Erfolgreich investieren in der Slowakei

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zuletzt aktualisiert am 31. August 2022 | Lesedauer ca. 4 Minuten

  

 

 

​​Wie schät­zen Sie die der­zei­ti­ge wirt­schaft­li­che La­ge in der Slo­wa­kei ein?

Trotz der anhaltenden Unsicherheit im Zusammenhang mit den neuen globalen Herausforderungen dürfte die slowakische Wirtschaft wachsen. Die Wirtschaft erholt sich in diesem Jahr allmählich von der Coronavirus-Pan­demie, aber die Invasion Russlands in die Ukraine wird die Erholung teilweise verlangsamen. Dennoch könnte das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr um 2,1 Prozent wachsen. Steigende Energiepreise werden sich in steigenden Preisen für Konsumgüter und Dienstleistungen niederschlagen, was den Konsum der Haushalte einschränken wird. Das BIP wird im nächsten Jahr (2023) um 5,3 Prozent wachsen, gestützt durch die Erholung nach Beendigung des Konflikts und die Inanspruchnahme von EU-Mitteln.
 
In der Slowakei ist ebenfalls eine Verschlechterung der Stimmung in der Industrie zu beobachten, die auf eine Verknappung von Teilen und eine Dämpfung des Nachfrageüberhangs nach Gütern sowie auf einen steigenden Inflationsdruck zurückzuführen ist. Der Krieg stellt eine weitere Herausforderung dar. Die durch den Krieg ver­ursachten wirtschaftlichen Schocks werden die Schaffung von Arbeitsplätzen schwächen, aber die Beschäf­tigung wird dennoch wachsen. Die Beschäftigung wird erst ab dem zweiten Quartal 2023 wieder stärker wach­sen, unterstützt durch Investitionen aus dem Konjunkturprogramm und die Inanspruchnahme von EU-Mitteln.


Wie würden Sie das Investitionsklima in der Slowakei beschreiben? Welche Branchen bergen großes Potenzial?

Die Slowakei ist in den letzten Jahren zu einem der beliebtesten Ziele in der Region geworden. Hunderte von prominenten Investoren (auch aus Deutschland) haben die Slowakei als geeigneten Standort v.a. für die Auto­mobilindustrie ausgewählt. Die Standortfaktoren sind in der Slowakei unverändert gut geblieben.
 
Als Hauptfaktoren, die sie in die Slowakei locken, nennen die Investoren:
  • stabiles Investitionsumfeld;
  • günstige geografische Lage;
  • dynamisches Wirtschaftswachstum;
  • der Euro als offizielle Währung;
  • kontinuierlicher Ausbau der Infrastruktur;
  • hohe Qualität der Arbeitskräfte;
  • hohe Produktivität.
 
Wir erwarten, dass sich die oben genannten Voraussetzungen auch nach dem Ende der Covid-19-Krise/Krieg nicht ändern werden. Im Gegenteil: Es ist zu erwarten, dass der Staat entsprechende Maßnahmen zur Wie­der­belebung der Wirtschaft ergreifen wird, was das Investitionsumfeld in der Zukunft positiv beeinflussen kann.
 
Zu den Industriezweigen, die sich schon seit Langem am dynamischsten entwickeln, gehören der Maschinen­bau, die Elektroindustrie und natürlich die Automobilindustrie. Die Aufnahme der Produktion von Jaguar Land Rover und Volvo wird die Dominanz der Branche in der Slowakei noch mehr verstärken.
 
Die wachsende Wettbewerbsfähigkeit der slowakischen Wirtschaft spiegelt sich auch in dem langfristigen Anstieg im Global Competitiveness Ranking (World Economic Forum) wider. Der Anstieg in der Rangliste ist das Ergebnis einer langfristigen und systematischen Umsetzung von Maßnahmen zugunsten von Unternehmern. Beispiele für solche Maßnahmen sind die regelmäßigen Anti-Bürokratie-Pakete.


Welchen Herausforderungen steht ein deutscher Unternehmer beim Engagement in der Slowakei gegenüber?

