Leitfaden für das Lieferkettengesetz in Großbritannien

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veröffentlicht am 15. September 2022 | Lesedauer ca. 5 Minuten


Unternehmen in allen Sektoren haben immer mehr Compliance-Anforderungen zu erfüllen. Sie können sich aus konkreten Gesetzen oder dem steigenden Bedürfnis der Unternehmen ergeben, ethisch korrekt zu handeln und ihre Tätigkeit im Bewusstsein der sich daraus für Umwelt und Gesellschaft im weitesten Sinne ergebenden Aus­wir­kungen zu gestalten. Um die Anforderungen an eine nachhaltigere Geschäftstätigkeit zu erfüllen, müssen Unternehmen in der Lage sein, die Auswirkungen entlang ihrer gesamten Lieferkette zu kontrollieren.


In Großbritannien sind Risiko-Management oder die Ergreifung von vorbeugenden Maßnahmen nicht gesetzlich vorgeschrieben. Es gibt nur die Pflicht zur Abgabe einer Transparenzerklärung gemäß dem Gesetz gegen moderne Sklaverei (Modern Slavery Act), die veröffentlicht werden und in der erläutert werden muss, was getan wurde.


„Moderne Sklaverei“ ist ein Sammelbegriff, der die Straftaten des Menschenhandels, der Knechtschaft, Leib­ei­gen­schaft und Zwangsarbeit, einschließlich sexueller und krimineller Ausbeutung, umfasst.

Das Gesetz gegen moderne Sklaverei legt gesellschaftsrechtliche Transparenzanforderungen fest, die auf Unternehmen mit einem Umsatz von wenigstens 36 Millionen GBP, einschließlich des Umsatzes von Toch­ter­ge­sell­schaf­ten, Anwendung finden, die in Großbritannien geschäftstätig sind oder dort einen Teil ihres Geschäfts betreiben und Waren vertreiben oder Dienstleistungen erbringen. Diese Unternehmen müssen jährlich über die Maßnahmen Bericht erstatten, die sie während des Geschäftsjahres ergriffen haben, um sicherzustellen, dass innerhalb ihres eigenen Geschäfts oder ihrer Lieferketten keine Sklaverei und kein Menschenhandel stattfinden.


Diese Erklärungen müssen von der Geschäftsführung bestätigt, von einem Geschäftsführer (oder einer Person in ähnlicher Position) unterzeichnet und auf der Startseite der Website des Unternehmens veröffentlicht wer­den. Die Erklärung soll die Maßnahmen aufzeigen, die das Unternehmen ergriffen hat, um sicherzustellen, dass die eigene Lieferkette frei von Sklaverei ist. Wenn ein Unternehmen keine Maßnahmen zur Bekämpfung von Sklaverei ergriffen hat, muss auch dies offengelegt werden.


Gegenwärtig können keine Strafen wegen der Nichteinhaltung des Gesetzes auferlegt werden, obwohl es der Regierung Großbritanniens offensteht, gerichtliche Verfügungen gegen Unternehmen zu erwirken, die ihren Pflichten nach dem Gesetz nicht nachkommen. Stattdessen wird im UK-Leitfaden empfohlen, dass die Unter­nehmen den Umständen entsprechend reagieren; dies kann zur Folge haben, die lokalen Regierungs­behörden, die Strafverfolgungsbehörden zu kontaktieren, oder die geschäftlichen Beziehungen mit Lieferanten zu über­denken.


Absicherung der Lieferkette im Bereich Arbeitskräfte

Unternehmen sollten Due Diligence-Prüfungen durchführen, die sie in die Lage versetzen, die Geschäfte und die Integrität ihrer Lieferkette zu beurteilen und die Geschäftstätigkeit zu schützen. Das geschieht, indem sie die Glaubwürdigkeit, die Rechtmäßigkeit, die rechtliche und steuerliche Compliance des Unternehmens, der Lieferanten, Kunden, Arbeitnehmer und des Arbeitskräfteangebots, testen.

