwarzgeldabrede auch auf einem einheitlichen Lebenssachverhalt. Dem Grunde nach sei die erneute Klage angesichts desselben Streitgegenstands unzulässig. Allerdings stehe ein rechtskräftiges Urteil einer erneuten Entscheidung dann nicht entgegen, wenn sich derjenige Sachverhalt der Entscheidung nachträglich geändert habe, der für die im früheren Urteil ausgesprochene Rechtsfolge maßgeblich war. Die Annahme solch veränderter Tatsachen käme hier gerade aufgrund der Akzessorietät der Vormerkung in Betracht.


Die Vormerkung (§ 883 BGB) dient der Sicherung schuldrechtlicher Ansprüche auf dingliche Rechtsänderung an Immobiliarrechten. Der Erwerber eines Immobiliarrechts wie etwa dem Grundstückseigentum wird nämlich erst mit Einigung und anschließender Eintragung in das Grundbuch und nicht bereits durch schuldrechtlichen Vertrag zum Rechtsinhaber. Dies macht seinen Schutz vor Zwischenverfügungen an Dritte erforderlich, welcher durch eine Auflassungsvormerkung gewährleistet werden kann, die die relative Unwirksamkeit beeinträchtigender Verfügungen bewirkt. Die Vormerkung dient also der Durchsetzung gesicherter Ansprüche, hat aber darüber hinaus gerade keinen Bestand. Diese strenge Akzessorietät führt dazu, dass mit Nichtigkeit der vertraglichen Abrede auch die Vormerkung gegenstandslos ist. Nach Ausführungen des BGH folge hieraus, dass die rechtskräftige Feststellung über die Nichtigkeit eines Kaufvertrages präjudizielle Bedeutung für den Löschungsanspruch habe. Denn mit dieser Feststellung sei die eingetragene Vormerkung nur noch eine „leere Hülle“ und damit aus dem Grundbuch zu löschen, was wiederum nachträglich die Tatsachengrundlage des Vorprozessurteils ändere. Es sei prozessökonomisch sinnlos, erst die Klage auf Feststellung der Nichtigkeit zu fordern, um letztendlich eine Löschungsbewilligung durchsetzen zu können, nachdem diese ohnehin mit Ersterem einherginge.

 

Fazit:

Die Vormerkung gehört aufgrund ihrer sichernden Wirkung oftmals zum Standardprogramm bei Grundstückskaufverträgen. Die Trennung von schuldrechtlichem Vertrag und dinglicher Ebene, auf der sich die tatsächliche Rechtsinhaberschaft vollzieht, machen ihren Schutz geradezu erforderlich. Sie soll der Durchsetzung der zu sichernden Forderung dienen, jedoch darüber hinaus keine zusätzlichen Rechte begründen. Scheitert der zugrundeliegende Kaufvertrag, ist aufgrund der strengen Akzessorietät auch die Vormerkung gegenstandslos und daher aus dem Grundbuch zu streichen. Dem steht auch ein zuvor ergangenes Urteil nicht entgegen, da der Vormerkung durch die Feststellung der Nichtigkeit des Kaufvertrages die Grundlage ihres Bestandes entzogen wurde.

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