Erfolgreich investieren in Österreich

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​​​​​​​zuletzt aktualisiert am 23. Juli 2025 | Lesedauer ca. 4 Minuten


      

   

​​​Wie schätzen Sie die derzeitige wirtschaftliche Lage in Österreich ein?

Österreich steckt im dritten Rezessionsjahr und befindet sich damit inzwischen in der längsten Rezession der Zweiten Republik. Mit einer Verringerung des BIP um 1,2 Prozent im Jahr 2024 verzeichnete Österreich den kräftigsten Rückgang der Wirtschaftsleistung unter allen EU-Ländern. Hauptverantwortlich für diesen Rückgang waren die Industrie und der Bereich Handel, Verkehr, Beherbergung und Gastronomie. Insbesondere die anhaltend schwache Industriekonjunktur im Euro-Raum ließ die heimische Industrie schrumpfen. Zudem wird die Industrie durch hohe Energiepreise und hohe Lohnstückkosten belastet. Nach drei Jahren des Rückgangs befindet sich die Bauwirtschaft in einer Phase der Stabilisierung. Aufwärtschancen für die österreichische Wirtschaft stellen die sich abzeichnenden Rüstungsprogramme sowie die sich ankündigende expansive deutsche Fiskalpolitik dar. Mit entsprechenden Auswirkungen wird jedoch erst im nächsten Jahr gerechnet. Im Jahresdurchschnitt wird die österreichische Wirtschaft daher auch 2025 schrumpfen. Zu Jahresbeginn 2025 ist die Inflationsrate wieder auf über 3 Prozent gestiegen, nachdem fiskalpolitische Ausgleichsmaßnahmen im Energiebereich ausgelaufen sind. Für das Jahr 2025 wird eine Inflationsrate zwischen 2,6 und 2,9 Prozent erwartet. Trotz der derzeit mäßigen wirtschaftlichen Entwicklung erweist sich der Arbeitsmarkt als stabil. Dies ist auch auf einen Beschäftigungsaufbau im öffentlichen Sektor zurückzuführen. Des Weiteren sieht sich Österreich mit einem unerwartet hohen Budgetdefizit konfrontiert, durch das die neu angetretene Regierung zu Sparanstrengungen gezwungen ist. Diese dürften einen negativen Effekt auf die binnenwirtschaftliche Aktivität und die Beschäftigung haben. 
  

Wie würden Sie das Investitionsklima in Österreich beschreiben? Welche Branchen bergen großes Potenzial?

Im Jahr 2024 drückten die geringe Dynamik der europäischen Wirtschaft, die hohen Energiepreise, die Lohnsteigerungen und die hohen Finanzierungskosten auf die Investitionstätigkeit. Aufgrund der anhaltenden Lockerung der Geldpolitik und des tendenziellen Rückgangs der Inflation wird sich das Investitionsklima ab Mitte 2025 jedoch verbessern. Die neue Regierung hat sich auf die Fahne geschrieben die Baukonjunktur zu stärken. Der Fokus soll dabei auf die Schaffung von leistbarem Wohnraum liegen. Um die Baukonjunktur zu stärken hat sich die Regierung auf ein Maßnahmenbündel verständigt, das unter anderem Vereinfachungen und Beschleunigung im Bauverfahren vorsieht. Zudem hofft die österreichische Industrie von der durch die geänderte geopolitische Lage ausgelösten Aufrüstung zu profitieren. 
  

Welchen Herausforderungen steht ein deutscher Unternehmer beim Engagement in Österreich gegenüber?

Deutsche Unternehmer sehen sich bei einem Engagement in Österreich i.d.R. mit keinen außergewöhnlichen Herausforderungen konfrontiert. Selbstverständlich gibt es Unterschiede, doch die sind eher von unter¬geordneter Bedeutung und spielen meist nur eine geringe Rolle. Aufgrund der gemeinsamen Sprache sowie der geographischen Nähe sind viele Abläufe ähnlich – auch im Steuerrecht. Das Steuer-, Gesellschafts- und Handelsrecht stimmt systematisch in großen Teilen mit dem deutschen überein, sodass keine großen Überraschungen zu erwarten sind.

