Auskunftsanspruch und Einsichtnahmerecht eines Gesellschafters – Klarstellung des OLG Saarbrücken: Keine Vollstreckung über den Titel hinaus

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 17. September 2025 | Lesedauer ca. 4 Minuten


Die Frage, in welchem Umfang ein Gesellschafter Einblick in die Geschäftsunterlagen seiner Gesellschaft verlangen darf, gehört zu den immer wieder streitigen Punkten im Gesellschaftsrecht. Gerade in angespannten Gesellschafterverhältnissen werden Informationsrechte häufig als Druckmittel oder Abwehrinstrument genutzt. Das Gesetz gibt den Gesellschaftern in § 51a GmbHG durch den Auskunftsanspruch und das Einsichtnahmerecht zwei Gesellschafterrechte zur Geltendmachung der Informationsrechte an die Hand. Der Gesellschafter soll hierdurch in den Stand versetzt werden, seine Mitgliedschaftsrechte in der Gesellschafterversammlung verantwortungsbewusst und sachgerecht auszuüben und zugleich seine Individualinteressen zu wahren. Das OLG Saarbrücken hat hierzu mit Beschluss vom 28. März 2025 (Az. 1 W 22/24) wichtige Klarstellungen vorgenommen, die Geschäftsführungen und Gesellschafter gleichermaßen betreffen.

Der Inhalt und die Reichweite des Informationsrechts

Der Auskunftsanspruch verpflichtet grundsätzlich die Geschäftsführung, einem Gesellschafter umfassend Auskunft über alle Angelegenheiten der Gesellschaft zu geben. Dazu gehören etwa Informationen zur wirtschaftlichen Lage, zu Verträgen, zu Beteiligungen oder zu wichtigen Geschäftsvorfällen. Ziel ist es, den Gesellschafter in die Lage zu versetzen, seine Rechte sachgerecht wahrzunehmen und Entscheidungen auf fundierter Basis treffen zu können.

Das Einsichtnahmerecht geht noch einen Schritt weiter: Es erlaubt dem Gesellschafter grundsätzlich, Unterlagen wie Jahresabschlüsse, Verträge, Geschäftsberichte oder Belege unmittelbar einzusehen. Während die Auskunft eine von der Geschäftsführung „vermittelte“ Information ist, verschafft die Einsicht einen eigenen, unmittelbaren Überblick.

Häufig stellt sich in der Praxis die streitige Frage, wie diese Rechte umgesetzt werden müssen. Insbesondere ist nicht selten fraglich, in welchem Umfang Einsicht in die Geschäftsunterlagen zu gewähren ist. Mit genau dieser Frage befasste sich das OLG Saarbrücken in seinem jüngsten Beschluss. Im Rahmen dieses gerichtlichen Verfahrens war die auskunftspflichtige Gesellschaft der Ansicht, ihrer Pflicht aus dem vorangegangenen landgerichtlichen Beschluss nachgekommen zu sein, nachdem sie dem Auskunft suchenden Gesellschafter Einsicht in die Geschäftsunterlagen gewährte. Die Gesellschaft ermöglichte dabei die Einsichtnahme in sämtliche Unterlagen, die in dem landgerichtlichen Vollstreckungsbeschluss als vorlagepflichtig benannt wurden. Die Gesellschafterin begehrte indes die Einsichtnahme in (weitere) Geschäftsunterlagen, die nicht im Vollstreckungsbeschluss bezeichnet wurden.

Das Oberlandesgericht stellte sich auf die Seite der Gesellschaft und verdeutlichte mit seiner Entscheidung, dass § 51a GmbHG zwar materiell weit gefasst ist, im konkreten Verfahren allerdings immer präzisiert werden muss, auf welche Unterlagen sich das Begehren richtet. Der Vollstreckungstitel kann daher nicht nachträglich so ausgelegt werden, dass er prinzipiell alle denkbaren Geschäftsunterlagen umfasst. Im Falle eines Vollstreckungsverfahrens sei – nach Ansicht des Senats – allein der konkrete Inhalt des Titels maßgeblich. Weitergehende Informationswünsche könne der Gesellschafter nicht einfordern.

Des Weiteren stellte das Gericht klar, dass die Gesellschaft nicht ohne Weiteres die Vorlage von Dokumenten mit der Behauptung, dass diese nicht existieren, ablehnen könne. Vielmehr müsse sie darlegen, weshalb diese Dokumente nicht vorhanden sind.

Die Vollstreckung des Informationsrechts

Weigert sich eine Gesellschaft, die Auskunft oder Einsicht zu gewähren, kann ein Gesellschafter diese Rechte – so wie im streitgegenständlichen Fall – im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzen. Bei Nichtbefolgung drohen empfindliche Druckmittel wie Geldstrafen oder Zwangsmaßnahmen. 

Kommt es zu einem entsprechenden rechtskräftigen Titel in der Zwangsvollstreckung, richtet sich dessen Umfang allein nach dem Wortlaut des gerichtlichen Titels, betonte das Oberlandesgericht Saarbrücken.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang: „Erledigt“ ist der Anspruch erst dann, wenn die Informationen insbesondere vollständig und richtig zur Verfügung gestellt werden bzw. der Gesellschafter die tatsächliche Möglichkeit zu Einsichtnahme erhält. Unvollständige Teilauskünfte oder unpraktikable Einsichtstermine führen nicht zur Erfüllung dieses Informationsanspruchs.

Damit steigt der Druck auf Geschäftsführungen erheblich, die Rechte von Anfang an ordnungsgemäß umzusetzen. Für die Gesellschaft ist es deshalb entscheidend, im Streitfall nachweisen zu können, dass sie ordnungsgemäß erfüllt hat.

Hinweise für die Praxis

Die Entscheidung des OLG Saarbrücken zeigt deutlich: Auskunfts- und Einsichtsrechte nach § 51a GmbHG sind zwar weitreichend, ihre Durchsetzung im Vollstreckungsverfahren hängt jedoch allein vom konkreten Wortlaut des Titels ab.

Für Gesellschafter bedeutet das zum einen, dass Anträge im Erkenntnisverfahren präzise formuliert werden sollten, damit alle gewünschten Unterlagen und Informationen ausdrücklich im Tenor enthalten sind. Zum anderen können weitergehende Informationsansprüche nicht über die Vollstreckung „nachgeschoben“ werden, sondern bedürfen eines neuen Antrags. Gesellschaften hingegen können sich in der Vollstreckung darauf berufen, dass nur das geschuldet wird, was im Titel steht.

Damit stärkt die Entscheidung die Rechtssicherheit im Umgang mit Gesellschafterrechten und mahnt zugleich zur Sorgfalt bei der Antragstellung.

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