Geschäftsmodell Quartiersversorgung – Förderungen und gesetzliche Vorgaben

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​veröffentlicht am 11. Dezember 2017

 

Die aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen erfordern energieeffiziente Versorgungskonzepte in Neubauten und bei der Modernisierung von Bestandsquartieren. Contractoren, Versorger und Projektentwickler haben zudem wirtschaftliche Vorgaben und spätere Mieter erwarten eine kostengünstige Energieversorgung. Bestehen in diesem komplexen Spannungsfeld aus gesetzlichen Vorgaben und wirtschaftlichen Interessen Optionen für neue Geschäftsfelder? Wenn ja, welche technischen Konzepte sollten näher untersucht werden?

 

​Auf Bundesebene werden anhand verschiedener Gesetze und Verordnungen die Richtlinien der EU zur schrittweisen Erreichung der Klimaziele vorangetrieben. Seit Inkrafttreten der dritten Fassung der EnEV (Energieeinsparverordnung) im Jahr 2007 bestehen gesetzliche Vorgaben bezüglich der Gesamteffizienz von Gebäuden, die bei allen wesentlichen Modernisierungen und Neubauten zu beachten sind. Parallel müssen speziell bei diesen Vorhaben die Vorgaben des EEWärmeG (Erneuerbare Energien Wärmegesetz) berücksichtigt werden. Um darüber hinaus noch Förderungen oder Förderkredite in Anspruch nehmen zu können, sind die Effizienzvorgaben der jeweiligen Fördermittelgeber wie z.B. der KfW-Bank zu erfüllen. Um den Überblick zu behalten, werden im Folgenden die relevanten Vorgaben zusammengefasst dargestellt.


EnEV:

Die EnEV liegt mittlerweile in der fünften Fassung (EnEV 2014) vor. Mit den Änderungen der EnEV im Jahr 2016 haben sich die energetischen Mindestanforderungen an die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden weiter verschärft. Der Jahres-Primärenergiebedarf für Heizung und Warmwasser für Neubauten wurde im Vergleich zur EnEV 2014 um 25 Prozent gesenkt und der Wert für Mindestwärmedämmung der Gebäudehülle um weitere 20 Prozent erhöht. Die EnEV regelt jedoch nicht nur den Energiestandard für Neubauten, sondern auch die Anforderungen bei der Nachrüstung, Sanierung oder Modernisierung von Bestandsgebäuden. Der Primärenergiebedarf darf dabei bis zu 87 Prozent höher als der eines entsprechenden Neubaus sein. Ferner besteht nun die Pflicht auf die Erstellung eines Energieausweises bei Verkauf und Vermietung.


EEWärmeG:

Das EEWärmeG ist 2009 mit dem Ziel, den Anteil an Erneuerbaren Energien bei der Bereitstellung des Kälte- und Wärmebedarfs in Gebäuden zu steigern, eingeführt worden. Der Anwendungsbereich trifft auch hier Neubauprojekte und größere Sanierungsvorhaben. Im Falle der Verwendung von

 

  • solarer Strahlungsenergie müssen mindestens 15 Prozent
  • gasförmiger Biomasse müssen mindestens 30 Prozent
  • flüssiger oder fester Biomasse müssen bis zu 50 Prozent und bei
  • Umweltwärme (Wärmepumpen) müssen mindestens 50 Prozent
    des Wärmegesamtverbrauchs gedeckt werden.


Es können jedoch Ersatzmaßnahmen statt der genannten regenerativen
Energiequellen durchgeführt werden:

 

  • Deckung des Wärmebedarfs zu 50 Prozent durch Abwärme,
  • Deckung des Wärmebedarfs zu 50 Prozent durch Wärme aus
    hocheffizienten KWK-Anlagen,
  • Absenkung des Wärmebedarfs nach EnEV um 15 Prozent
  • Deckung des gesamten Wärmebedarfs durch Nah- bzw.
    Fernwärme, deren Wärme zu 50 Prozent aus KWK stammt.


Auch gibt es bereits auf Länderebene weiterreichende Vorgaben für den Einsatz Erneuerbarer Energien zur Wärmeversorgung im Gebäudebereich. Das EEWärmeG legt beispielsweise fest, dass in Baden-Württemberg auch nach Heizungsmodernisierungen im Bestand ein Anteil von mindestens 15 Prozent Erneuerbaren Energien eingesetzt oder geeignete Ersatzmaßnahmen durchgeführt werden müssen.


GEG 2018:

Das Gebäude Energie Gesetz sollte das EEWärmeG und die EnEV zusammenführen (wir berichteten). Seit Vorlage des Referentenentwurfs vom 23. Januar 2017 ist jedoch kein weiterer Fortschritt im Gesetzgebungsverfahren erkennbar.


