Blockchain-basierte Geschäftsmodelle und M&A – ein Ausblick

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Innovative Technologien finden sich naturgemäß meistens schnell in der Transaktionspraxis wieder. Dabei macht die Blockchain-Technologie bzw. allgemein gesprochen die Distributed-Ledger-Technologie (DLT) keine Ausnahme. Hierbei sind besonders zwei Szenarien zu unterscheiden. Auf der einen Seite stehen Fälle, in denen Blockchain-Anwendungen als Gegenstand eines Transaktions­prozesses in Erscheinung treten, weil die betei­ligten Unternehmen diese Technologien einsetzen und diese somit Teil der (Due Dilgence-) Prüfungen werden. Auf der anderen Seite sind zumindest auch theoretisch Fälle denkbar, in denen umge­kehrt der Transaktionsprozess selbst ganz oder in Teilen über eine Blockchain-Anwendung abgebil­det werden kann.

 

Blockchain-Anwendungen als Gegenstand eines Transaktionsprozesses

Wie bei jeder sich etablierenden Technologie ist zu erwarten, dass auch Blockchain-Anwendungen mehr und mehr im M&A-Bereich auftreten werden. So können etwa reine Blockchain-Startups selbst zu Targets werden oder aber es sind im Rahmen einer Transaktion wesentliche Teile der Wertschöpfungskette der zu untersuchenden Unter­nehmen stark von dieser Technologie geprägt, wie etwa bei FinTechs.
 

Zunehmende Regulierung – Beispiel elektronische Wertpapiere

Positiv ist dabei zu bewerten, dass ausgehend vom aufsichtsrechtlichen Bereich derzeit eine zunehmende Regulierung zu beobachten ist. Aus trans­aktionsrechtlicher Sicht ist diese Entwicklung zu begrüßen, da somit sowohl die Entwicklung als auch die anschließende Beurteilung blockchain-basierter Geschäftsmodelle einschätzbarer wird. So hat bspw. in diesem Sommer der deutsche Gesetzesentwurf zur Einführung von elektroni­schen Wertpapieren erhebliche Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Für ein Wertpapier ist grund­sätzlich nach derzeitiger Rechtslage zwingend eine (physische) Urkunde vorgeschrieben. Nach dem neuen Gesetzesentwurf soll nunmehr die Urkunde durch elektronische Gestaltungen ersetzt werden können. Es ist angedacht, dass statt der Ausstellung einer Wertpapierurkunde eine Ein­tragung in ein elektronisches Wertpapierregister vorgenommen wird. Dabei wird weiter ausgeführt, dass eben dieses elektronische Wertpapierregister gerade auch auf einem dezentralen, fälschungs­sicheren Aufzeichnungssystem geführt werden darf, in dem Daten in der Zeitfolge protokolliert und gegen unbefugte Löschung sowie nach­trägliche Veränderung geschützt gespeichert werden, kurzum auch durch den Einsatz von Blockchain-Anwendungen. Ausstrahlungswirkung auch auf weitere für die Transaktionspraxis bedeutsame Gebiete dürfte dabei auch der umfas­sende Eigentumsschutz sein, den dieser Gesetzes­entwurf vorsieht, soll doch ein elektronisches Wertpapier als Sache im Sinne des § 90 BGB gelten. Anders gewendet bedeutet dies, dass ein digitales Asset körperlichen Gegenständen aus­drücklich gleichgestellt wird.

 

Besondere Beachtung der Historie der Umsetzung von Blockchain-Geschäftsmodellen

Bei der transaktionsrechtlichen Aufarbeitung von Blockchain-Geschäftsmodellen ist zudem beson­deres Augenmerk auf die Historie der Umsetzung zu legen. Was nach einer Binsenweisheit klingt, kann durchaus Fallstricke in sich bergen. Gerade zu Anfang der Umsetzung von Blockchain-Projekten, oftmals mit zugehöriger Finanzierung über ICOs (Initial Coin Offerings), hielt sich hartnäckig das Gerücht, in vielen Bereichen keiner Regulierung unterworfen zu sein. Entsprechende Fehler können sich folglich in vielen konsti­tuierenden Dokumenten und Designentscheidung wiederfinden. So wurden in der „Wildwestzeit” häufig Kapitalmarktinformationen veröffentlicht, die durchaus haftungsträchtige Fehler in sich bargen. Dies gilt insb. für sog. White Paper, die etwa in einigen Fällen zu wenige Informationen über Risiken enthielten. Aber auch weitere vertragliche Regelungen, etwa über die Erbringung kapitalmarktrelevanter Leistungen, sollten unter Berücksichtigung ihrer Entstehungszeit kritisch untersucht werden. Hierbei darf man vorsichtiger­weise sicher auf die Vermutungsregel zurückgrei­fen: Je länger der Erstellungszeitraum zurückliegt, umso höher dürfte das Prognoserisiko zur Erstellungszeit in Bezug auf die rechtliche Bewer­tung ausfallen. Dies gilt z.B. für möglicherweise übersehene Prospektpflichten.
 

