Genehmigungserleichterungen für Windenergieanlagen an Land

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​veröffentlicht am 1. September 2022

 

 

 

Die aktuelle geopolitische Lage einschließlich des Klimawandels zwingt zu einem beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien, insbesondere auch der Windkraft. Dieser Ausbau kann jedoch nur in Einklang mit unseren natürlichen Lebensgrundlagen, zu dem auch die Biodiversität und der Artenschutz gehören, stattfinden. Der rechtliche Rahmen hierfür wurde mit einem umfassenden Gesetzespaket neu gezogen.


Der Bundestag hat am 7.7.2022 mit dem sog. Osterpaket umfangreiche Änderungen im energierechtlichem Kontext beschlossen. Ziel ist es, die Erneuerbaren Energien beschleunigt auszubauen. Die Stromversorgung soll bereits im Jahr 2035 nahezu vollständig auf Erneuerbaren Energien beruhen.

Insbesondere wird das gesamte Erneuerbare-Energien-Gesetz umfassend novelliert. Mit grundlegenden Änderungen im Windenergie-auf-See-Gesetz sollen entsprechende Potenziale ausgenutzt werden. Das Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG) sowie Änderungen in weiteren Gesetzen sollen den Ausbau der Windenergie beschleunigen.

Das Windenergieflächenbedarfsgesetz

Das WindBG nimmt die Bundesländer in Pflicht. Das Gesetz gibt den Ländern verbindliche Flächenziele (Flächenbeitragswerte) vor. In jedem Bundesland ist ein prozentualer Anteil der Landesfläche für die Windenergie an Land auszuweisen, gestaffelt für die Zeiträume bis zum 31.12.2026 und bis zum 31.12.2032. 

Entsprechende Flächen für Windkraftanlagen können in Raumordnungsplänen ausgewiesen werden. Regionale und kommunale Planungsträger können ihre Planungsinstrumente ebenso nutzen, wobei jedes Land regionale oder kommunale Teilflächenziele bestimmen kann. Die Länder müssen bis zum 31.5.2024 die entsprechenden Nachweise zur Umsetzung erbringen.

Änderungen im Baugesetzbuch

In das Baugesetzbuch werden Sonderreglungen für Windenergieanlagen (§§ 245e, 249 BauGB neue Fassung (n. F.)) integriert. Damit soll die Planung vereinfacht werden. Die gesetzlichen Mengenvorgaben ersetzen die komplexen Anforderungen an die planerische Ausweisung von Windenergiegebieten mit Konzentrationswirkung entsprechend der „Substanzrechtsprechung”. 

Die Privilegierung von Windkraftanlagen im planungsrechtlichen Außenbereich wird durch die Sonderregelungen in § 249 BauGB n. F. eine besondere Ausgestaltung erfahren, indem eine Anknüpfung an die neuen Zielvorgaben (Flächenbeitragswerte, Teilflächenziele) im WindBG erfolgt. Sobald das Erreichen eines einschlägigen Flächenziels nach dem WindBG festgestellt wird, entfällt kraft Gesetzes die Privilegierung außerhalb der ausgewiesenen Flächen. Windenergieanlagen können erst wieder im Falle der Zielerreichung auf bestimmte Bereiche beschränkt werden. Planung und gerichtliche Überprüfung werden dadurch bis zur Zielerreichung erleichtert und beschleunigt.

Weiterhin können die Länder gesetzliche Regelungen zu den erforderlichen Abstandsflächen zur Wohnbebauung treffen. Diese dürfen aber höchstens 1.000 Meter bis zur nächsten Wohnsiedlung betragen. Um die Flächenziele zur erreichen, sind die zuständigen Planungsträger an entgegenstehende Ziele der Raumordnung oder entgegenstehende Darstellungen in Flächennutzungsplänen nicht mehr gebunden. Dies gilt auch in den entsprechenden Genehmigungsverfahren.

Änderungen des Bundesnaturschutzgesetzes

Neben dem Klima ist auch die Biodiversität und damit unsere natürliche Lebensgrundlage akut bedroht. Zügige und rechtssichere Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen sollen ermöglicht werden, die gleichzeitig aber auch die hohen ökologischen Standards wahren. Das ökologische Schutzniveau soll nicht abgesenkt werden. Dementsprechend ist der beschleunigte Windkraftausbau mit dem Artenschutz in Einklang zu bringen.

Am 4.4.2022 veröffentlichten das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz sowie das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz ein Eckpunktepapier zur „Beschleunigung des naturverträglichen Ausbaus der Windenergie an Land”. Mit den Neuregelungen im Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) werden die Inhalte aus diesem Eckpunktepapier und dem Koalitionsvertrag umgesetzt.

  • Bundeseinheitliche Standards für die durchzuführende artenschutzrechtliche Prüfung werden festgeschrieben. Ein Fokus liegt auf der Signifikanzprüfung nach § 44 Absatz 5 Satz 2 Nummer 1 BNatSchG sowie auf der Möglichkeit der Ausnahmeerteilung nach § 45 Absatz 7 BNatSchG (§ 45b BNatSchG n. F.). 
  • Für das Repowering von Windenergieanlagen an Land sind zusätzliche artenschutzbezogene Erleichterungen geregelt (§ 45c BNatSchG n. F.). 
  • Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) hat die Aufgabe, nationale Artenhilfsprogramme aufzustellen und die erforderlichen Umsetzungsmaßnahmen zu ergreifen (§ 45d BNatSchG n. F.).
  • Die Anlagenbetreiber, zu deren Gunsten aufgrund der neuen Vorschriften (§ 45b Absatz 8 Nummer 5 BNatSchG n. F.) eine artenschutzrechtliche Ausnahme zugelassen wird, haben eine zweckgebundene Sonderabgabe an den Bund zu zahlen (§ 45d Absatz 2 BNatSchG n. F.) und sollen damit die Programme und Maßnahmen des BfN entsprechend mitfinanzieren. 
  • Auch in Landschaftsschutzgebieten sind Windenergieanlagen nicht verboten, wenn sie auf einer entsprechend dem WindBG ausgewiesenen Fläche geplant sind. (§ 26 Abs. 3 BNatSchG n. F.).

Die Regelung des § 16b Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) zum Repowering von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien wird an diese Änderungen angepasst.

Die Bundesländer und Planungsträger müssen nunmehr die erforderlichen Flächen für den Windkraftausbau definieren. Investoren im Zusammenspiel mit den Genehmigungsbehörden sind gefragt, den neuen rechtlichen Rahmen im Sinne eines schnellen und effizienten Ausbaus der Windkraft insbesondere unter Berücksichtigung des Artenschutzes zu nutzen. 




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Nadine Juch

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Verwaltungsrecht

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