Steuerfreier Veräußerungsgewinn bei tageweise vermieteten Zimmern?

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veröffentlicht am 20. März 2023 | Lesedauer ca. 2 Minuten


Im Streitfall haben die Eheleute im Jahr 2011 ein Reihenhaus erworben, das sie mit ihren Kindern selbst bewohnten. In den Jahren 2012 bis 2017 vermieteten sie zwei Zimmer im Dachgeschoss des Hauses tageweise an Messegäste und erzielten daraus steuerpflichtige Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die nicht wesentliche Vermietung beschränkte sich in diesem Zeitraum auf 12 bis 25 Tagen pro Jahr. Im Jahr 2017 wurde das Reihenhaus wieder verkauft.
  
Aufgrund der zeitweisen erfolgten entgeltlichen Vermietung von Zimmern an Messegäste hatte das Finanzamt den Gewinn aus der Veräußerung des Reihenhauses als privates Veräußerungsgeschäft gemäß § 23 EStG der Besteuerung unterworfen, da der Zeitraum zwischen Erwerb und Veräußerung des Hauses weniger als zehn Jahre betrug.
  
Gegen diese steuerliche Behandlung hatten die Kläger erfolgreich geklagt. Das Finanzgericht Niedersachsen (Urteil vom 27.05.2021, Az. 10 K 198/20) gelangte zu dem überraschenden Ergebnis, dass der Veräußerungsgewinn in voller Höhe steuerfrei sei. Die Eheleute hätten die Immobilie im Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken im Sinne des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG (1. Alternative) genutzt. Die wiederkehrende entgeltliche Nutzung einzelner Räume des Reihenhauses durch Messegäste an lediglich wenigen Tagen im Jahr würde an der gesetzlich geforderten ausschließlichen Selbstnutzung des Gebäudes zu Wohnzwecken durch die Eheleute nichts ändern. Nach der Beurteilung des Finanzgerichts lässt sich aus dem Gesetzeswortlaut nicht entnehmen, dass sämtliche Teile eines Gebäudes zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden müssten, um den Eheleuten die Steuerfreiheit des Veräußerungsgewinns zu gewähren. Die Eignung des Reihenhauses, auch während der Vermietung des Dachgeschosses weiterhin den eigenen Wohnzwecken der Eheleute zu dienen, war durch die entgeltliche Überlassung an Messegäste nicht bzw. nur in unerheblicher Weise eingeschränkt.
  
Im Rahmen der Revision hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 19.07.2022 (Az. IX R 20/21) die, für den Steuerpflichtigen äußerst vorteilhafte, Auffassung des Finanzgerichts nicht geteilt.
  
Zunächst stellt der Senat klar, dass der Gewinn aus der Veräußerung des Reihenhauses nur dann steuerfrei erzielt werden kann, wenn das Gebäude im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken (1. Altnative, siehe oben) genutzt wird. Allerdings hat der BFH ein anderes Verständnis in Bezug auf die Auslegung des Kriteriums der ”Nutzung zu eigenen Wohnzwecken”. Eine nur zeitweilige Nutzung eines Gebäudes oder einer Wohnung (z.B. Zweitwohnung) reicht ebenso aus zum Vorliegen des Kriteriums wie eine nur geringfügige Nutzung zu eigenen Wohnzwecken (z.B. häusliches Arbeitszimmer, siehe BFH-Urteil vom 01.03.2021, Az. IX R 27/19). Demgegenüber liegt keine Nutzung zu ”eigenen Wohnzwecken” vor, wenn die Wohnung entgeltlich oder unentgeltlich an einen Dritten überlassen wird, ohne dass der Steuerpflichtige sie zugleich selbst bewohnt. 
  
Im Streitfall haben die Eheleute die beiden Zimmer im Dachgeschoss den Messegästen zur alleinigen Nutzung entgeltlich überlassen, so dass diese Vermietung insoweit eine (Mit)Nutzung der Eheleute zu eigenen Wohnzwecken ausschloss. Eine räumliche oder zeitliche Bagatellgrenze für eine unschädliche Vermietung an Dritte ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.
 
Trotz dieser Auffassung ist das ergangene Urteil für den Steuerpflichtigen dennoch vorteilhaft. Denn der BFH unterwirft den Veräußerungsgewinn nicht in voller Höher als privates Veräußerungsgeschäft i.S.d. § 23 EStG der Besteuerung. Der Tatbestand eines steuerpflichtigen Veräußerungsgeschäfts ist danach nicht erfüllt, soweit die Wohnung im Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung ausschließlich (d.h. zeitlich durchgängig) zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde. Nur soweit dies nicht der Fall war (vorübergehend fremdvermieteter Teil des Reihenhauses), liegt ein steuerbarer Veräußerungsvorgang vor.

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Frank Dißmann

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