Die geplante Reform der Investmentbesteuerung – neueste Entwicklungen

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​Die Finanzverwaltung beabsichtigt bereits seit dem Jahr 2011 eine Neuausrichtung der bisherigen Investmentbesteuerung. Diesem Vorhaben ist sie mit dem am 21. Juli 2015 veröffentlichen Diskussionsentwurf einen Schritt näher gekommen. Das Reformkonzept zielt nach den Vorstellungen des Gesetzgebers bzw. Bundesministeriums der Finanzen (BMF) auf eine einfachere, weniger komplexe und gestaltungssichere Besteuerung von Erträgen aus Investmentfonds ab. Die geplante Neufassung der Investmentbesteuerung ist mit einem grundlegenden Wechsel des bisherigen Besteuerungsregimes verbunden. Durch die Einführung eines intransparenten Besteuerungssystems mit einer getrennten Besteuerung von Investmentvermögen und Anleger erfolgt die Abschaffung der bisherigen transparenten Besteuerung für Publikums-Investmentfonds. Wir hatten Sie bereits über die wesentlichen Inhalte der beabsichtigten neuen Investmentbesteuerung auf Basis des veröffentlichten Diskussionsentwurfs in einer vorherigen Ausgabe informiert (Fonds-Brief direkt 8. August 2015). 

Das BMF hat zwischenzeitlich mit Datum vom 16. Dezember 2015 einen Referentenentwurf zur Reform der Investmentbesteuerung veröffentlicht, der im Vergleich zum bisherigen Diskussionsentwurf bereits einige wesentliche Verbesserungen für private und betriebliche Anleger enthält. Im Folgenden gehen wir auf die wesentlichen Eckpunkte des jüngsten Entwurfs ein und zeigen dabei vor allem die Änderungen gegenüber dem bisherigen Diskussionsentwurf auf.
 

Anwendungsbereich des neuen Gesetzes

Der Anwendungsbereich wird im Vergleich zum Diskussionsentwurf um konzerneigene Investmentvermögen erweitert, bei denen aufsichtsrechtlich kein Anlegerschutz geboten ist, für die aber steuerrechtlich die Anwendung des neuen Investmentsteuergesetzes sachgerecht erscheint. Dem gegenüber soll das neue Gesetz weder auf REIT (Real Estate Investement Trusts)-Gesellschaften noch auf bestimmte Unternehmens- sowie Kapitalbeteiligungsgesellschaften anwendbar sein. Unverändert wird das neue Gesetz grundsätzlich nicht für Investmentvermögen in der Rechtsform einer in- oder ausländischen Personengesellschaft einschlägig sein. Dies dürfte insbesondere Anbietern von geschlossenen Investmentkonzepten freuen, da diese den Anlegern zukünftig tendenziell steuerlich attraktivere Rückflüsse als nach der neuen Investmentbesteuerung ermöglichen.
  

Publikums-Fonds

Der Referentenentwurf hält an der Einführung eines intransparenten Besteuerungsregimes fest. Der bisherige investmentsteuerliche Grundsatz, dass ein Anleger eines Investmentfonds grundsätzlich genauso steuerlich behandelt werden soll als wäre er unmittelbar ohne die Zwischenschaltung des Investmentfonds an den einzelnen, vom Fonds gehaltenen, Vermögensgegenständen beteiligt, wird durch die geplante getrennte Besteuerung auf Ebene des Investmentfonds und des Anlegers ersetzt. Der Investmentfonds soll lediglich mit bestimmten Einkünften aus inländischen Beteiligungseinnahmen, inländischen Immobilienerträgen oder sonstigen inländischen Einkünften einer 15-prozentigen Körperschaftsteuer unterliegen. 

Große Kritik dürfte die Absicht des BMF hervorrufen, zukünftig sämtliche Gewinne aus der Veräußerung von Immobilien unabhängig von ihrer Haltedauer einer Besteuerung zu unterwerfen. Im Vergleich zu einem Direktinvestment käme es zu einer steuerlichen Verschlechterung des Anlegers, denn derzeit können nur Immobilienveräußerungen innerhalb einer 10-jährigen Haltedauer als private Veräußerungsgeschäfte (§ 23 EStG) der Besteuerung unterliegen. Diese Vorschrift hält die Finanzverwaltung für Publikumsfonds für nicht schutzwürdig. Es ist lediglich ein Bestandsschutz für Immobilienveräußerungen vorgesehen, bei denen die gesetzlich vorgesehene 10-jährige Haltedauer bereits zum Zeitpunkt der Verkündung des neuen Gesetzes erfüllt ist. Doch selbst wenn der Publikums-Investmentfonds erzielte Veräußerungsgewinne zunächst steuerfrei auf Fondsebene vereinnahmen kann, ist er jedoch nach dem Willen der Finanzverwaltung an deren steuerfreien Durchleitung an den Anleger gehindert. Im Ergebnis würden auch bestandgeschützte Immobilienveräußerungen beim Privatanleger einer Besteuerung unterliegen.  

