D&O-Versicherungen: Genügt die Versicherungssumme auch für die Kosten der Rechtsberatung?

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 17. September 2025 | Lesedauer ca. 4 Minuten


Eine D&O-Versicherung (Directors & Officers-Versicherung) für Geschäftsleitungsorgane gehört mittlerweile bei vielen deutschen Gesellschaften zu den Standardversicherungen. Diese sollte die Kosten für Rechtsberatung, aber gegebenenfalls auch für PR-Maßnahmen bei Gerichtsverfahren, in angemessener Höhe abdecken. Hierbei empfiehlt es sich den Vertrag bei Abschluss und fortlaufend hinsichtlich ausreichender Deckung zu überprüfen. In der Regel ist die Hinzuziehung eines Beraters sinnvoll.


Sofern wirksam vereinbart, können im Schadenfall auch Verfahrenskosten (PR-Kosten und Rechtsberatungskosten) auf die Gesamtversicherungssumme angerechnet werden. Das kann zur Folge haben, dass ein erheblicher Teil der maximalen Versicherungssumme bereits durch das Verfahren verbraucht ist, sodass am Ende nicht alle Kosten abgedeckt sind. So entschied kürzlich das OLG Frankfurt (Urteil vom 29. November 2024 – 7 U 82/22) im Nachgang des Wirecard-Bilanzskandals über einen derartigen Fall, in welchem ein ehemaliger Prokurist des Unternehmens Ansprüche gegen die Versicherung wegen PR-Kosten geltend machte. 

Dieser Beitrag beleuchte einzelne Punkte der Entscheidung. 

Grundsätzliches zu D&O-Versicherungen

Eine D&O-Versicherung ist eine spezielle Vermögensschadenhaftpflichtversicherung für Organmitglieder und leitende Angestellte und soll Führungskräfte vor finanziellen Folgen durch Haftungsansprüche schützen. Der Versicherungsschutz ist auf fahrlässige Pflichtverletzungen begrenzt. Zudem erfüllt die D&O-Versicherung eine ähnliche Funktion wie eine passive Rechtsschutzversicherung. Sie trägt die Kosten für juristische Verteidigung – darunter Anwälte, Sachverständige und Gerichtsverfahren – wenn gegen eine Führungskraft ein unbegründeter Anspruch geltend gemacht wird. 

Typischerweise schließen die Unternehmen für folgende Personen eine D&O-Versicherung ab:

  • Geschäftsführer von GmbHs und Vorstände von Aktiengesellschaften,
  • Prokuristen und leitende Angestellte,
  • Aufsichtsräte, Beirats- und Kontrollgremienmitglieder,
  • Vereinsvorstände sowie Organe von Stiftungen und Non-Profit-Organisationen
    (einzeln versicherte Person und gemeinsam versicherte Personen).

Hierbei ist es auch üblich sogenannte Gruppenversicherungen abzuschließen, bei denen die Versicherungssumme von mehreren versicherten Personen, beispielsweise der gesamte Vorstand oder alle Prokuristen und leitenden Angestellten, in Anspruch genommen und damit aufgezehrt werden kann.

Die Hauptzwecke einer Haftpflichtversicherung liegen in der Abwehr unberechtigter Schadenersatzansprüche und daneben in der Freistellung der versicherten Person. Daher können gerade auch die Dienstleistungen (z. B. Rechtsberatung) im Vorfeld eines Gerichtsverfahren unter den Versicherungsschutz fallen. Jedoch ist zu beachten, dass diese Leistungen in der Regel auf die Versicherungssumme angerechnet werden und es zu einer frühzeitigen Ausschöpfung der Verssicherungssumme kommen kann.

Vereinbarung einer Anrechnungsklausel

Grundsätzlich werden alle Leistungen des Versicherers auf die Gesamtversicherungssumme angerechnet, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist. Eine davon abweichende Regelung findet sich in § 101 Abs. 2 Satz 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG), wonach bei Haftpflichtversicherungen die vom Versicherer veranlassten Rechtsschutzkosten nicht per se auf die Versicherungssumme anzurechnen sind. Dabei handelt es sich aber um eine dispositive Vorschrift, von der die Parteien abweichen können.

Im entschiedenen Fall war eine Anrechnung von Rechtsschutzkosten in den Versicherungsbedingungen ausdrücklich vereinbart. Derartige Bedingungen sind absolut üblich für D&O-Versicherung. Dies erkennt auch das OLG Frankfurt an, indem es von einem ausnahmslos geltenden Prinzip spricht. Somit findet im Regelfall eine Anrechnung der Rechtsschutzkosten auf die Versicherungshöchstsumme statt. Darüberhinausgehende Leistungen – wie etwa PR-Kosten – werden ebenfalls auf die Versicherungssumme angerechnet, sofern dies nicht ausdrücklich anders geregelt ist. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit die Versicherungsbedingungen, insbesondere aber auch die Versicherungssumme und Anrechnungsklauseln genau zu prüfen. Hierbei sollte stets auf eine ausrechende Deckung geachtet werden.

Fazit

Die Entscheidung zeigt, dass D&O-Versicherungen, gerade bei größeren Schadensfällen, ihre Grenzen haben und die Versicherungssumme bereits durch Rechtsschutz und begleitende Dienstleistungen aufgebraucht werden kann. In diesem Fall kann sich die Versicherung auf die Erfüllung ihrer Leistungspflicht berufen und die versicherte Person, hat die übrigen Kosten selbst zu tragen. Insbesondere bei Gruppenversicherungen können sich die Risiken nochmals multiplizieren.

Daher ist es essentiell, bei Abschluss und fortlaufend während des Bestands der D&O-Versicherung die Höhe der (Gesamt-)Versicherungssumme sowie die einzelnen Deckungsgrenzen und Anrechnungsbestimmungen zu prüfen. Für die Prüfung und mögliche Verhandlung mit der Versicherung lohnt es sich Rechtsrat einzuholen.


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