Sichere und stabile wirtschaftliche Bedingungen in Österreich machen ein Engagement für deutsche Unter¬nehmen überschau- und planbar. Negative Überraschungen sind jedoch immer wieder im Bereich des Gewerberechts und der Betriebsanlagengenehmigung festzustellen. Im Großen und Ganzen sollten sich deutsche Unternehmer in Österreich aber relativ schnell zurechtfinden und auf keine nennenswerten Probleme stoßen. Es ist jedoch zu empfehlen sich beim Markteintritt steuerlich und rechtlich beraten zu lassen, um unnötige Stolpersteine zu vermeiden.  

Warum sollten sich Unternehmen für einen Markteintritt/-verbleib in Österreich entscheiden?

Österreich bietet attraktive Rahmenbedingungen für ausländische Unternehmen. Als eines der reichsten Länder der EU verfügen österreichische Konsumenten über eine überdurchschnittliche Kaufkraft. 

Die Infrastruktur ist hoch entwickelt und die Verwaltung modern und effizient. Zudem ist die Lebensqualität in Österreich sehr hoch. Wien wird in diversen Rankings regelmäßig zu den lebenswertesten Städten der Welt gezählt. Dazu trägt sicherlich auch die hohe persönliche Sicherheit bei. Die Versorgungssicherheit mit elektrischer Energie hat in Österreich höchste Priorität, daher nimmt Österreich im Vergleich mit anderen europäischen Ländern in dieser Beziehung eine Spitzenposition ein. 

Des Weiteren ist Österreich politisch sehr stabil und verfügt über ein verlässliches Rechtssystem. Die Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern sind traditionell sehr gut, was eine sehr geringe Anzahl an Streiktagen zur Folge hat. Österreich verfügt über eine große Anzahl an hochqualifizierten Arbeitskräften, was sich in einer hohen Arbeitsproduktivität niederschlägt. Mit dafür verantwortlich ist das in Österreich praktizierte duale Ausbildungssystem, welches Theorie und Praxis verbindet und zu einer optimalen Verknüpfung zwischen Wirtschaft und Bildung führt. 

Ein weiterer Vorteil von Österreich ist seine zentrale Lage in Europa. Wien ist führendes Drehkreuz im Flugverkehr und in der Logistik nach Mittel- und Osteuropa. Daher bietet Österreich einen hervorragenden Zugang zu den mittel- und osteuropäischen Märkten. 

Nicht zuletzt ist Österreich aufgrund der attraktiven Gruppenbesteuerung und eines dichten Netzes an Doppelbesteuerungsabkommen auch steuerlich wettbewerbsfähig. 

Wie wird sich aus Ihrer Sicht Österreich weiterentwickeln?

Laut den Vorhersagen verschiedener Wirtschaftsforschungsinstitute wird die heimische Wirtschaft im Jahr 2026 wieder Fahrt aufnehmen und zwischen 1,1 Prozent und 1,2 Prozent wachsen. Auch die Inflation sollte ab 2026 wieder deutlich unter 3 Prozent liegen. Die Hauptunsicherheitsfaktoren für die weitere wirtschaftliche Entwicklung sind die internationale Konjunktur, die angekündigten expansiven Maßnahmen im militärischen Bereich, die weitere Entwicklung hinsichtlich des Ukraine-Kriegs und die Auswirkungen der fiskalischen Einsparungen. 

Der demographisch getriebene Arbeitskräftemangel stellt eine Herausforderung dar. Es wird daher langfristig von entscheidender Bedeutung sein, ob genügend Fachkräfte zur Deckung des Bedarfs ausgebildet oder ins Land geholt werden können. Hier muss Österreich eine Strategie entwickeln, um für qualifizierte Zuwanderer noch attraktiver zu werden. Es wird erwartet, dass in den kommenden Jahren produktivitätserhöhenden Themen wie Bildung, Digitalisierung und Forschung ein höherer Stellenwert eingeräumt wird. Zudem wird die Ermöglichung der Energiewende Österreich vor große Herausforderungen stellen aber auch Chancen ermöglichen. 

Kontakt

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Prof. Dr. Christian Rödl, LL.M. (Columbia University, New York)

Rechtsanwalt, Steuerberater

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