Solarpaket I – Mehr Solarstrom, weniger Bürokratie

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​veröffentlicht am 2. September 2024

 


 

Ziel des EEG 2023 ist es, im Interesse des Klima- und Umweltschutzes die Transformation zu einer nachhaltigen und treibhausgasneutralen Stromversorgung, die vollständig auf Erneuerbaren Energien beruht, voranzutreiben. Zur Erreichung dieses Ziels soll der Anteil des aus Erneuerbaren Energien erzeugten Stroms am Bruttostromverbrauch in Deutschland auf mindestens 80 Prozent im Jahr 2030 gesteigert werden, § 1 Abs. 2 EEG 2023.

 

Nachdem mit der Novellierung zum EEG 2023 bereits der Ausbaupfad des § 4 EEG 2023 angepasst wurde, hat der Bundestag am 26.4.2024 das Solarpaket I (BT 20/8657) verabschiedet. Gegenstand des Solarpakets I ist die Novellierung des EEG 2023 sowie weiterer energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften wie insbesondere des Energiewirtschaftsgesetzes, der Marktstammdatenregisterverordnung oder des Messstellenbetriebsgesetzes. Erklärtes Ziel ist die weitere Steigerung des Aus-baus der photovoltaischen Energieerzeugung in Deutschland. Dabei nimmt das Solarpaket I die gesamte Spannbreite der Solaranlagen in den Blick, von der kleinen Anlage auf dem Balkon über Anlagen auf Dächern von Ein- und Mehrfamilienhäusern bis hin zu großen Freiflächenanlagen.

 

 
PV-Anlagen auf Gebäuden, Mieterstrommodell und Balkon-Kraftwerke

Die Nutzung von Solaranlagen auf Gebäuden ist seit jeher eine der zentralen Säulen des Photovoltaik-Zubaus in Deutschland. Auch künftig soll diese durch ein breites Maßnahmenbündel des Solarpakets I gestärkt werden. Dies gilt insbesondere für den Ausbau von Photovoltaikanlagen im Bereich des Gewerbes und der Industrie.

 

So wird mit dem Solarpaket I als Reaktion auf die in den vergangenen Jahren erheblich gestiegenen Bau- und Kapitalkosten die Förderung für größere Solaranlagen auf Dächern ab 40 kW um 1,5 ct/kW angehoben, wobei hier jedoch noch die beihilferechtliche Genehmigung der EU-Kommission aussteht. Zusätzlich wächst das Ausschreibungsvolumen für Dach-PV-Anlagen ab dem Jahr 2026 auf insgesamt 2,3 GW pro Jahr an, § 28b Abs. 2 Nr. 4 EEG 2023.

 

Weiterhin werden durch das Solarpaket I die Schwellenwerte in Bezug auf die Direktvermarktung flexibilisiert. Wo in der Vergangenheit noch eine starre Direktvermarktungspflicht für Anlagen ab einer installierten Leistung von mehr als 100 kW bestand, können künftig die Betreiber von Anlagen mit einer installierten Leistung von bis zu 200 kW ihre Überschussmengen ohne Vergütung – aber auch ohne die teils erheblichen Direktvermarktungskosten – an den Netzbetreiber weitergeben, § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EEG 2023. Bei einer Inbetriebnahme in den Jahren 2024 oder 2025 ist die Schwelle sogar auf 400 kW erhöht (§ 100 Abs. 20 EEG 2023). Von dieser Novellierung profitieren insbesondere diejenigen Anlagenbetreiber mit einem hohen Eigenverbrauch, für die sich eine Direktvermarktung des Stroms bisher nicht lohnte. Neben der Einspeisemöglichkeit im Sinne des § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EEG 2023 wurden zudem die Vorgaben zur Direktvermarktung im Sinne des § 10b EEG 2023 erheblich erleichtert.

 

Auch im Bereich der Wohngebäude treten durch das Solarpaket I Neuerungen ein. Diese betreffen zunächst die gemeinschaftliche Gebäudeversorgung im Sinne des § 42b EnWG. Dieses neue Modell ermöglicht eine bürokratiearme Lieferung von PV-Strom innerhalb eines Gebäudes. So soll die Weitergabe von PV-Strom an Wohn- oder Gewerbemieter oder Wohnungseigentümer weitestgehend von den Lieferantenpflichten ausgenommen und die Betreiber der PV-Anlage insbesondere von der Pflicht zur Reststromlieferung befreit werden. In der Konsequenz und in Abgrenzung zum eigenständig fortbestehenden Mieterstrommodell im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. § 21 Abs. 3 EEG 2023 ist keine zusätzliche Förderung des in diesem Modell innerhalb des Gebäudes genutzten Stroms vorgesehen. Überschusseinspeisungen in das Netz werden - wie zuvor - nach dem EEG 2023 vergütet. Ergänzend führt das Solarpaket I auch zu einer Erweiterung des Anwendungsbereichs des Mieterstrommodells im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. § 21 Abs. 3 EEG 2023. So wird unter den Voraussetzungen des § 21 Abs. 3 EEG 2023 der Mieterstrom zukünftig auch bei gewerblichen Gebäuden und Nebenanlagen wie Garagen gefördert. Durch eine Vereinfachung in den Regeln zur Anlagenzusammenfassung werden zudem unverhältnismäßige technische Anforderungen vermieden, die bislang bei Quartierskonzepten häufig ein Problem darstellten.