Ausbeutung, Betrug und Umgehung lassen sich leichter unter der Oberfläche einer Lieferkette verstecken, wenn eine effektive Due Diligence-Prüfung nicht von allen Parteien durchgeführt wird; daher können sich Prü­fungen, die sich nur auf die unmittelbaren Lieferanten und Kunden beziehen, als nicht ausreichend erweisen.


Es ist ebenfalls wichtig, die Glaubhaftigkeit der Liefer- und Zahlungsmodalitäten und der sonstigen Be­gleit­um­stän­de zu berücksichtigen. Die Nutzung der Due Diligence-Prinzipien „Prüfen“, „Handeln“ und „Überprüfen“ für Lieferketten soll dabei helfen, effektives Risikomanagement und robuste Due Diligence anzuwenden, um die Integrität der Lieferketten abzusichern und dabei die Risiken zu minimieren.


Due Diligence-Prinzipien für Lieferketten

Wird das Ergreifen angemessener Maßnahmen, die sicherstellen, dass das Arbeitskräfteangebot rechtmäßig ist, unterlassen, so kann dies zu erheblichen rechtlichen, finanziellen und mit Rufschädigung verbundenen Risiken führen. Unternehmen sollten Due Diligence-Prüfungen durchführen, damit sie in der Lage sind, die Geschäfts­tätigkeit und die Integrität in der Lieferkette zu beurteilen.

Auf der Website gov.uk wird die Wichtigkeit der Nutzung der Due Diligence-Prinzipien „Prüfen“, „Handeln“ und „Überprüfen“ für Lieferketten betont. Es wird unterstrichen, wie diese Due Diligence-Prinzipien Unternehmen helfen werden, effektives Risikomanagement und robuste Due Diligence anzuwenden, um die Integrität der Lieferketten abzusichern und dabei die Risiken zu minimieren.

Mehr Informationen über die Anwendung der Due Diligence-Prinzipien in Lieferketten erhalten Unternehmen über diesen Link.


Good Governance

Good Governance ist in einem Unternehmen essentiell. Beispielsweise die Vertretung eines starken Stand­punkts zu Bestechungsgeld und Bestechungspraktiken sowie die Absicherung, dass die Cashflows der Liefe­ranten nicht durch schlechte Zahlungspraktiken beeinträchtigt werden.

Die meisten Länder haben klare Antibestechungsgesetze. Nach dem britischen Bestechungsgesetz ist es illegal, „Bestechungsgeld anzubieten, zu versprechen, zu fordern, zu vereinbaren, zu erhalten oder anzuneh­men“. Dies umfasst neben Geld auch Geschenke.

Bei Käufern und Lieferanten müssen Richtlinien gelten, die auf die Reduzierung und die Kontrolle von Be­stechungs­ri­si­ken in der Lieferkette abzielen. Dies bedeutet klare Regeln zu der Annahme von Geschenken, Bewirtung oder Spenden und Maßnahmen zur Vermeidung oder Beseitigung von Interessenkonflikten.

Wenn keine Maßnahmen zur Ausmerzung von Bestechung in der Lieferkette ergriffen werden, schadet dies nicht nur der Wettbewerbsfähigkeit, sondern bringt Risiken für den guten Ruf und rechtliche Risiken bei jedem Geschäft mit sich. Kommerzielle Organisationen, die der Bestechlichkeit bei ihren verbundenen Unternehmen nicht vorbeugen, machen sich einer Straftat gemäß Art. 7 des britischen Bestechungsgesetzes 2010 (Bribery Act 2010) strafbar, es sei denn, sie können nachweisen, dass in ihrem Unternehmen entsprechende Verfahren gelten, die ein solches Verhalten verhindern sollen. Das Bestechungsgesetz stellt klar, dass jeder, der mit einem Unternehmen verbunden ist, darauf aufmerksam gemacht werden muss, dass Bestechlichkeit nicht toleriert werden wird, und dies gilt nicht nur für unmittelbar Angestellte, sondern auch für Bevollmächtigte, die im Auftrag des Unternehmens handeln.

Das Gesetz sieht vor, dass sich Unternehmen strafbar machen, die keine Vorkehrungen gegen Bestechlichkeit treffen. Es sieht auch vor, dass jeder Geschäftsführer, Geschäftsleiter, Sekretär oder Angestellte in einer ähn­lichen Position des Unternehmens wegen derselben Straftat strafrechtlich verfolgt wird, wenn sie mit Zustim­mung oder stillschweigendem Einverständnis dieser Person begangen wurde.


Umweltengagement

Die meisten Unternehmen haben Richtlinien und Ziele zur Reduzierung ihrer Auswirkungen auf die Umwelt und können die Unternehmen in ihrer Lieferkette dazu verpflichten, diese zu befolgen.


Das britische Umweltgesetz 2021 (Environment Act 2021) trat am 9. November 2021 mit königlicher Zustimmung in Kraft. Art. 116 und Anhang 17 des Umweltgesetzes 2021 ermächtigen den Staatssekretär, Verordnungen zu erlassen, um durch Kontrollen der internationalen Lieferketten Großbritanniens illegale Abholzung zu ver­hin­dern. Die neuen Vorschriften gelten für Großunternehmen mit einem Umsatz oberhalb eines bestimmten Schwellenwerts (der noch in den Verordnungen bestimmt werden wird) und werden:

  • es Unternehmen verbieten, Erzeugnisse, die mit Entwaldung und Waldschädigung in Verbindung gebracht werden (sog. forest risk commodities) oder ein daraus hergestelltes Produkt für ihre Geschäftstätigkeit in Großbritannien zu nutzen, soweit nicht die lokalen Gesetze für diese Erzeugnisse eingehalten wurden;
  • Unternehmen verpflichten, ein Sorgfaltspflichtensystem (due diligence system) für jedes Erzeugnis, das mit Entwaldung und Waldschädigung in Verbindung gebracht wird, oder ein daraus hergestelltes Produkt, das für ihre Geschäftstätigkeit in Großbritannien genutzt wird, einzurichten und einzuführen und jährlich über ihre Sorgfaltspflichten Bericht zu erstatten.
  • Die Einzelheiten des Verbots und des Erfordernisses eines Sorgfaltspflichtensystems werden im Wege der Sekundärgesetzgebung festgelegt, die Vorschriften zur Durchsetzung, zivilrechtliche Sanktionen und die strafrechtliche Verantwortlichkeit für Verstöße vorsehen wird.


Das Umweltgesetz führt ebenfalls ein obligatorisches Sorgfaltspflichtensystem und eine jährliche Be­richt­er­stattungspflicht für Unternehmen ein, die Erzeugnisse, die mit Entwaldung und Waldschädigung in Verbindung gebracht werden, in ihren Lieferketten nutzen. Die Definition eines Erzeugnisses, das mit Entwaldung und Waldschädigung in Verbindung gebracht wird, wird in der (noch zu erlassenden) Sekundärgesetzgebung fest­ge­legt werden, es wird sich jedoch um Erzeugnisse handeln, die mit der weltweiten Entwaldung in Verbindung stehen.

Demzufolge werden umfangreichere Sorgfaltspflichtensysteme erforderlich sein, die Unternehmen sollten die genutzten Erzeugnisse identifizieren und Informationen darüber einholen sowie eine Risikoprüfung dazu durch­führen, dass die relevanten lokalen Gesetze bei dem Bezug dieser Erzeugnisse eingehalten wurden. Um diese Anforderung zu untermauern, wird eine jährliche Berichterstattungspflicht zur Entwaldung in der Lie­fer­kette eines britischen Unternehmens innerhalb von sechs Monaten nach dem Ende des britischen Geschäftsjahres folgen.

Das Ziel solcher Maßnahmen ist es, die Resilienz, Rückverfolgbarkeit und Nachhaltigkeit in den Lieferketten Großbritanniens zu erhöhen und einen Beitrag zur Beendigung der Klimakrise zu leisten.

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