Leistungen privater Krankenhausbetreiber können umsatzsteuerfrei sein

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veröffentlicht am 19. März 2015

BFH-Urteil vom 23. Oktober 2014

 

Der Bundesfinanzhof hat mit dem Urteil vom 23. Oktober 2014 entschieden, dass die gesetzliche Neuregelung vom 01. Januar 2009 im § 4 Nr. 14 Buchstabe b Satz 2 Doppelbuchst. aa UStG i. V. m. § 108, 109 SGB V unionsrechtswidrig ist. Das Urteil hat weitreichende Auswirkungen auf private Klinikbetreiber. Privatkliniken mit einem hohen Anteil gesetzlich versicherter Patienten dürfen nach diesem Urteil des Bundesfinanzhofs steuerlich nicht schlechter gestellt werden als öffentliche Kliniken.
 

Der Gesetzgeber hat im Jahressteuergesetz 2009 die Umsatzbesteuerung von Kranken-häusern mit Wirkung ab 2009 neu geregelt. Danach sind Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen einschließlich der Diagnostik, Befunderhebung, Vorsorge, Rehabilitation, Geburtshilfe und Hospizleistungen sowie damit eng verbundene Umsätze, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts und bestimmten weiteren Einrichtungen erbracht werden, umsatzsteuerfrei. Nach § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 2 Doppelbuchst. aa UStG sind Heilbehandlungsleistungen auch dann steuerfrei, wenn sie von zugelassenen Krankenhäusern gem. § 108 SGB V erbracht werden. Nach § 108 SGB V dürfen die gesetzlichen Krankenkassen eine Krankenhausbehandlung nur durch sog. „zugelassene Krankenhäuser”, z. B. Hochschulkliniken, Plankrankenhäuser die in den Krankenhausplan eines Landes aufgenommen sind und Krankenhäuser, die einen Versorgungsvertrag mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Kassenverbänden abgeschlossen haben, erbringen lassen.


Privatkliniken, die bis 2008 steuerbefreite Leistungen erbrachten, fielen damit seit dem 1. Januar 2009 nach dem Wortlaut aus der Befreiungsvorschrift aus deren Anwendungsbereich heraus. Der Bundesrat hatte die Bundesregierung im Gesetzgebungsverfahren bereits aufgefordert, den Anwendungsbereich der Steuerbefreiung in dieser Hinsicht zu prüfen und erforderlichenfalls durch geeignete Maßnahmen spätestens im Rahmen des nächsten geeigneten Gesetzgebungsverfahrens rückwirkend sicherzustellen, dass keine Schlechterstellungen eintrete (BR-Drucksache 896/1/08 vom 8. Dezember 2008). Dies ist nicht geschehen, so dass die Umsatzsteuerbefreiung bereits mehrfach Gegenstand von Entscheidungen der Finanzgerichte war. Erstmal hat sich der BFH nun selbst hierzu geäußert.


Geklagt hatte eine private Klinik zur Behandlung von psychischen Krankheitserscheinun-gen. Die Klägerin erfüllte nicht die Voraussetzungen des § 108 SGB V und somit war diesem Krankenhaus die Umsatzsteuerbefreiung für gesetzlich Versicherte und Beihilfeberechtigte versagt worden. Im Streitjahr erbrachte sie aber zu 35 Prozent gegenüber gesetzlich Versicherten Patienten Umsätze aus Heilbehandlungen, gegenüber Privatpatienten 40 Prozent und gegenüber Beihilfeberechtigter zu 25 Prozent.


Der BFH entschied nun, dass Privatkliniken mit einem hohen Anteil gesetzlicher Versicherter steuerlich nicht schlechter gestellt werden dürfen, wie öffentliche Kliniken. Die deutsche Regelung sei unionsrechtswidrig, da die Mehrwertsteuersystemrichtlinie im Art. 132 Abs. 1 Buchst. b eine solche Unterscheidung zwischen Krankenhäusern in öffentlich-rechtlicher Trägergesellschaft und von privaten Klinikbetreibern ohne eine sozialrechtliche Zulassung nicht vorsieht.


Die Anerkennung der Klägerin als soziale Einrichtung in diesem Sinne ergebe sich aus der Tätigkeit im Gemeinwohlinteresse, der Steuerfreiheit vergleichbarer Unternehmer und aus der Übernahme der Kosten für die von der Klägerin erbrachten Leistungen durch Krankenkassen und Beihilfestellen. Hier ließ der BFH die 35 Prozent Umsatz aus der Behandlung der gesetzlichen Patienten und die 25 Prozent der Beihilfeberechtigten mit Kostenerstattungsanspruch ausreichen.


Private Krankenhäuser, die in erheblichen Umfang gesetzliche Versicherte und beihilfeberechtigte Patienten behandeln, können sich deshalb auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL berufen.

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Jan-Claas Hille

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