Die Einkünfte auf Fondsebene sind als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu ermitteln. Abweichend zu der bisherigen Regelung im Diskussionsentwurf wird der Abzug von Werbungskosten insofern verschärft, als dass nur mittelbar mit den Einnahmen zusammenhängende Kosten (insbesondere Verwaltungsgebühren der Kapitalverwaltungsgesellschaften) nicht länger als Werbungskosten abziehbar sein sollen. Diese steuerliche Nichtabziehbarkeit wesentlicher Gebühren der Kapitalverwaltungsgesellschaften wird zu einer wirtschaftlichen Verschlechterung der steuerlichen Position des Investmentfonds und mithin der Anleger führen.  

Im Vergleich zum bisherigen Diskussionsentwurf können nunmehr auch Immobilienerträge eines Publikums- Investmentfonds auf Antrag von einer Besteuerung befreit sein, wenn an ihm Pensionskassen und Unterstützungskassen oder andere steuerbegünstigte Körperschaften im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG oder vergleichbare ausländische Körperschaften beteiligt sind. Darüber hinaus setzt die Steuerbefreiung für begünstigte Anleger unter anderem voraus, dass der Investmentfonds die Anforderungen des neuen § 36 Abs. 2a EStG an die Anrechenbarkeit von Kapitalertragsteuer auf Fondsebene erfüllt. Hierdurch sollen Steuerumgehungen dadurch vermieden werden, dass der Investmentfonds betroffene Aktien, auf die Dividenden ausgeschüttet werden, als zivilrechtliche und wirtschaftliche Eigentümer für ein Mindestzeitraum von 45 Tagen halten muss und dabei ein Wertverlustrisiko zu tragen hat („sogenannte 45-Tage-Regelung"). Diese Regelung soll bereits rückwirkend ab dem 1. Januar 2016 gelten.  

Anstelle der bisherigen Investmentbesteuerung von Ausschüttungen und ausschüttungsgleichen Erträgen beim Anleger sieht die geplante Neukonzeption eine laufende Anlegerbesteuerung von Ausschüttungen und Vorabpauschalen vor. Die Vorabpauschale rechnet sich aus dem Rücknahmepreis zu Beginn des Kalenderjahrs multipliziert mit dem jährlich neu festgelegten Basiszinssatz im Sinne des § 203 Abs. 2 BewG. Der Basiszins ist statt bislang mit 80 Prozent nunmehr mit 70 Prozent anzusetzen.  

Neu eingeführt ist die Befreiung der Besteuerung der Vorabpauschale für Einrichtungen der betrieblichen oder privaten Altersvorsorge. Bei Ausschüttungen aus ausländischen Investmentfonds kommt es weiterhin zu einer Einschränkung der in deutschen Doppelbesteuerungsabkommen regelmäßig vorgesehenen Anwendung der Freistellungsmethode auf Schachtelbeteiligungen. Die Abkommensvergünstigungen sollen nur gewährt werden, wenn der ausschüttende Investmentfonds nachweist, dass er in seinem Ansässigkeitsstaat der allgemeinen Ertragsbesteuerung unterliegt und die Ausschüttung zu mehr als 50 Prozent auf nicht steuerbefreite Fondseinkünfte beruht. Es stellt sich die Frage, wie ein Anleger diesen Nachweis in der Praxis erbringen kann. 

Für Investmentfonds, die sich in der Abwicklungsphase befinden, besteht ausnahmsweise die Möglichkeit, steuerneutrale Substanzrückzahlungen vorzunehmen. Ansonsten werden steuerfreie Kapitalrückzahlungen – im Vergleich zur bisherigen Rechtslage – nicht anerkannt. Dies soll insbesondere für die laufende Nutzungsphase gelten. 