Die allgemeine politische Lage ist in der Slowakei als stabil anzusehen. Nach Angaben der Credit Insurance Group Credendo ist die Slowakei eines der sichersten und politisch stabilsten Länder in Europa. Das geringste Risiko unter den EU-Ländern weist die Slowakei insbesondere in folgenden Kategorien auf: Risiko politischer Unruhen, Risiko staatlicher Eingriffe in Privateigentum, Währungs- und Transferrisiko.
 
Nach den letzten Parlamentswahlen im März 2020 ist eine neue Regierung mit starken Antikorruptions­maß­nah­men (einschließlich von Verbesserungen im Justizsystem) ins Amt gekommen. Das sollte zusammengenommen die Slowakei noch stabiler und zu einem gefragten Ort für Geschäfte machen.
 
Bereits vor der Aufnahme der Geschäftstätigkeit in der Slowakei sollte berücksichtigt werden, dass sich die slowakische Gesetzgebung in einigen Bereichen vom deutschen System teilweise unterscheidet (z.B. Arbeits­recht). Darüber hinaus wurden in der Slowakei relativ häufige Änderungen der steuerlichen und rechtlichen Vorschriften beobachtet (im Vergleich zu Deutschland).
 
Die seit Jahren sehr niedrige Arbeitslosenquote, stellt in der Slowakei eine der größten Herausforderungen überhaupt dar. Darüber hinaus hat der jahrelange Kampf der Arbeitgeber um qualifizierte Arbeitskräfte teil­weise zu einem Anstieg der Lohnkosten geführt. Während der Pandemie hat der Druck auf die Lohnkosten etwas nachgelassen, nimmt aber jetzt wieder zu, vor allem wegen der steigenden Inflation.

 

Welche Bedeutung hat Deutschland für die Slowakei?

Deutsche Gesellschaften gehören zu den größten Arbeitgebern in der Slowakei und sind deshalb wichtige Akteure auf dem slowakischen Markt. Ihre genaue Zahl ist jedoch schwer zu bestimmen, da viele Unternehmen im Besitz von Tochtergesellschaften sind, die in anderen Ländern registriert sind. Es wird geschätzt, dass etwa 2.400 Firmen mit direkter oder indirekter Beteiligung deutschen Kapitals auf dem slowakischen Markt tätig sind.
 
Das stärkste Land der Eurozone ist auch der wichtigste Geschäftspartner der Slowakei. Im Jahr 2021 entfielen auf Deutschland rund 22 Prozent der gesamten Exporte des Landes. Die Slowakei erwirtschaftet schon seit einigen Jahren einen Handelsüberschuss mit Deutschland.


Wie wird sich aus Ihrer Sicht die Slowakei weiterentwickeln?

Die weitere Entwicklung der Wirtschaft hängt in hohem Maße von der weiteren Entwicklung der durch das Coronavirus und den Krieg verursachten weltweiten Krise ab. Abgesehen von den derzeitigen Unwägbarkeiten dürfte die Slowakei weiterhin an der Spitze der beliebtesten europäischen Länder Mittel- und Osteuropas als Investitionsstandort stehen. Nicht zuletzt liegt es auch an der Fähigkeit, schnell und flexibel auf bestehende Trends und Bedürfnisse im Markt zu reagieren. Es ist zu erwarten, dass sich das seit Jahren anhaltende Wirt­schaftswachstum fortsetzen wird, wenn auch wahrscheinlich nicht mit der gleichen Dynamik und im gleichen Umfang wie bisher. Die Aufrechterhaltung des Produktivitätswachstums – und damit die Grundlage für die wirtschaftliche Konvergenz der Slowakei – erfordert nachhaltige Strukturreformen und gezielte Investitionen in Infrastruktur, Forschung und Innovation. Die Verbesserung der Qualität und der Integration des Bildungs- und Ausbildungssystems, der Abbau regionaler Ungleichheiten und die Verbesserung der Qualität der öffentlichen Einrichtungen können der Slowakei helfen, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern, in der Wertschöpfungskette aufzusteigen und nachhaltiger zu werden. Außerdem wird erwartet, dass die Wirtschaft in den kommenden Jahren wieder an Dynamik gewinnt, was vor allem auf die Bereitstellung von EU-Mitteln zurückzuführen ist.

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JUDr. Maroš Tóth

Attorney at Law (Slowakei)

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