M&A Vocabulary – Experten verstehen: „Goodwill”

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veröffentlicht am 14. Dezember 2021 | Lesedauer ca. 2 Minuten

 

​In dieser Fortsetzungsreihe stellen Ihnen wechselnde M&A-Experten der weltweiten Niederlassungen von Rödl & Partner jeweils einen wichtigen Begriff aus der englischen Fachsprache des Transaktionsgeschäfts vor, verbunden mit Anmerkungen zur Verwendung. Hierbei geht es nicht um wissenschaftlich-juristische Exaktheit, linguistische Feinheiten oder erschöpfende Darstellung, sondern darum, das Grundverständnis eines Terminus zu vermitteln bzw. aufzufrischen und einige nützliche Hinweise aus der Beratungspraxis zu geben.

Der Goodwill (Geschäfts- oder Firmenwert) stellt grundsätzlich den Unterschiedsbetrag zwischen Unternehmenswert und der Summe der Zeitwerte der einzelnen nach der jeweiligen Rechnungslegungsvorschrift identifizierbaren Vermögenswerte dar.


Sowohl unter IFRS (International Financial Reporting Standards) als auch unter HGB (Handelsgesetzbuch) ist eine Differenzierung zwischen originärem und derivativem Goodwill notwendig. Bei einem originären Goodwill handelt es sich um einen durch das Unternehmen selbst geschaffenen immateriellen Vermögenswert, der die im laufenden Geschäft entstandenen, nicht näher zuzuordnenden Gewinnaussichten verkörpert. Der originäre Goodwill darf grundsätzlich nicht in der Bilanz aktiviert werden, da er die Ansatzkriterien nicht erfüllt und ein explizites Ansatzverbot besteht. Dies gilt sowohl nach dem HGB (§ 248 Abs. 2 HGB) als auch nach IFRS (IAS 38.48).


Der derivative Goodwill spielt in der Praxis eine weitaus größere Rolle. Der derivative Goodwill ist in § 246 Abs. 1 Satz 4 HGB wie folgt definiert: „Der Unterschiedsbetrag, um den die für die Übernahme eines Unternehmens bewirkte Gegenleistung den Wert der einzelnen Vermögensgegenstände des Unternehmens abzüglich der Schulden im Zeitpunkt der Übernahme übersteigt (entgeltlich erworbener Geschäfts- oder Firmenwert), gilt als zeitlich begrenzt nutzbarer Vermögensgegenstand”. Wie der Definition zu entnehmen ist, entsteht ein derivativer Goodwill durch den entgeltlichen Erwerb im Rahmen eines Unternehmenskaufs. Vereinfacht formuliert, spiegelt der derivative Goodwill demnach die Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem Zeitwert der erworbenen Vermögensgegenstände abzüglich der Schulden wieder.


Beispiel für einen derivativen Goodwill: Unternehmen A übernimmt am 31.12.2020 das Unternehmen B im Wege eines Share Deals zu einem Kaufpreis von 10 Mio. EUR. Der Buchwert der Vermögensgegenstände von Unternehmen B beträgt zum 31.12.2020 12 Mio. EUR. Der gegenwärtige Verkehrswert der Vermögensgegenstände hingegen beträgt 14 Mio. EUR. Die Summe der Schulden von Unternehmen B beträgt zum 31.12.2020 8 Mio. EUR. Der Buchwert der Schulden entspricht ihrem Verkehrswert. Der derivative Goodwill, der sich aus der Transaktion ergibt beträgt:

 

10 Mio. EUR (Kaufpreis für Unternehmen B)

abzgl. 6 Mio. EUR als Saldo zwischen dem Verkehrswert der Vermögensgegenstände in Höhe von 14 Mio. EUR  und dem Verkehrswert der Schulden in Höhe von 8 Mio. EUR
= 4 Mio. EUR

 

Der derivative Goodwill unterliegt sowohl nach HGB als auch nach IFRS einem Aktivierungsgebot. Er ist gesondert unter den immateriellen Vermögensgegenständen auszuweisen und entsprechend der jeweiligen Bestimmungen abzuschreiben.


Nach HGB ist der derivative Goodwill planmäßig über seine individuell zu schätzende Nutzungsdauer abzuschreiben. Ist eine Abschätzung der Nutzungsdauer nicht möglich, so ist über einen Zeitraum von 10 Jahren abzuschreiben (§ 253 Abs. 3 Satz 3 und 4 HGB, DRS 23 Tz 120-123).


Nach IFRS wird auf die planmäßige Abschreibung eines derivativen Goodwills verzichtet, da eine unbegrenzte Nutzungsdauer unterstellt wird (IAS 38.107). IAS 36 verlangt, dass immaterielle Vermögensgegenstände mit einer unbegrenzten Nutzungsdauer auf Wertminderung überprüft werden. Wertminderung nach IFRS bedeutet, dass der Buchwert eines Vermögensgegenstands  seinen erzielbare Betrag übersteigt (IAS 36.6). Die Überprüfung auf Wertminderung (sog. Impairment Test) ist in jeder Periode, sprich mindestens jährlich, und insbesondere bei Anhaltspunkten für eine Wertminderung eines  Vermögensgegenstands durchzuführen (IAS 38.108). Eine etwaige Wertminderung ist als Aufwand in der Gewinn- und Verlustrechnung zu erfassen.

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