Zur Vermeidung einer wirtschaftlichen Doppelbelastung der Anleger gewährt der jüngste Entwurf im Vergleich zum Diskussionsentwurf sowohl auf Ausschüttungen, Veräußerungs- oder Rücknahmegewinne als auch auf Vorabpauschalen höhere Teilfreistellungsbeträge. Der Anleger erhält auf diese Weise einen Ausgleich für die steuerliche Vorbelastung auf Fondsebene. Die eingeräumte Teilfreistellung bei Aktienfonds beträgt bei natürlichen Personen, die ihre Investmentanteile im Privatvermögen halten, nunmehr 30 Prozent (statt bisher 20 Prozent). Natürliche Personen, die Investmentanteile im Betriebsvermögen halten, erhalten eine Aktienfreistellung von 60 Prozent und bestimmte Körperschaften in Höhe von 80 Prozent. Demgegenüber gilt bei Mischfonds lediglich die Hälfte der für Aktienfonds geltenden Aktienteilfreistellungsquoten. Immobilienfonds wird eine Immobilienteilfreistellungsquote von 60 Prozent (bzw. 80 Prozent bei Anlage in ausländische Immobilien) gewährt.
 

Spezial-Investmentfonds

Die Anforderungen an einen Spezial-Investmentfonds entsprechen weitgehend den bisherigen restriktiven Voraussetzungen eines Investmentfonds (Anforderungskatalog im Sinne des § 1 Abs. 1b InvStG). Diese sind im Vergleich zum Diskussionsentwurf insoweit verschärft, als dass der Kreis der erwerbbaren Wertpapiere auf solche im Sinne des § 193 KAGB und der Ziel-Investmentfonds auf OGAW und AIF-Vehikel beschränkt werden soll, die wiederum selber Spezial-Investmentfonds sein müssen.  

Die neue Besteuerung erfolgt grundsätzlich – wie bei Publikums-Investmentfonds – nach dem steuerlichen Trennungsprinzip auf Fonds- und Anlegerebene. Abweichend kann jedoch unter bestimmten Voraussetzungen eine steuerliche Transparenz der Fondserträge erzielt werden (Transparenzoption). In diesen Fällen wird – wie bisher – eine Besteuerung der Fondseinkünfte auf Ebene des Investmentfonds vermieden; sie erfolgt ausschließlich beim Anleger. Bei unmittelbar den Anlegern des Spezial-Investmentfonds zugerechneten inländischen Beteiligungseinnahmen und gegebenenfalls sonstigen Einkünften können die betrieblichen Anleger grundsätzlich die gesetzlichen Steuervergünstigungen in Anspruch nehmen. Eine Anwendbarkeit der Steuerbefreiung von inländischen Schachtelbeteiligungen im Sinne des § 8b KStG ist nur bei Gewinnausschüttungen einer Immobiliengesellschaft, ÖPP-Gesellschaft oder einer Gesellschaft, deren Unternehmensgegenstand auf die Erzeugung erneuerbarer Energien gerichtet ist, denkbar. Zudem darf der Anleger kein Unternehmer bzw. Institut im Sinne des § 8b Abs. 7 oder 8 KStG sein und der auf ihn entfallende Teil der Schachtelbeteiligung des Spezial-Investmentfonds muss die 10-prozentige Schwelle des § 8b Abs. 4 S. 1 KStG erreichen. Sofern Erträge ausnahmsweise auf Fondsebene einer Besteuerung unterlegen haben, kann der Anleger regelmäßig eine Teilfreistellung in Höhe von 60 Prozent der vom Investmentfonds versteuerten inländischen Beteiligungseinnahmen in Anspruch nehmen (bzw. 20 Prozent bei inländischen Immobilienerträgen und sonstigen Erträgen). 

Die dem Anleger zugerechneten Ausschüttungen und ausschüttungsgleichen Erträge des Investmentfonds unterliegen grundsätzlich der regulären Besteuerung. Die Steuervergünstigungen nach dem Teileinkünfteverfahren bzw. der Steuerbefreiung im Sinne des § 8b KStG finden nur noch eingeschränkt Anwendung. Im Gegensatz zum Publikums-Investmentfonds besteht weiterhin die Möglichkeit, steuerneutrale Substanzauskehrungen vorzunehmen.  

Der Referentenentwurf gewährt nunmehr eine Thesaurierungsbegünstigung auf Ebene des Spezial-Investmentfonds. Danach können vor allem Stillhalterprämien, Veräußerungsgewinne aus Aktien und anderen Wertpapieren, Gewinne aus Termingeschäften sowie aus der Veräußerung von Investmentanteilen zunächst steuerfrei thesauriert werden. Allerdings gilt diese steuerfreie Thesaurierungsmöglichkeit lediglich vorübergehend, denn nach Ablauf von 15 Geschäftsjahren werden diese Einnahmen als ausschüttungsgleiche Erträge den Anlegern zugerechnet. Die aktuelle Rechtslage sieht eine 90 prozentige zeitlich unbefristete Thesaurierung vor.
 