 

Vor allem für den privaten Bereich relevant sind die Vorgaben für die Nutzung von Steckersolargeräten im Sinne des § 3 Nr. 43 EEG 2023, mithin den sog. Balkon-Kraftwerken. Steckersolargeräte bieten für Anlagenbetreiber eine niedrigschwellige Möglichkeit, sich an der Energiewende zu beteiligen. Unter den Voraussetzungen des § 8 Abs. 5a EEG 2023 können nunmehr Steckersolargeräte mit einer installierten Leistung von insgesamt bis zu 2 kW und einer Wechselrichterleistung von insgesamt bis zu 800 Voltampere unter Einhaltung der für die Ausführung eines Netzanschlusses maßgeblichen Regelungen angeschlossen werden. Zwar ist weiterhin die Meldung der Anlagen beim Marktstammdatenregister erforderlich, entfallen ist hingegen die Pflicht zur Netzbetreiberanmeldung, § 8 Abs. 5a EEG 2023.

 

Erweitert wird durch das Solarpaket I auch die Möglichkeit der Erschließung von Gebäuden mit PV-Anlagen im Außenbereich, § 35 BauGB. Die bestehende EEG-Regelung, die verhindern sollte, dass neue Gebäude im Außenbereich zum alleinigen Zweck des Baus einer PV-Anlage (sog. „Solarstadl”) errichtet werden, bleibt zwar grundsätzlich erhalten. Der entscheidende Stichtag im Sinne des § 48 Abs. 3 EEG 2023 wurde jedoch auf den 1.3.2023 verschoben. In der Konsequenz können Dächer von bereits im Außenbereich bestehenden Gebäuden mit PV-Anlagen belegt werden.

 

PV-Freiflächenanlagen

Neben den Novellierungen im Bereich von PV-Anlagen auf Gebäuden, führt das Solarpaket I auch zu zahlreichen Neuerungen im Bereich der PV-Freiflächenanlagen. Ausgehend von einem zweigleisigen Ansatz sollen durch das Solarpaket I mehr Flächen zur Förderung von Solarparks zur Verfügung gestellt, zum anderen aber auch der Ausgleich mit landwirtschaftlichen und naturschutzrechtlichen Interessen gestärkt werden. Wo möglich, wird eine Mehrfachnutzung der Flächen angestrebt. Zugleich wird die Inanspruchnahme von landwirtschaftlichen Flächen begrenzt.

 

In Umsetzung dieses Vorhabens wurde die zulässige Gebotsmenge für Solaranlagen des ersten Segments von 20 auf 50 Megawatt pro Gebot einer zu installierenden Leistung erhöht, § 37 Abs. 3 EEG 2023. Auch wurde die Flächenkulisse für PV-Freiflächenanlagen ausgeweitet: Benachteiligten Gebiete der Landwirtschaft werden grundsätzlich für die Förderung klassischer PV-Freiflächenanlagen geöffnet. Allerdings haben die Länder eine Opt-out-Option, wenn ein bestimmter Anteil landwirtschaftlich genutzter Flächen durch PV-Anlagen überschritten wird. Dieser Schwellenwert ist so angesetzt, dass die Ziele für den PV-Ausbau im Sinne des § 1 Abs. 2 EEG 2023, § 4 EEG 2023 erreicht werden können. Ergänzend können die Länder bestimmte „weiche” Schutzgebiete in den benachteiligten Gebieten ausschließen.

 

Novellierungen wurden zudem im Bereich der sog. besonderen Solaranlagen, mithin Agri-PV-Anlagen im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 3 lit. a - c EEG 2023, Parkplatz-PV-Anlagen im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 3 lit. d EEG 2023, Moor-PV-Anlagen im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 3 lit. e EEG 2023 und Floating-PV-Analgen im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 3 lit. f EEG 2023 getroffen. Geringe Erfahrungswerte die neuen Anlagenkonzepte betreffend sowie der kostenintensivere Ausbau derartiger PV-Anlagen führen bisher dazu, dass dieses für den PV-Ausbau immer wichtigere Segment in nur einem geringen Umfang genutzt wurde. Um dem entgegenzuwirken und insbesondere die gemäß § 28a EEG 2023 stetig wachsenden Ausschreibungsmengen zu decken, werden zukünftig besondere Solaranlagen durch die Einführung eines neuen Untersegments in den Ausschreibungen (§ 37 EEG 2023) sowie eines angepassten Höchstwerts von nunmehr 9,5 ct/kW (§ 37d Abs. 1 S. 2 EEG 2023) privilegiert. Ziel ist es, den unterschiedlichen Technologieansätzen bei der Errichtung von Solaranlagen besser Rechnung zu tragen und die Technologieentwicklung im wettbewerblichen Ansatz anzureizen.

