Erfolgreich investieren in der Ukraine

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zuletzt aktualisiert am 13. Juni 2022 | Lesedauer ca. 3 Minuten


 

 

Wie schätzen Sie die derzeitige wirtschaftliche Lage in der Ukraine ein?

Die Wirtschaft der Ukraine hat sich bis zum Ausbruch des Krieges sehr positiv entwickelt. Die Experten schätzten für das Jahr 2022 ein Wachstum um mehr als 3 Prozent. 
 
Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine hat das positive Wirtschaftswachstum selbstverständlich gestoppt. Nach Ausbruch des Krieges hat die Mehrheit der Unternehmen ihre Geschäfte eingestellt. Sehr viele Unternehmen wurden durch die Angriffe zerstört. Die Arbeitskräfte sind entweder geflüchtet oder ins Militär eingezogen worden. Die wichtigen Straßen, Brücken, Häfen und Flughäfen wurden zerstört.
 
Es kommen auch keine ausländischen Investoren mehr ins Land. Die Landeswährung Hrywna zeigt sich relativ robust und es ist nicht zu der befürchteten Total-Abwertung gekommen. Der Umtauschkurs hat sich seit Kriegsbeginn nicht wesentlich verändert. Die Lebensmittelpreise steigen von Tag zu Tag, aber es ist nicht zu Versorgungsengpässen gekommen. Die Inflationsrate ist sehr hoch und betrug im April 2022 fast 16 Prozent. Leider ist ein Ende der Inflation nicht absehbar. Die Preise werden daher bis Ende des Jahres weiter steigen. Das wirkt sich selbstverständlich auf die Kaufstimmung der Verbraucher aus. Die Kaufkraft der ukrainischen Bevölkerung ist deutlich eingebrochen. Es wird geschätzt, dass bis dato über 6 Millionen Ukrainer das Land verlassen haben. Sehr viele Unternehmer haben große Schwierigkeiten, die Gehälter in voller Höhe weiter zu zahlen. Es gibt fast keine neuen Arbeitsplätze.
 
Die Steuereinahmen der Staatskasse sind eingebrochen. Gleichzeitig belasten die sehr hohen Kriegskosten den Haushalt. Die Einnahmen sind im Februar und März bei den meisten Unternehmen eingebrochen.  
 
In diesem Zusammenhang ist es verständlich, dass für 2022 ein Einbruch des BIP zwischen 30 und 40 Prozent erwartet wird. Das sind selbstverständlich nur Schätzungen. Der genaue Wert hängt davon ab, wie lange der Krieg noch andauert und wie sich der weitere Verlauf des Krieges gestaltet. 

Wie würden Sie das Investitionsklima in der Ukraine beschreiben? Welche Branchen bergen großes Potenzial?

Es ist verständlich, dass in der momentanen Situation das Investitionsklima in der Ukraine nicht positiv ist. Laut einer Umfrage, die das deutsch-ukrainische IHK im April-Mai 2022 durchgeführt hat, befasste sich im April ein Großteil der Unternehmen mit Sicherungsmaßnahmen, Krisenmanagement sowie Kostenein­spa­run­gen. Aus der Umfrage ergab sich auch, dass die Unternehmen sich schon mit einer strategischen Neuaus­rich­tung befassen wollen. Auch neue Vertriebskanäle sowie die Gründung neuer Geschäftsfelder sind Themen, mit denen sich befasst wird. 
 
Es ist zu hoffen, dass der Krieg in der Ukraine bald wieder zu Ende geht. Wenn es zu einem Friedensabkommen kommt, wird das ukrainische BIP in den nächsten Jahren rapide wachsen. Die Ukraine wünscht sich eine stärkere Anbindung an die EU und möchte mit dem Wiederaufbau des Landes schnell vorankommen. Sehr viele europäische Länder haben der Ukraine bereits Wiederaufbauhilfen zugesagt. Die Ukraine hofft auf eine Wie­der­auflage des Marshallplans. Sollte es dazu kommen, werden sich die Ukraine und die ukrainische Wirtschaft sehr schnell entwickeln, was wiederum unbegrenzte Möglichkeiten für Investoren bedeutet. 
 
Folgende Branchen boten bis Ausbruch des Krieges in der Ukraine großes Potenzial und sie werden auch nach Ende des Krieges wieder von großer Bedeutung sein: 
  • Lebensmittelindustrie
  • Landwirtschaft;
  • leichte Industrie;
  • Autozuliefererindustrie
  • IT-Bereich
  • Bauindustrie

 

Welchen Herausforderungen steht ein deutscher Unternehmer beim Engagement in der Ukraine gegenüber?

Im Moment ist die größte Herausforderung, die wirtschaftliche Tätigkeit in der Zeit des Kriegszustands weiter­hin auszuführen. Sehr viele Unternehmen und auch deren Mitarbeiter sind in die Ukraine zurückgekehrt. Dennoch: Die Sicherheit der Mitarbeiter ist für jedes Unternehmen eine Prioritäts-Aufgabe, aber auch eine sehr große Herausforderung. Viele Unternehmen haben ihre Industriebetriebe in den Westen der Ukraine verlagert. Einige Betriebe mussten die Produktion ganz einstellen. Das alles ist mit einem sehr großen logistischen Aufwand verbunden, der nicht leicht durchzuführen ist.

Warum sollten sich Unternehmen für einen Markteintritt/-verbleiben in die Ukraine entscheiden?

Unternehmen sollten schon jetzt in die Zukunft blicken. Jeder Krieg wird irgendwann zu Ende gehen. Die Ukrainerinnen und Ukrainer glauben und hoffen sehr, dass dieser Krieg bald beendet wird. Dann werden sich neue, interessante Investitionsmöglichkeiten ergeben. Die Ukraine war schon immer ein Land mit sehr gut ausgebildetem Personal und hat von der Nähe zur EU-Außengrenze profitiert. Die künftige, enge Anbindung der Ukraine an die EU, der mögliche EU-Kandidaten-Status, würde für die Ukraine enorme Chancen für das wirtschaftliche Wachstum bedeuten. 
 
Der Ausbruch des Krieges wirkte für die Wirtschaft leider wie eine Vollbremsung. Es ist verständlich, dass ausländische Investoren in der jetzigen Situation mit Investitionen in der Ukraine zurückhaltend sind. Es ist aber richtig, die Ukraine für die Zukunft als Investitionsstandort im Fokus zu behalten.

Wie wird sich aus Ihrer Sicht die Ukraine weiterentwickeln?

Wie sich die Ukraine weiterentwickeln wird, hängt v.a. davon ab, wann und wie dieser Krieg beendet wird. Eine entscheidende Rolle für die wirtschaftliche und politische Entwicklung wird auch der künftige Status der Ukraine in Europa haben. 
 
Gelder aus Wiederaufbaufonds können die wirtschaftliche Entwicklung beschleunigen. Es ist jetzt aber noch zu früh um Prognosen zu erstellen. 

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Klaus Kessler

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