Grenzenlose Auskunft bei Mietpreisbremse?

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veröffentlicht am  01.08.2023 | Lesedauer ca. 2 Minuten

BGH, Urteil vom 12. Juli 2023, Az.: VIII ZR 125/22

Der Auskunftsanspruch des Mieters im Zusammenhang mit der Mietpreisbremse verjährt selbstständig ab Geltendmachung.


In vier Verfahren machte die klagende Rechtsdienstleistungsgesellschaft Ansprüche von Mietern wegen Verstoßes gegen die Vorschriften der §§ 556d ff. BGB zur Mietpreisbremse geltend. Sie verlangte Auskunft über die für die Berechnung der zulässigen Miethöhe maßgeblichen Umstände, Rückzahlung zu viel gezahlter Miete sowie Zahlung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten. Nach Auffassung der Beklagten seien die betreffenden Auskunftsansprüche bereits verjährt. Dies wurde in drei Verfahren durch die jeweiligen Berufungsgerichte abgelehnt. Nach deren Begründung könne der Auskunftsanspruch gem. § 556g Abs. 3 BGB – wie auch der allgemeine Auskunftsanspruch – als Hilfsanspruch nicht vor dem Rückzahlungsanspruch überzahlter Miete verjähren. Im Gegensatz dazu hatte das Berufungsgericht im vierten Verfahren die Verjährung durch Ablauf der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren ab Mietvertragsabschluss bejaht.


Der Auskunftsanspruch gem. § 556g Abs. 3 BGB verjährt nach Ansicht des Bundesgerichtshofs selbstständig und unabhängig von dem entsprechenden Rückzahlungsanspruch innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren. Dabei beginnt die Verjährungsfrist aber nicht – wie die Vorinstanz gemeint hat - mit Abschluss des Mietvertrags, d.h. mit Entstehung des Auskunftsanspruchs, sondern erst mit tatsächlichem Auskunftsverlangen des Mieters. Demzufolge kann der Auskunftsanspruch auch vor dem Rückzahlungsanspruch verjähren.


Der Auskunftsanspruch dient dazu, dem Mieter diejenigen Informationen zu verschaffen, die zur Überprüfung der zulässigen Miethöhe erforderlich sind. Art und Umfang orientieren sich dabei an den berechtigten Interessen beider Parteien. Der Unterschied zu dem allgemeinen Auskunftsanspruch aus Treu und Glauben besteht darin, dass der Mieter nicht erst auf Grundlage der durch Auskunft erlangten Informationen die Durchsetzung seines Zahlungsanspruchs gegen den Vermieter erreichen kann. Der Mieter hat in einem Rückforderungsprozess neben einer ordnungsgemäßen Rüge das Überschreiten der ortsüblichen Vergleichsmiete um mehr als 10 % bei Mietbeginn darzulegen und zu beweisen. Hierfür benötigt er die Auskunft des Vermieters in der Regel nicht, welche lediglich nicht allgemein zugängliche preisbildende Faktoren, vor allem aber die vom Vermieter in einem Rückzahlungsprozess darzulegenden und gegebenenfalls zu beweisenden, eine höhere Miete erlaubenden Ausnahmetatbestände umfasst.
Ferner beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist nicht bereits mit der Entstehung des Auskunftsanspruches bei Vertragsschluss. Es handelt sich hierbei um einen sog. verhaltenen Anspruch, bei dem der Mieter die Leistung jederzeit verlangen kann, der Vermieter die Leistung jedoch nicht von sich aus erbringen muss. Hierfür spricht sowohl der Wortlaut als auch Sinn und Zweck der Vorschrift, welcher im Ausgleich des durch die strukturelle Unterlegenheit auf angespannten Wohnungsmärkten bedingtes Informationsdefizits des Mieters auszugleichen, und die bei verhaltenen Ansprüchen als unbillig empfundenen Gefahr einer Anspruchsverjährung infolge des zeitlichen Auseinanderfallens von Entstehung und Geltendmachung des Anspruchs.


Eine Verjährung des Auskunftsanspruches war im Ergebnis demnach abzulehnen.

 

Fazit:

Die Vorschriften zur Mietpreisbremse dienen dem Schutz der Mieter, der gerade im Rahmen eines als besonders angespannt eingestuften Wohnungsmarkts erforderlich ist. Werden die festgelegten Grenzen bezüglich der Miethöhe überschritten, kann der Miete den zu viel gezahlten Betrag zurückverlangen. Um insgesamt eine faire Abwicklung des Mietverhältnisses zu gewährleisten, bestehen Auskunftspflichten, die je nach erstrebtem Sinn und Zweck unaufgefordert oder auf Verlangen des Mieters zu erfüllen sind. Auch wenn Vermieter seit Verschärfung der Auskunftspflichten im Jahr 2019 unaufgefordert vor Abschluss des Mietvertrages Auskunft erteilen müssen, ist das davon unabhängige Recht auf Auskunft weiterhin bedeutsam, da dieses weiter geht als die vorvertragliche Auskunftspflicht.

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