Erbbaurechtlicher Heimfallanspruch wegen nicht fristgerechter Fertigstellung

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​veröffentlicht am 23.4.2024 | Lesedauer ca. 2 Minuten

BGH, Urteil vom 19. Januar 2024, Az.: V ZR 191/22 

Der Ausschluss einer Vergütung für das Erbbaurecht beim Heimfall verstößt für sich genommen nicht gegen das Gebot angemessener Vertragsgestaltung. 

Die Klägerin ist eine Stadt in Baden-Württemberg, der Beklagte ein gemeinnütziger Verein. Am 26. November 2014 schloss die Klägerin mit dem Beklagten einen Erbbaurechtsvertrag mit einer Laufzeit von 60 Jahren und einer Verlängerungsoption um weitere 30 Jahre. Der Beklagte verpflichtete sich dazu, auf dem Grundstück der Klägerin eine Moschee und ein Kulturhaus errichten und den ersten Bauabschnitt innerhalb von vier Jahren ab dem 1. Juli 2017 fertigzustellen. Sollte ihm die fristgerechte Fertigstellung nicht gelingen, hätte die Klägerin ein Recht auf Rückübertragung des Erbbaurechts (Heimfall). Die dem Verein im Falle des Heimfalls grundsätzlich zustehende Vergütung (Heimfallvergütung) wurde vertraglich ausgeschlossen. Im Juli 2018 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass er den ersten Bauabschnitt nicht innerhalb der von ihnen gesetzten Frist fertigstellen könne. Nachdem der erste Bauabschnitt bis Ende Oktober 2018 nicht fertiggestellt war, machte die Klägerin im Dezember 2018 ihren Heimfallanspruch geltend. Die Klägerin verlangt vom Beklagten die Rückübertragung des Erbbaurechts. Der beklagte Verein hielt das vertraglich vereinbarte Rückforderungsrecht für unwirksam.

Indem der Beklagte den ersten Bauabschnitt nicht innerhalb der vereinbarten Frist fertiggestellt hat und somit gegen seine vertraglich geregelte Bauverpflichtung verstoßen hat, steht der Klägerin nach dem Bundesgerichtshof ein Heimfallanspruch bezüglich der Übertragung des Erbbaurechts zu. Die Vereinbarung der Bebauungspflicht und der Ausschluss der Heimfallvergütung seien nicht zu beanstanden. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs verlangt das Gebot angemessener Vertragsgestaltung, dass bei wirtschaftlicher Betrachtung die Gegenleistung nicht außer Verhältnis zu der Bedeutung und dem Wert der von der Behörde zu erbringenden Leistung steht. Gemessen an diesem Maßstab ist die Vereinbarung über die Bebauungspflicht und der Ausschluss der Heimfallvergütung unter Berücksichtigung der Gesamtumstände nicht unangemessen. Die Vereinbarung über die Bebauungspflicht ist gesetzlich vorgesehen und daher ohne weiteres möglich. Ebenfalls ist der Ausschluss der Vergütung im Falle des Heimfalls im konkreten Fall wirksam. Unzulässig ist der Ausschluss der Heimfallvergütung nach der gesetzlichen Regelung nur, wenn das Erbbaurecht zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses minderbemittelter Bevölkerungskreise bestellt ist. Jedoch ist auch in diesem Fall eine Herabsetzung der Vergütung auf zwei Drittel des gemeinen Wertes des Erbbaurechts zur Zeit der Übertragung zulässig. Diese gesetzliche Wertung zeigt, dass es in anderen Fällen grundsätzlich möglich ist, die Heimfallvergütung auszuschließen. Dies erscheint auch im konkreten Fall sachgerecht, da der Heimfall nur dann Eintritt, wenn der Erbbauberechtigte gegen seine vertraglichen Pflichten verstößt. Der beklagte Verein hatte es daher selbst in der Hand, den Eintritt des Heimfalls zu verhindern.

Fazit:

Verstößt eine Partei gegen den Vertrag, so kann die andere Partei seinen Heimfallanspruch geltend machen. Soweit das Erbbaurecht nicht zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses minderbemittelter Bevölkerungskreise bestellt ist, ist ein individual-vertraglicher Ausschluss grundsätzlich möglich. 



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