Horizon Board: Das neue Gremium in der Aktiengesellschaft? – Teil 2

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​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 21. Mai ​2025 | Lesedauer ca. 5 Minuten

 

In der März-Ausgabe unseres Newsletters haben wir erstmal über ein (neues Trend-)​ Gremium in der Aktiengesellschaft, das sog. Horizon Board, berichtet und erläutert was unter diesem Begriff zu verstehen ist. Es wurden zudem die Vorteile aufgezeigt, die die Einrichtung eines solchen Gremiums bieten kann.


Im Zweiten Teil des Artikels sollen nun die rechtlichen Grundlagen aufgezeigt und Hinweise für die Ausgestaltung gegeben werden.


Rechtliche Grundlagen der Einrichtung

Horizon Boards als solche sind gesetzlich nicht geregelt. Die rechtlichen Voraussetzungen und Anforderungen ergeben sich daher vielmehr aus den im Aktienrecht geltenden Vorschriften sowie aus den allgemeinen rechtlichen Grundsätzen und Grenzen. 

Die Entscheidung zur Einrichtung eines Horizon Boards kann entweder in der Satzung niedergelegt, durch einen Beschluss der Hauptversammlung, oder aber durch die Geschäftsführung getroffen werden. Im Aktienrecht gibt es bei der konkreten Ausgestaltung eines Horizon Boards aufgrund des Grundsatzes der Satzungsstrenge jedoch einiges zu beachten. So kann weder in die gesetzliche Kompetenzzuweisung des Vorstands noch in die des Aufsichtsrats oder die der Hauptversammlung eingegriffen werden kann. Den Mitgliedern eines Horizon Boards kann damit bei einer Aktiengesellschaft lediglich die Funktion eines beratenden Gremiums eingeräumt werden.

Wie dessen Zusammensetzung, Kompetenzen und die Einbeziehung in die Entscheidung des Vorstands konkret ausgestaltet werden, ist innerhalb der gesetzlichen Grenzen individuell auf das jeweilige Unternehmen und auf den mit dem Horizon Board verfolgten Sinn und Zweck zuzuschneiden. Bei der Zusammensetzung stellt sich unter anderem die Frage wie viele Mitglieder dem Horizon Board angehören sollen und ob sich das Horizon Board lediglich aus internen Mitarbeiter zusammensetzen soll oder auch externe Berater umfassen soll. Dabei ist darauf zu achten, dass die Mitglieder frei von Interessenskonflikten sind und über die notwendige Expertise und Erfahrung verfügen. Zudem ist eine klare und konkrete Ziel- bzw. Zwecksetzung des Horizon Boards festzulegen und zu regeln wie der Austausch zwischen dem Horizon Board und der Führungsebene ausgestaltet wird. Dazu gehört beispielsweise auch die Frage, ob ein Mitglied des Managements an den Sitzungen des Horizon Boards teilnehmen soll.

Nicht zuletzt sollte auch das Thema einer möglichen Haftung den Mitgliedern eines Horizon Boards präsent sein. Soweit rechtlich möglich, ist hier an einen vertraglichen Ausschluss einer Haftung zu denken, um die Hemmschwelle für Interessenten möglichst gering zu halten.

Hinweise zur Ausgestaltung

Bei der konkreten Ausgestaltung gibt es verschiedene rechtliche Gesichtspunkte zu beachten. Hierzu gehören insbesondere aufsichtsrechtliche Gesichtspunkte sowie die Frage der Kompatibilität mit bestehenden Governance Strukturen sowie die Frage wie und in welchem Umfang dem Horizon Board Informationen zur Verfügung gestellt werden.

Aufsichtsrechtliche Gesichtspunkte

Für die Vereinbarkeit mit bestehenden Governance Strukturen ist es insbesondere wichtig die Aufgaben des Horizon Boards klar von den Aufgaben des Aufsichtsrats und des Vorstandes zu trennen. Zudem muss die Einrichtung eines Horizon Boards im Einklang mit dem deutschen Aktienrecht stehen, insbesondere hinsichtlich der Rechte und Pflichten der Aktionäre und der Organe der Gesellschaft. Es muss überdies sichergestellt werden, dass etwaige Berichtspflichten des Horizon Boards mit den gesetzlichen Anforderungen an den Aufsichtsrat und den Vorstand übereinstimmen. 

Außerdem sollten die Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex bei der Implementierung eines Horizon Boards berücksichtigt werden, um Transparenz und Verantwortlichkeit zu gewährleisten. Um das Vertrauen der Aktionäre zu gewährleisten, kann es sinnvoll sein, gesteigerte Transparenzanforderungen zu stellen, wie beispielweise die Pflicht zur Veröffentlichung der Aktivitäten und Entscheidungen des Horizon Boards in den Jahresberichten der Gesellschaft.

Es gilt weiterhin festzulegen, welche Dokumentationspflichten ein Horizon Board haben soll und wie die Kommunikation zwischen dem Horizon Board und dem Vorstand und dem Aufsichtsrat im Detail ausgestaltet werden soll.