Gesamter Transaktionsprozess „auf der Block­chain”?

Zudem besteht zumindest theoretisch die Beson­derheit, dass die Distributed-Ledger-Technologie das Potential hat, über den Einsatz sog. Smart Contracts auch bei Durchführung der Transaktion selbst beteiligt zu sein. Über Smart Contracts kann eine Geschäfts- bzw. Vertragslogik ganz oder in Teilen durch Programmcode unter Verwendung der Blockchain-Technologie abgebildet werden. Dabei werden die zwischen den Parteien vereinbarten Transaktionsbedingungen als Protokoll in der Blockchain hinterlegt. Bei Eintritt der Bedingungen werden die vorgesehenen Rechtsfolgen (z.B. die Kaufpreisüberweisung bei Eintragung des neuen Eigentümers im elektronischen Handelsregister oder die Überweisung eines auf einem Treuhand­konto hinterlegten Earn-Out Betrages bei Veröf­fentlichung des Jahresabschlusses mit Erfüllung der festgelegten Kennzahlen) ohne Mitwirkung der Parteien oder dritter Personen – und damit auch ohne Möglichkeit einer Einflussnahme durch diese – über einen technischen Prozess ausgelöst. Da etwa relevante Bedingungen und Zeitpunkte einer vertraglichen Beziehung automatisch geprüft und abgeglichen werden können, erlauben derartige Anwendungen hochgradig autarke Interaktionen. Aufgrund der Hinterlegung der Geschäftsregeln im Code, sind grundsätzlich auch Intermediäre wie etwa Banken entbehrlich, die etwa sonst im Rahmen einer „klassischen” Vertragssituation z.B. für erforderliches Vertrauen gesorgt haben. Somit wäre es durchaus denkbar, eine Transaktion im Sinne eines Unternehmenskaufs über Smart Contracts abzuwickeln. In der Realität stünden diesem Vorhaben allerdings aktuell wesentliche Hürden entgegen. Vor allem fehlt es an einem entsprechend differenzierten Ökosystem, inner­halb dessen gewünschte Transaktionslogiken von Anfang bis Ende des Prozesses abgebildet werden können. Ein Beispiel: Zwar kann aktuell mit Hilfe von Smart Contracts durchaus ein digitales Asset, wie etwa ein Token, übertragen werden, dagegen besteht eine derartige Möglichkeit – zumindest in Deutschland – für Gesellschaftsanteile derzeit nicht.
 

Fazit

In Zukunft dürften Transaktionen mit Bezug zu Blockchain-Technologie zunehmen. Auch wenn diese innovative Technologie das Potential hat, auch bei Durchführung der Transaktion selbst maßgeblich beteiligt zu sein, sind auf absehbare Zeit solche Fälle eher fernliegend.

 

Demgegenüber stehen Fälle, in denen etwa im Rahmen einer Due Diligence auch eine Beurteilung von Geschäftsvorgängen, die auf Basis der Blockchain-Technologie umgesetzt werden, erforderlich ist (etwa ICO als alternatives Finanzie­rungsinstrument). Diese werden künftig aller Wahrscheinlichkeit nach in höherer Anzahl zu verzeichnen sein. Gerade im Bereich von FinTechs, respektive Tokenisierungs- Geschäftsmodellen, wird es wichtiger werden, den entsprechenden technologischen Anteil juristisch aufarbeiten zu können. Bei der Due Diligence Untersuchung entspre­chender Targets und Vorgänge sind jedoch selbst technologiespezialisierte Transaktions­anwälte nicht mehr in der Lage ohne Softwareexperten zu agieren. Denn dabei ist es von besonderer Be­deutung, die Sicherheit der in der Blockchain hinterlegten Programmcodes der Smart Contracts zu prüfen und die erforderlichen Simulationen durchzuführen, auf deren Grundlage dann die rechtliche Bewertung sowie die Reflektion in der Transaktionsarchitektur und -dokumentation er­folgen können.

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