Mieterstromgesetz:

Damit neben Immobilieneigentümern künftig auch Mieter an den Vorteilen der Energiewende partizipieren können, hat der Gesetzgeber eine Förderung von Stromlieferung aus PV-Anlagen an Letztverbraucher im EEG verankert. Die Höhe der Mieterstromförderung variiert dabei in Abhängigkeit von der Größe der PV-Anlage zwischen 2,65 und 3,70 Cent pro Kilowattstunde (September 2017). Ein weiterer nennenswerter Aspekt ist, dass Stromverbräuche aus regenerativen Energien, die vor Ort verbraucht werden, auch im Rahmen der EnEV (§ 5) angerechnet werden dürfen.

 

Weitere Fördermöglichkeiten:

Neben der klassischen Vergütung für Strom aus KWK-Anlagen (KWKG) oder aus regenerativen Quellen (EEG) bestehen weitere Förderprogramme der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) für die Errichtung energieeffizienter Gebäude und energetischer Sanierungsmaßnahmen. Für die Errichtung von kleinen BHKW-Anlagen und Speichern können weitere Zuschüsse vom Bundesamt für Wirtschaft
und Ausfuhrkontrolle (BAFA) in Anspruch genommen werden. Ferner bestehen individuelle Fördermöglichkeiten auf Landesebene (z.B. 10.000 Häuser-Programm in Bayern) zur Modernisierung der Strom- und Wärmeversorgung.


Der Anforderungsrahmen ist aufgrund der Vielzahl an Gesetzen und Verordnungen durchaus als komplex einzustufen. Insbesondere durch die enge Verflechtung zwischen der EnEV und dem EEWärmeG ist es wesentlich, die notwendigen Maßnahmen übergreifend zu planen und nachzuweisen.


Energieversorgungskonzepte eines Mehrfamilienhauses


Um die eingangs beschriebenen Anforderungen und gesetzlichen Vorgaben zu analysieren, hat Rödl & Partner im Rahmen einer Studie mehrere Versorgungskonzepte untersucht und anhand von Effizienz- und Kostenkriterien bewertet. Dabei wurde unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit der Primärenergiebedarf von verschiedenen Energieversorgungskonzepten eines neuen Mehrfamilienhauses mit sechs 2-Personenhaushalten untersucht und die Ergebnisse anschließend nach den Anforderungen der EnEV und des EEWärmeG bewertet.


Die untersuchten Versorgungslösungen waren:

  1. PV-Anlage mit Mieterstrombelieferung und Wärmeversorgung
    mittels Gas-Brennwertkessel
  2. PV-Anlage mit Mieterstrombelieferung und Wärmeversorgung
    mittels Wärmepumpe und Gas-Brennwertkessel
  3. PV-Anlage mit Mieterstrombelieferung und Wärmeversorgung
    mittels Mini-BHKW und Gas-Brennwertkessel
  4. PV-Anlage mit Mieterstrombelieferung und Wärmeversorgung
    mittels Solarthermieanlage und Gas-Brennwertkessel

Die Ergebnisse können der folgenden Tabelle entnommen werden:

Ergebnistabelle 

Abb. 1: Ergebnisstabelle

 

Die Ergebnisse sind jedoch immer stark einzelfall- und situationsabhängig. Je nach unterstellten Parametern kann es zu
abweichenden Ergebnissen kommen. Im Kern ist jedoch feststellbar, dass sich die effizientesten Konzepte zeitgleich auch als die kostenintensiveren Optionen darstellen. Die mitunter strengen Vorgaben der EnEV könnten im vorliegenden Fall nur von Versorgungskonzepten mit einer Wärmepumpe eingehalten werden.


Fazit

Stadtwerke, die für sich bereits erkannt haben, dass das reine
Commodity-Geschäft (Strom/Gas-Vertrieb) aktuell durch sinkende
Margen, sinkende Mengen und steigende Wechslerquoten
gekennzeichnet ist, sollten sich nach tragfähigen Alternativen
umsehen. Ein interessantes Geschäftsfeld sind in Zeiten boomender
Baubranchen alle versorgernahen Tätigkeiten rund um Immobilien.
Die Versorgung von Quartieren mit Strom und Wärme ist dabei nahe am Kerngeschäft der Stadtwerke. Contracting-Lösungen, Mieterstrommodelle aber auch Messdienstleistungen müssen daher mittelfristig in das Produkt- und Dienstleistungsportfolio aufgenommen werden. Die bestehende Komplexität sollte dabei kein nachhaltiges Hindernis darstellen – insbesondere, wenn Pilotprojekte und Produktentwicklungen von Spezialisten mit Branchenerfahrung begleitet werden.

 

 

Kontakt

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Benjamin Hufnagel

Wirtschaftsingenieur (B.Eng.), M.A. Europäische Energiewirtschaft

Associate Partner

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Kai Imolauer

Diplom-Wirtschaftsingenieur (FH)

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