Aufgabenträger müssen keine allgemeinen Vorschriften für eigenwirtschaftliche Verkehre erlassen

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veröffentlicht am 16. Oktober 2019

 

von Lars Werner Röwer

 

Am 10.10.2019 hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) unter dem Aktenzeichen 10 C 3.19 entschieden, dass ein Verkehrsunternehmen trotz des Vorrangs der Eigenwirtschaftlichkeit keinen Anspruch auf Erlass einer allgemeinen Vorschrift im Sinne des § 8 Abs. 4 S. 2 PBefG i.V.m. Art. 3 Abs. 2 S. 1 VO (EG) Nr. 1370/2007 hat. Dem Aufgabenträger stehe es frei, bei erwarteten Mindereinnahmen entweder durch den Erlass einer allgemeinen Vorschrift oder durch die Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrages etwaige Verluste des Verkehrsunternehmens auszugleichen.

 

Vorausgegangen war dem ein Rechtsstreit, in welchem das VG Münster bereits im März 2015 in erster Instanz entschieden hatte, darauf folgend das OVG Münster im August 2016. Die Entscheidung des BVerwG verzögerte sich durch Überlastung des ursprünglich zuständigen dritten Senats.

 

Klägerin war ein Verkehrsunternehmen im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs, das eine Genehmigung für die eigenwirtschaftliche Verkehrserbringung für mehrere Buslinien im Zuständigkeitsbereich des beklagten Kreises begehrte. Als Aufgabenträger rief dieser im Dezember 2012 Verkehrsunternehmen zur Abgabe eigenwirtschaftlicher Anträge für ein Linienbündel von sechs Buslinien auf, mit Bezugnahme auf den relevanten Nahverkehrsplan inkl. festgelegten Verbundtarifs. Eine allgemeine Vorschrift mit Bezug auf das zu vergebende Linienbündel war seitens des Aufgabenträgers nicht erlassen.

 

Die Klägerin beantragte mit drei eigenständigen Anträgen und unterschiedlichen Inhalten die Genehmigung eines eigenwirtschaftlichen Betriebs, diese Anträge wurden abgelehnt. Im weiteren Verlauf des Ausschreibungsverfahrens erhielt die Klägerin jedoch noch die Genehmigung für den gemeinwirtschaftlichen Betrieb des Linienbündels. Gegen die Ablehnung der Anträge zum eigenwirtschaftlichen Betrieb ging die Klägerin gerichtlich vor, wobei sie ohne Erlass einer allgemeinen Vorschrift nicht zum eigenwirtschaftlichen Betrieb des Linienbündels in der Lage ist.

 

Bewertung für die Praxis

Mit seiner Entscheidung bekräftigt das BVerwG die Entscheidungsfreiheit der Aufgabenträger zwischen dem Erlass einer allgemeinen Vorschrift und der Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags. Insbesondere in den letzten Monaten haben Aufgabenträger Tarifvorgaben festgelegt, wie etwa zur Einführung des sog. 365-Euro-Tickets für alle Fahrgäste (z.B. VRS) oder für Auszubildende (z.B. VGN), kostenlose Beförderungsangebote für Schüler (z.B. Landkreis Traunstein) oder für alle Fahrgäste (z.B. Stadt Pfaffenhofen). Diese Tarifvorgaben können kurzfristig für alle Verkehre in der Regel nur im Wege von allgemeinen Vorschriften eingeführt werden. Im Falle der Wiedererteilung der Liniengenehmigungen kann dies aber auch dazu führen, dass die Verkehre vom Aufgabenträger vergeben werden. Die Entscheidung führt daher zu einer Stärkung der Rolle des Aufgabenträgers.

 

 

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