Ungeplant und ungewollt? Betriebsübergänge im Schlepptau von Unternehmenskäufen

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Bei fast jedem Unternehmenskauf muss das Risiko eines Betriebsübergangs geprüft werden. Denn die rechtlichen Folgen können gravierend sein. Dabei ist stets die aktuelle Rechtsprechung auf nationaler wie europäischer Ebene zu beachten. Denn die Definition, wann ein Betriebsübergang vorliegt, ist ständig in Bewegung.
 
Zwar ist der Betriebsübergang in § 613 a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) gesetzlich geregelt. Es besteht aber immer noch Raum für unterschiedliche Auslegungen der gesetzlichen Vorgaben durch die Rechtsprechung. Sobald ein Betriebsübergang vorliegt, ist die klare Rechtsfolge, dass im Rahmen des Unternehmenskaufs die Arbeitnehmer des Veräußerers mit den Rechten und Pflichten aus ihren bestehenden Arbeitsverhältnissen auf den Erwerber übergehen. Der Erwerber möchte aber häufig nicht alle Arbeitsverhältnisse des zu übernehmenden Betriebs oder Betriebsteils fortführen. Gerade in Insolvenzverfahren, in denen ein Betriebsübergang häufig seitens der Insolvenzverwalter gewünscht ist, bietet es sich daher an, unter Ausnutzung der Vorteile des Insolvenzverfahrens im Hinblick auf Kündigungsfristen und Sozialplanvolumen dem Insolvenzverwalter die Aufgabe zu übertragen, nach einem Erwerberkonzept im Vorfeld des Betriebsübergangs die nicht gewünschten Arbeitnehmer abzubauen.
 
Oft wird im Rahmen eines Unternehmenskaufs versucht, durch Gestaltung des zu übernehmenden Betriebs(-teils) die Rechtsfolgen eines Betriebsübergangs überschaubarer zu machen. Es werden darüber hinaus Lösungsansätze dahingehend vertreten, dass der Betrieb bzw. der Betriebsteil als wirtschaftliche Einheit nicht mehr unter Identitätswahrung fortgeführt wird. Dabei ist in diesem Zusammenhang immer eine wertende Gesamtbetrachtung der von der Rechtsprechung aufgestellten Identitätskriterien vorzunehmen. Wichtiger Punkt im Zusammenhang mit der Wahrung der Identität und immer wieder Gegenstand von höchstrichterlichen Entscheidungen ist die tatsächliche Fortführung der übertragenen Einheit.
 
Gestaltungsspielraum im Hinblick auf die Rechtsfolgen eines Betriebsübergangs besteht dann, wenn der zu übernehmende Betrieb bzw. der Betriebsteil in eine neu gegründete Gesellschaft eingebracht wird und dabei Überlegungen im Hinblick auf Tarifbindungen angestellt werden. Bestehen beim Erwerber keine oder andere Tarifbindungen als beim Veräußerer, sollten die wirtschaftlichen Auswirkungen in diesem Punkt des Betriebsübergangs nicht vernachlässigt werden.
 
Will ein Erwerber jedoch nach Möglichkeit die Mitarbeiter des Veräußerers aufgrund ihres Know-hows oder ihrer fachlichen Qualifikation halten, wird der Erwerber auf der anderen Seite ein hohes Interesse an einem Betriebsübergang haben. Bei einem Betriebsübergang setzen nämlich nur die Arbeitnehmer des Veräußerers, die dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber widersprechen, nicht automatisch ihr Arbeitsverhältnis mit dem Erwerber fort. In einem solchen Fall sollte die Pflicht des Veräußerers und Erwerbers nach § 613 a Abs. 5 BGB, nämlich die Arbeitnehmer ordnungsgemäß über den Betriebsübergang und seine Folgen zu informieren, sehr ernst genommen werden. Sonst kann man später ein böses Erwachen mit nachträglichen Widersprüchen erleben. Die Information der betroffenen Arbeitnehmer durch Erwerber und Veräußerer gemeinsam ist dabei eine vertrauensbildende Maßnahme. Die Information soll aufgrund ihrer Inhalte dem Arbeitnehmer die Entscheidung erleichtern, dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses nicht zu widersprechen. Insoweit hat die Rechtsprechung inzwischen jedoch sehr hohe Hürden aufgebaut, die zu überwinden sind, damit das Informationsschreiben als ordnungsgemäß angesehen wird.
 
Je nach Intention und Zielvorstellung sind die beteiligten Parteien eines Unternehmenskaufs gut beraten, im Vorfeld die Risiken aber auch die Chancen eines Betriebsübergangs prüfen zu lassen und gegebenenfalls auch gestalterisch in diesem Zusammenhang tätig zu werden. Eine fundierte Prüfung sollte vor ungeplanten und ungewollten Überraschungen schützen.
 
zuletzt aktualisiert am 27.08.2015

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Cornelia Schmid

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