 

Windkraft und Biomasse

Zusätzlich zu solarer Strahlungsenergie werden auch Änderungen im Bereich Windkraft und Biomasse vorgenommen.

 

Bestehende Windenergiegebiete werden als Beschleunigungsgebiete anerkannt, was bedeutende Erleichterungen im Genehmigungsverfahren mit sich bringt. Diese Anerkennung musste nach der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie erfolgen und wurde daher im Solarpaket umgesetzt.

 

Die EU-Notfall-Verordnung (Verordnung (EU) 2022/2577), die Genehmigungserleichterungen für Windenergieanlagen und den Ausbau der Übertragungsnetze bietet, wurde verlängert. Anträge für vereinfachte Genehmigungsverfahren können nun bis zum 30.6.2025 gestellt werden.

 

Die Beschränkung des überragenden öffentlichen Interesses auf Hochspannungs- und Verteilnetze im Außenbereich wird aufgehoben, wodurch das Beschleunigungspotenzial im Verteilnetz, an das der Großteil der EE-Anlagen angeschlossen wird, erweitert wird.

 

Das Solarpaket I fördert auch innovative Technologien. Eine neue Vergütungsregelung für Flugwindenergieanlagen soll die Erzeugungstechnologie unterstützen und die konventionelle Windenergie an Land ergänzen. Die Förderung ist auf 50 Megawatt Leistung begrenzt, um die Kosten kontrollierbar zu halten.

Um die Stromerzeugung aus Biogas zu erleichtern, wurden ebenfalls Maßnahmen getroffen, wie das Aussetzen der Südquote und die Beibehaltung der Förderung bei der Kapazitätserweiterung von Kleingülleanlagen.

 

Netzanschlüsse und Speicher für Erneuerbare Energien

Ein wesentlicher Schritt zur Beschleunigung des Ausbaus Erneuerbarer Energien ist die Vereinheitlichung der Technischen Anschlussbedingungen (TAB). Die über 850 Netzbetreiber in Deutschland müssen sich nun an einheitlichere Vorgaben halten. Sonderregelungen sind nur noch in begründeten Fällen erlaubt und müssen veröffentlicht werden. Dies vereinfacht das Verfahren für Projektierer erheblich und fördert die deutschlandweite Umsetzung von Energieprojekten.

 

Die neue Regelung zur Speichernutzung ermöglicht eine flexible Nutzung von Speichern, bekannt als ”Multi-Use”. Speicher, die bisher im Sommer genutzt wurden, um die Energieproduktion von Photovoltaikanlagen in die Abendstunden zu verschieben, können nun auch im Winter für den Handel mit Netzstrom eingesetzt werden. Das bisherige Ausschließlichkeitsprinzip wird angepasst, wobei weiterhin sichergestellt wird, dass nur Strom aus erneuerbaren Quellen gefördert wird.

 

Das Solarpaket I regelt auch das Wegenutzungsrecht auf öffentlichen Grundstücken. Dies umfasst das Recht zur Verlegung von Leitungen sowie das Überfahrtsrecht bei der Errichtung und dem Rückbau von Anlagen für Erneuerbare Energien. Diese Regelung erleichtert die infrastrukturelle Umsetzung von Energieprojekten.

Das vereinfachte Netzanschlussverfahren wird auf Anlagen bis zu einer Leistung von 30 kW ausgeweitet, was eine deutliche Verbesserung gegenüber der bisherigen Grenze von 10,8 kW darstellt. Auch für Anlagen bis zu 100 kW sind Vereinfachungen vorgesehen, was den Anschlussprozess weiter beschleunigt.

 

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Ausweitung des bevorzugten Netzanschlusses für Erneuerbare Energien auf Speicher. Dies stellt sicher, dass Speicherlösungen, die für die Stabilität des Netzes und die Speicherung erneuerbarer Energien unerlässlich sind, den gleichen Zugang zum Netz erhalten wie die Erzeugungsanlagen selbst.

 

Fazit

Das Solarpaket I hat, über seine Bezeichnung hinaus, maßgebliche Änderungen im gesamten Erneuerbare-Energien-Recht vorgenommen und an vielen Stellen verbesserte Voraussetzungen für Anlagenbetreiber und Projekttreiber geschaffen. Dennoch bleibt der Rechtsrahmen komplex und die konkreten Auswirkungen des Maßnahmenbündels bleiben abzuwarten.


 


 
 

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