„Brazil Reloaded?“: Brasilien vor dem Comeback?

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​veröffentlicht am 22. März 2017

 

Während derzeit eine Protektionismus-Welle etablierte Märkte (z.B. Europa, USA) verunsichert, zeigt Brasilien als traditionell protektionistisches Land – gemäß dem aktuellen Trend in Südamerika – Marktöffnungstendenzen und erste Symptome von relativer Stabilität.
 

 

 

Konjunktureller Aufschwung: Zeichen der Erholung

Rund ein halbes Jahr nach dem Amtsenthebungsverfahren der „sozialistischen” Ex-Präsidentin Dilma Rousseff ergeben sich in Brasilien – nach einer historischen und im Wesentlichen politisch bedingten Krise – erste Anzeichen von Erholung (Wechselkurs, Inflation etc.). Die größte Börse Lateinamerikas, die BOVESPA in São Paulo, glänzte 2016 bereits mit einer im weltweiten Vergleich sehr guten Entwicklung. Insofern scheint in Brasilien derzeit der Umschwung zum nächsten konjunkturellen Aufschwung anzustehen. Der FGV-Experte Dr. Carlos Langoni (Ex-Notenbankchef Brasiliens) ist sehr zuversichtlich und erwartet das Ende der Rezession bereits für Mitte 2017 mit Rückkehr Brasiliens auf den Wachstumspfad.
  

Korruptionsbekämpfung in Brasilien

Der amtierende, konservativere Präsident Michel Temer ist zwar beim brasilianischen Volk wenig populär, hat aber als gewiefter Politik-Stratege eine deutlich bessere Unterstützung im brasilianischen Kongress als seine Vorgängerin. Erste Reformen sind bereits durchgesetzt und weitere in Arbeit, die aus Sicht von Unternehmern sowie Investoren insgesamt in die richtige Richtung gehen. Allerdings steht Michel Temer – wie viele hochrangige Politiker und Wirtschaftsbosse auch – im Fokus der Anti-Korruptionsbekämpfung im Rahmen der sog. „Operation Hochdruckreiniger" (bspw. „Lava Jato”). „Lava Jato” ist eine in Lateinamerika beispiellose Initiative in der Korruptionsbekämpfung und es wird konkret gegen hunderte, in der Vergangenheit als unantastbar geltende Politiker und Geschäftsleute ermittelt. Das hat bereits zu diversen namhaften Festnahmen geführt und wurde mit dem Transparency International Anti-Corruption Award gekrönt. Das sind aus Investoren- und Unternehmersicht vielversprechende Ansätze, um das durch die schlechte Krisen-Presse in der jüngeren Vergangenheit angekratzte Vertrauen systematisch wieder herzustellen.
  

Brasilien bleibt allerdings insofern eine „Wundertüte", als der als korrupt geltende ehemalige Präsident „Lula”, der ebenfalls im Rahmen der „Lava Jato” verfolgt wird, trotzdem gemäß der herrschenden Meinung Chancen hat, bei den in 2018 anstehenden Neuwahlen erneut anzutreten sowie sogar direkt oder indirekt (indem ein anderer Politiker aus dem „sozialistischen" Lager von ihm eingesetzt wird) wiedergewählt zu werden. Eine Wiederwahl der „sozialistischen Populisten” wäre aus Investoren- und Unternehmersicht sicher ein Worst-Case-Szenario.
 

Investitionsstandort Brasilien

Was bzw. wer genau 2018 kommt, bleibt abzuwarten. Klar ist lediglich, sofern die notwendigen strukturellen Reformen (v.a. Bürokratieabbau, Steuer- und Arbeitsrecht) nicht umgesetzt bzw. beibehalten werden, dass Brasilien für Investoren und Unternehmer ein (ewiger) „Achterbahn-Marathon” und kein Investitionsstandort für „Amateure” bleiben wird.
 

Aber auch in diesem Worst-Case-Szenario macht Brasilien für langfristige sowie fortgeschrittene Investoren in jedem Fall Sinn, insbesondere da es als der mit Abstand wichtigste Handelspartner und Investitionsstandort für deutsche Unternehmen in Lateinamerika als Schlüsselmarkt für die Region strategisch zu bedeutend ist und v.a. im strukturstärkeren Süden enorme Potenziale mit sich bringt. Trotz der konjunkturellen Schwankungsbreiten wächst die Volkswirtschaft Brasiliens weiter. Die nachhaltig erfolgreichen Unternehmer in Brasilien vereint im Ergebnis v.a. eins: stets die notwendige Geduld bzw. den langen Atem aufgebracht zu haben sowie auf die richtigen Führungskräfte und Berater gesetzt zu haben.
  

Besonders die Metropolregion São Paulo – nach wie vor die größte Industriestadt außerhalb Deutschlands – sowie die 3 „europäischen” Südstaaten Brasiliens (Paraná, Santa Catarina, Rio Grande de Sul) weisen im Vergleich zu anderen Investitionsstandorten so viel Substanz auf und haben dadurch in weiten Teilen der Krise getrotzt bzw. sich wesentlich besser entwickelt als der strukturschwächere und ärmere Norden Brasiliens. Allein der Bundesstaat São Paulo übertrifft die Wirtschaftsleistung des Nachbarlandes Argentinien, der immerhin drittgrößten Volkswirtschaft Lateinamerikas nach Brasilien und Mexiko. Der Bundesstaat São Paulo zusammengenommen mit den 3 Südstaaten kommt in etwa bereits auf die Wirtschaftsleistung von Mexiko, der zweitgrößten Volkswirtschaft Lateinamerikas, die sich nach den aktuellen unberechenbaren politischen Entwicklungen des wichtigsten Handelspartners von Mexiko, der USA, erst neu finden muss. Die zahlreichen Assets insbesondere im wirtschaftsstarken Süden Brasiliens rücken folgerichtig verstärkt in den Fokus und befinden sich seit Monaten im „Ausverkauf” durch antizyklisch agierende internationale Investoren.

 

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