Kippt die Gestellung von Schwestern und Ordensleuten an Krankenhäuser und Altenpflegeeinrichtungen? (BAG, 17. März 2015)

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veröffentlicht am 15. Dezember 2015

 

Fester und dauerhafter Bestandteil der Personalplanung vieler Krankenhäuser und Alten-pflegeeinrichungen ist der Einsatz insbesondere von Pflegekräften, die Mitglieder von weltlichen Vereinen wie den DRK-Schwesternschaften, kirchlichen Diakonievereinen oder kirchlichen Ordensgemeinschaften sind. Obwohl das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz die Überlassung von Arbeitnehmern nur vorübergehend zulässt, ist die Gestellung unproblematisch, weil nach deutscher Rechtsprechung Vereinsmitglieder keine Arbeitnehmer sind. Das BAG hat nun dem EuGH die Frage vorgelegt, ob dies wirklich so ist. Die Antwort des EuGH wird u.E. auch Auswirkungen auf die Gestellung von geistlichen Ordensleuten haben und zudem dem EuGH Gelegenheit geben, zur Personalgestellung von Nonprofit-Organisationen generell Stellung zu nehmen.

 

Im Streitfall beschäftigte eine stationäre Klinik etwa 190 Arbeitnehmer. Sie und die DRK-Schwesternschaft Essen e. V. (Schwesternschaft) schlossen eine als „Gestellungsvertrag” bezeichnete Vereinbarung. Nach dieser übernahm es die Schwesternschaft, Angehörige der pflegenden und pflegenahen Berufe bei der Arbeitgeberin einzusetzen. Bei diesem Personal handelt es sich um Vereinsmitglieder der Schwesternschaft. Während ihrer Tätigkeit in der Klinik unterlagen die Mitglieder der Schwesternschaft den fachlichen und organisatorischen Weisungen der Arbeitgeberin. Für die Überlassung erhielt die Schwesternschaft von der Arbeitgeberin ein Gestellungsentgelt, mit dem sie vor allem die Vergütungen an die Mitglieder bestritt. Der Betriebsrat verweigerte seine Zustimmung zur Einstellung einer Pflegekraft, weil der Einsatz nicht vorübergehend sei und damit gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz verstoße. Die Klinik beantragte die gerichtliche Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zur Einstellung.
  
Die Geltung des § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG setzt voraus, dass es sich bei der zur Arbeitsleistung an einen Entleiher überlassenen Person um einen Arbeitnehmer des Verleihers handelt. Mitglieder der DRK-Schwesternschaften sind nach der Rechtsprechung des BAG jedoch keine Arbeitnehmer. Sie erbringen ihre Arbeitsleistung zwar in fremdbestimmter persönlicher Abhängigkeit. Rechtsgrundlage für die von ihnen geschuldeten Dienste ist aber kein privatrechtlicher Vertrag, sondern der privatautonom begründete Vereinsbeitritt zu der Schwesternschaft und die damit verbundene Pflicht, den Vereinsbeitrag in der Leistung von Diensten in persönlicher Abhängigkeit zu erbringen.
 

Das BAG hat nun dem EuGH die Frage vorgelegt, ob dies mit der Leiharbeitsrichtlinie (Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit) vereinbar ist.
  

Das BAG führt aus, es vermöge nicht mit der für ein letztinstanzliches Gericht gebotenen Sicherheit zu beurteilen, ob es die im nationalen Recht geltenden Grundsätze für die Arbeitnehmereigenschaft bei der Anwendung des § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG heranziehen könne und welche Anforderungen für eine wirtschaftliche Tätigkeit nach Unionsrecht gelten.
  

Nach der Rechtsprechung des EuGH könnte es mit Unionsrecht unvereinbar sein, wenn den Mitgliedern der Schwesternschaften die in der Richtlinie vorgesehenen Schutzvorschriften nur deshalb vorenthalten bleiben, weil ihr Rechtsverhältnis nach nationalem Recht nicht als Arbeitsverhältnis anzusehen ist.
 

Ebenso könne der Senat nicht beurteilen, ob die Überlassung von Mitgliedern der Schwesternschaft an entleihende Unternehmen das Merkmal der „wirtschaftlichen Tätigkeit” der Richtlinie erfülle. Nach dessen Wortlaut stehe die fehlende Verfolgung eines Erwerbszwecks durch das Leihunternehmen der wirtschaftlichen Tätigkeit nicht entgegen. Das könnte für die Erstreckung der Richtlinie auch auf die Überlassung von Leiharbeitnehmern durch gemeinnützige Rechtsträger sprechen. Die Beantwortung dieser Frage betrifft aber die Auslegung des Unionsrechts, die dem EuGH obliege.

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