Zugang zu Informationen

Einer der Kernbereiche, mit denen sich jedes Unternehmen, das die Einrichtung eines Horizon Boards erwägt, auseinandersetzen sollte, ist die Frage wie die Mitglieder des Horizon Boards mit Informationen versorgt werden, in welchem Umfang dem Horizon Board Informationen zur Verfügung gestellt werden können und welche Maßnahmen zu treffen sind, um zu gewährleisten, dass sensible Daten und Informationen vertraulich behandelt werden. 

Ein allgemeines, umfassendes Informationsrecht der Mitglieder eines Horizon Boards besteht nicht. Dennoch bedarf es rein aus praktischen Gründen, damit das Horizon Board effektiv arbeiten kann, einer Regelung wie und in welchem Umfang Mitglieder des Horizon Boards Zugang zu Informationen haben sollen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie dies ausgestaltet werden kann. Denkbar ist, dass die Informationen direkt durch das Management bereitgestellt werden oder durch nachgeordnete Ebenen. Eine andere bzw. weitere Möglichkeit wäre auch die Einräumung eines Informations- und Auskunftsrecht des Horizon Boards oder aber ein Recht des Horizon Boards, in Unternehmensdatenbanken selbst nach Informationen zu suchen. 

Dieses Bedürfnis einer Regelung zu der Zurverfügungstellung von Informationen kann insbesondere herausfordernd sein, wenn Aktionärsvertreter im Horizon Board sitzen und sich die Frage der Gleichbehandlung von Aktionären stellt.

Gleichbehandlung der Aktionäre

Im Aktienrecht gilt der Grundsatz, dass keinem Aktionär bevorzugter Zugang zu Informationen oder Zugang zu mehr Informationen als den anderen Aktionären bekannt gemacht wird, gewährt wird. Sofern Aktionärsvertreter Mitglieder in ein Horizon Board entsenden, könnten Aktionäre durch den Zugang zu Informationen einen Wissensvorsprung gegenüber anderen Aktionären erhalten. Der Gleichbehandlungsgrundsatz kann dabei im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung aufgrund sachlicher Gründe eingeschränkt werden. 

Wenngleich das Gesetz keine Unterscheidung zwischen bestimmten Aktionärsgruppen vorsieht, wird in der Rechtsliteratur vertreten, dass ein sachlicher Grund für ein Informationsprivileg gegeben sein soll, wenn es sich bei dem Aktionär um einen institutionellen Investor handelt. Begründet wird dies damit, dass in der Aktionärsrechte-RL 2007/36/EG in ihrer reformierten Fassung (RL [EU] 2017/828) den institutionellen Investoren eigene Aufgaben im Bereich der Corporate Governance zukommen (sog. Stewardship-Pflichten). Danach wird institutionellen Investoren eine eigene Mitwirkungspolitik zugesprochen und die Pflicht auferlegt einen Mitwirkungsbericht zu veröffentlichen. Daraus wird abgeleitet, dass es im Interesse der Gesellschaft ist, institutionellen Investoren durch verbesserten Informationszugang ein Mittel an die Hand zu geben, ihre durch die Richtlinie verliehenen Aufgaben, zum Wohle der Gesellschaft, wahrzunehmen.

Wenn also ein Horizon Board zum Wohle der Gesellschaft eine Aufgabe wahrnimmt und für diese Aufgabe Informationen zur Verfügung gestellt bekommt, kann ein Informationsvorsprung eines institutionellen Investors zulässig sein. Wann es sich um eine Aufgabe zum Wohle der Gesellschaft handelt, lässt sich jedoch nicht pauschal beantworten, vielmehr bedarf es stets einer fachkundigen Prüfung und Abgrenzung des Einzelfalls.

Ausblick

Ob die Etablierung eines Horizon Boards tatsächlich den gewünschten Erfolg mit sich bringt, ist letztlich von einer Vielzahl von Faktoren abhängig, nicht zuletzt von der jeweiligen Branche und dem Sinn und Zweck der mit der Etablierung eines Horizon Boards verfolgt wird.

Gerade bei Aktiengesellschaften, die bislang wenig Fokus auf Themen wie beispielsweise Social Media, Digitalisierung oder Diversity gelegt haben, kann die Einrichtung eines Horizon Boards durchaus interessant sein, aber auch für Unternehmen, die attraktiver für institutionelle Investoren werden möchten. 

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Einrichtung und Ausgestaltung eines Horizon Boards für viele Aktiengesellschaften bedeutet, dass sie sich zunächst auf ungewohntem Terrain bewegen. Um hier gut aufgestellt zu sein, ist eine fundierte rechtliche Beratung unerlässlich, um die Vielzahl der rechtlichen Aspekte entsprechend zu würdigen und in praktikabler Weise umzusetzen. Wie die Vorreiter im Ausland zeigen, kann die Etablierung eines Horizon Boards auf unterschiedlichste Weise einen spürbaren Mehrwert für ein Unternehmen schaffen.

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