Verlust der Gemeinnützigkeit bei unangemessen hohen Geschäftsführergehältern

PrintMailRate-it

​veröffentlicht am 29. Juni 2017

 

Eine gemeinnützige GmbH verlor ihren steuerlichen Status wegen unangemessen hoher Geschäftsführergehälter. Das Urteil des Finanzgerichts Mecklenburg-Vorpommern bezog sich auf die Grundsätze für eine verdeckte Gewinnausschüttung. Die Revision ist seit dem 22. Mai 2017 unter dem Az. V R 5/17 beim BFH anhängig.

 

​Körperschaften können nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftsteuer und nach § 3 Nr. 6 GewStG von der Gewerbesteuer befreit werden, sofern sie nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung). Aufgrund dieser steuerlichen Privilegierung steht die Anerkennung der Gemeinnützigkeit einer Körperschaft durch die Finanzverwaltung unter ständiger Beobachtung. In seinem Urteil vom 21. Dezember 2016 mit dem Az. 3 K 272/13 hat sich das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern zur Beurteilung der Angemessenheit von Geschäftsführergehältern geäußert.

 

Ein wesentlicher Faktor für die Beurteilung, ob eine Körperschaft gemeinnützig tätig ist, stellt dabei das in § 55 AO normierte Kriterium der Selbstlosigkeit dar. Eine Versagung oder Aberkennung der Gemeinnützigkeit kommt nur bei wirtschaftlich einigermaßen gravierenden oder fortgesetzten Verstößen gegen die Selbstlosigkeitsgebote in Betracht.

 

Eine Förderung oder Unterstützung geschieht selbstlos, wenn dadurch nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Interessen verfolgt werden. Eine gemeinnützige Körperschaft darf keine Person durch Ausgaben, die dem Zweck der Körperschaft fremd sind, oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigen. Demzufolge kann die Zahlung eines unangemessen hohen Geschäftsführergehalts zum Verlust der Gemeinnützigkeit führen.

 

Im entschiedenen Fall beurteilte das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern die Angemessenheit anhand der Grundsätze zur verdeckten Gewinnausschüttung. Im klassischen Sinne wird unter einer verdeckten Gewinnausschüttung eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung bei einer Körperschaft verstanden, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags i.S.d. § 4 Abs. 1 S. 1 EStG auswirkt und nicht auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss beruht. Eine Überprüfung der Unangemessenheit kann anhand eines Fremdvergleichs erfolgen. So beurteilt das BMF für Gesellschaftergeschäftsführer in seinem weiterhin gültigen Schreiben vom 14. Oktober 2002 die Angemessenheit anhand eines dreigliedrigen Schemas. In den ersten zwei Schritten wird beurteilt, ob die Geschäftsführervergütung durch das Gesellschafterverhältnis verursacht ist. Dies erfolgt zum einem dem Grunde nach (z. B. Gewährung einer Überstundenvergütung) und zum anderen der Höhe nach (z.B. Tantieme in Höhe von mehr als 50 Prozent des Jahresgewinns vor Tantiemenzahlung).

 

Im letzten Schritt wird die Angemessenheit der Vergütung beurteilt, die nicht in den ersten beiden Schritten als unangemessen angesehen wurde. Als Anhaltspunkte für eine unangemessene Vergütung wird das Verhältnis des Geschäftsführergehalts zum Gesamtgewinn und zur verbleibenden Eigenkapitalverzinsung sowie Art und Höhe der Vergütungen, die im selben Betrieb gezahlt (interner Fremdvergleich) oder in gleichartigen Betrieben an Geschäftsführer für entsprechende Leistungen gewährt werden (externer Fremdvergleich), herangezogen.

 

Offen gelassen wurde im obigen Urteil, ob die Angemessenheit der Bezüge des Geschäftsführers einer gemeinnützigen Organisation nur anhand der Vergütungen anderer gemeinnütziger Organisationen oder anhand der Gehälter für eine vergleichbare Tätigkeit oder Leistung auch von nicht steuerbegünstigten Einrichtungen zu beurteilen ist.

 

Auf Grund des BMF-Schreibens und des BFH-Urteils vom 5. Oktober 1994 ist wohl im externen Fremdvergleich auf vergleichbare gemeinnützige Gesellschaften abzustellen. Im vorliegenden Fall war insbesondere auf den sprunghaften Anstieg der Geschäftsführervergütung im Vergleich zum Vorjahr ohne plausible Begründung sowie die sonstigen Tätigkeiten des Geschäftsführers abgestellt worden.

 

Die Delegation der Vergütungsentscheidung an einen freiwillig eingerichteten Beirat einer GmbH, die nicht mit den Rechten eines Aufsichtsrats ausgestattet ist, muss im Übrigen nicht zwangsläufig zu einer Vermeidung der unangemessenen Gesellschaftergeschäftsführervergütung führen (BFH-Urteil vom 22. Mai 2015; Az. IV R 7/13).

 

Sollte im Rahmen der Prüfung festgestellt werden, dass eine unangemessen hohe Jahresgesamtvergütung gezahlt wurde, dann ist die überhöhte Zahlung als Mittelfehlverwendung i. S. d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 AO zu beurteilen, die wiederum zu einer Versagung der Gemeinnützigkeit und damit zu einer Versagung der Steuerbefreiung führt.

 

In diesem Zusammenhang stellt sich aufgrund der Verfahrensweise des Finanzgerichts die Frage, ob die Grundsätze über die verdeckte Gewinnausschüttung auch auf weitere Bereiche wie die Beziehungen zu nahestehenden Personen und Institutionen (z.B. angestellte Ehefrauen des Geschäftsführers oder verbundene Unternehmen) sowie die mit diesen getroffenen Vertragsbeziehungen auf dem Prüfstand stehen und zu einer etwaigen Versagung der Gemeinnützigkeit führen könnten. Eine Ausweitung auf andere Organisationsformen (z. B. Verein oder Stiftung) scheint nicht grundsätzlich ausgeschlossen zu sein. Wir weisen darauf hin, dass die Beurteilung der Angemessenheit immer vom jeweiligen Einzelfall abhängig ist und nicht ohne weiteres verallgemeinert werden kann.

 

Der Prozess der Festlegung der Geschäftsführervergütung sollte unseres Erachtens nach Berücksichtigung in einem Tax-Compliance-System finden.

Kontakt

Contact Person Picture

Jan-Claas Hille

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Prüfer für Interne Revisionssysteme (DIIR)

Partner

+49 221 9499 094 32

Anfrage senden

Wir beraten Sie gern!

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu