Mitteilungspflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltung

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Im Zuge von insb. grenzüberschreitenden Unternehmenstransaktionen werden Strukturüberlegungen zum steueroptimalen Erwerb des Zielunternehmens angestellt. Ziel ist es, eine möglichst steueroptimale Struktur aufzusetzen, bei der bspw. ein Steuersatzgefälle genutzt oder die Quellensteuer auf zukünftige Ausschüttungen reduziert oder vermieden werden soll.

Die EU Richtlinie 2018/822 vom 25.6.2018 wurde mit Gesetz zur Einführung der Mitteilungspflicht grenzüberschreitender Steuergestaltungen in nationales deutsches Recht umgesetzt. Ziel der Regelungen ist die Aufdeckung grenzüberschreitender aggressiver Steuerplanungsgestaltungen und damit die Erhöhung der Steuertransparenz. Aus den Meldungen sollen Impulse für die Steuergesetzgebung abgeleitet werden können.

WAS IST MELDEPPFLICHTIG?

Von der Meldepflicht sind grds. Grenzüberschreitende Steuergestaltungen in Bezug auf alle Steuerarten mit Ausnahme der Umsatzsteuer, der Zölle und der harmonisierten Verbrauchsteuern (z.B. Energie-, Strom- und Tabaksteuer) erfasst. Betroffen sind daher insb. die Körperschaftsteuer, die Gewerbesteuer, die Einkommensteuer, die Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie die nicht-harmonisierten Verbrauchsteuern, wie z.B. die Kaffeesteuer.

Eine Steuergestaltung ist die bewusste Herbeiführung oder Veränderung eines realen oder rechtlichen Sachverhalts, der von steuerlicher Bedeutung ist. Grenzüberschreitend ist eine Steuergestaltung dann, wenn mehr als ein EU-Mitgliedstaat oder mind. ein EU-Mitgliedstaat und einer oder mehrere Drittstaaten betroffen sind, wobei die Beteiligten unterschiedlich ansässig sein müssen. Eine Meldepflicht in Deutschland besteht, wenn eine der meldepflichtigen Personen einen Nexus zu Deutschland hat. Die Meldepflicht wird allerdings nur dann ausgelöst, wenn entsprechende Kennzeichen („Hallmarks”) erfüllt sind. Hinsichtlich der Kennzeichen ist eine Unterscheidung zwischen unbedingten Kennzeichen und bedingten Kennzeichen erforderlich. Ist ein unbedingtes Kennzeichen erfüllt, löst dieses für sich bereits eine Meldepflicht aus. Das Vorliegen eines bedingten Kennzeichens hingegen löst nur dann eine Meldepflicht aus, wenn zusätzlich der sog. „Main Benefit Test” erfüllt ist. Das tritt ein, wenn der Hauptvorteil oder einer der Hauptvorteile der Gestaltung die Erlangung eines steuerlichen Vorteils ist. 

Zu den bedingten Kennzeichen gehören u.a. die Vereinbarung von erfolgsabhängigen Vergütungen oder von Vertraulichkeitsklauseln, der Erwerb von Verlustgesellschaften, Umwandlung von Einkünften in nicht oder niedriger besteuerte Einkünfte sowie Transaktionen mit zirkulären Vermögensverschiebungen.

Zu den unbedingten Kennzeichen, die bereits für sich eine Meldepflicht auslösen, gehören u.a. die mehrfache Befreiung von der Doppelbesteuerung, die Übertragung von Vermögensgegenständen mit wesentlichem Unterschied im steuerlichen Wertansatz und bestimmte Verrechnungspreisgestaltungen. Zudem zählen die Aushöhlung von Meldepflichten im Zusammenhang mit Finanzkonten sowie intransparente Ketten (Verschleierung der Identifikation des wirtschaftlich Berechtigten) zu den unbedingten Kennzeichen. 

WER HAT WANN ZU MELDEN?

Primär meldepflichtige Person ist der gestaltende Intermediär. Als Intermediär versteht man denjenigen, der eine grenzüberschreitende Steuergestaltung vermarktet, für Dritte konzipiert, organisiert, zur Nutzung bereitstellt oder ihre Umsetzung durch Dritte verwaltet, insb. Steuerberater, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer oder Finanzdienstleister. Nur in Ausnahmefällen (z.B. wenn der Intermediär der Verschwiegenheit unterliegt oder wenn an der Gestaltung kein Intermediär beteiligt ist, sog. Inhouse-Gestaltung) besteht eine primäre Meldepflicht des Nutzers.
 
Grundsätzlich hat seit dem 1.7.2020 eine Mitteilung innerhalb von 30 Tagen nach dem erstmaligen Eintreten eines mitteilungspflichtigen Ereignisses zu erfolgen. Es besteht jedoch eine Rückwirkung bis zum 25.6.2018. Das bedeutet, dass mitteilungspflichtige Steuergestaltungen, deren erster Schritt ab diesem Zeitpunkt bis zum 30.6.2020 umgesetzt wurde, bis zum 31.8.2020 nachgemeldet werden müssen. Aufgrund der Corona-Krise räumt die EU den Mitgliedstaaten jedoch die Möglichkeit ein, die Frist für die Meldepflichten um vorerst bis zu sechs Monate zu verlängern. Dem Vernehmen nach will Deutschland die Verlängerung jedoch nicht umsetzen. Ein entsprechendes finales BMF-Schreiben lag zu Redaktionsschluss noch nicht vor. 

Die Finanzbehörden sind über die Gestaltung zeitnah, systematisch und automationsgestützt zu informieren. Beim Vorliegen einer meldepflichtigen Steuergestaltung hat zunächst eine Mitteilung an das Bundeszentralamt für Steuern zu erfolgen. Diese ist in der Regel zweistufig aufgebaut. Zunächst meldet der Intermediär anonyme Daten zur Gestaltung. Im Anschluss daran teilt der Nutzer seine spezifischen Nutzerdaten mit. Die Finanzbehörden weisen jeder eingegangenen Mitteilung eine Offenlegungsnummer und der mitgeteilten Steuergestaltung eine Registriernummer zu, welche der Steuerpflichtige in seiner Steuererklärung anzugeben hat.

Ein Verstoß gegen die Anzeigepflicht stellt eine Ordnungswidrigkeit dar. Diese wird mit einer Geldbuße von bis zu 25.000 Euro pro Meldefall geahndet. Momentan ist noch unklar, ob aufgrund der Herausforderungen bei der technischen Umsetzung auf Seiten des Bundeszentralamts für Steuern ein Nichtbeanstandungszeitraum gewährt wird. Dies wird ebenfalls dem noch ausstehenden BMF-Schreiben zu entnehmen sein. 

FAZIT

Unternehmenstransaktionen weisen oftmals einen internationalen Kontext auf, sodass bei jeder Transaktion geprüft werden muss, ob es sich um ein meldepflichtiges Ereignis handelt. Dabei muss nicht nur die Transaktion an sich, sondern insb. die Phase der Post Merger Integration betrachtet werden. Die Prüfung und deren Ergebnis sollte umfassend dokumentiert werden, um im Falle von Unstimmigkeiten das Risiko eines Bußgelds zu vermeiden. 

Die fristwahrende Identifikation und Meldung der Steuergestaltungen sowie die zutreffende Angabe in der Steuererklärung erfordern daher eine klare Organisation und Koordination des Prüfungs- und Meldeprozesses, der im Rahmen eines Tax Compliance Management Systems angelegt und gepflegt werden sollte.

Wir werden in der nächsten Ausgabe des M&A-Newsletters ein Update zu den finalen Bestimmungen in Bezug auf die Fristen geben.

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