Anwendungsvorschriften

Das neue Investmentsteuergesetz soll unabhängig vom Geschäftsjahr grundsätzlich ab dem 1. Januar 2018 anwendbar sein. Somit müssen sämtliche Investmentfonds mit einem abweichenden Geschäftsjahr zwingend für investmentsteuerliche Zwecke ein zum 31. Dezember 2017 endendes Rumpfwirtschaftsjahr erklären. Anteile an Investmentfonds, an Kapital-Investitionsgesellschaften gemäß derzeitiger Rechtslage oder andere Investmentvehikel, die zum 1. Januar 2018 erstmals in den Anwendungsbereich des neuen Investmentsteuergesetzes fallen (sogenannte „Altanteile"), gelten mit Ablauf des 31. Dezembers 2017 als veräußert und mit Beginn des Inkrafttretens dieses Gesetzes als angeschafft. Allerdings wird der aufgrund dieser fiktiven Veräußerung der Altanteile ermittelte Gewinn bzw. Verlust erst zu dem Zeitpunkt steuerlich berücksichtigt, zu dem der jeweilige Altanteil tatsächlich veräußert wird. Ein besonderer Bestandschutz wird für die Steuerfreiheit von Veräußerungsgewinnen aus vor dem Jahr 2009 angeschafften Wertpapieren gewährt. Sofern diese Anteile vor Einführung der Abgeltungsteuer erworben und seitdem im Privatvermögen gehalten werden, sind Wertveränderungen, die zwischen dem Anschaffungszeitpunkt und dem zum 31. Dezember 2017 eingetreten sind, steuerfrei. Die ab dem 1. Januar 2018 eintretenden Wertveränderungen sind hingegen steuerpflichtig, soweit der Gewinn aus der Veräußerung der Alt-Anteile einen Freibetrag von 100.000 Euro übersteigt.  
 

Fazit

Der Referentenentwurf enthält im Vergleich zum Diskussionsentwurf bereits zahlreiche Verbesserungen. Dennoch besteht unseres Erachtens noch wesentlicher Anpassungs- bzw. Überarbeitungsbedarf, denn trotz der Bekundungen seitens des Gesetzgebers würde eine Umsetzung des Reformkonzepts mit enormen administrativen Aufwendungen sowie rechtlichen Unwägbarkeiten seitens der deutschen Wirtschaft verbunden sein (insbesondere für Depotbanken bzw. Verwahrstellen, Kreditinstitute und Kapitalverwaltungsgesellschaften). Es ist weiterhin davon auszugehen, dass sich sowohl betriebliche als auch private Anleger im Vergleich zu bisherigen Investmentbesteuerung auf steuerliche Mehrbelastungen einstellen müssen. Zudem bemängeln die Fachverbände, dass die derzeit vorgesehenen Steuerbefreiungen beim Publikums-Investmentfonds nicht die private und betriebliche Altersvorsorge (zum Beispiel im Rahmen von Lebensversicherungen oder Zusagen der betrieblichen Altersversorgung) berücksichtigen.  

Erfreulich ist hingegen, dass der jüngste Entwurf nicht mehr an der im Diskussionsentwurf angekündigten Abschaffung der körperschaftsteuerlichen Begünstigung von Veräußerungsgewinnen aus Streubesitzanteilen festhält. Demgegenüber soll die Umsatzsteuerfreiheit auf Verwaltungsleistungen weiterhin unverändert gemäß § 4 Nr. 8h) UStG lediglich für Investmentfonds nach dem neuen Investmentsteuergesetz gelten. Diese Neuregelung berücksichtigt unseres Erachtens nicht die jüngste EuGH-Rechtsprechung vom 9. Dezember 2015 (Rechtssache „Fiscale Eenheid”, C-595/13), nach der auch Alternative Investmentfonds die Umsatzsteuerfreiheit von Verwaltungsleistungen beanspruchen können (die aktuelle EuGH- Entscheidung wird im folgenden Beitrag vorgestellt). Wir werden Sie über die weitere Entwicklung der Reformpläne unterrichten.

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Frank Dißmann

Diplom-Kaufmann, Steuerberater

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