OLG Düsseldorf: Keine Regresshaftung von Geschäftsführern und Vorständen für Unternehmenskartellgeldbußen

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veröffentlicht am 8. November 2023 | Lesedauer ca. 2 Minuten

 

Eine persönliche Haftung von Geschäftsführer und Vorstand für gegen das Unternehmen verhängte Geldbußen für Kartellrechtverstöße ist nach Ansicht des OLG Düsseldorf ausgeschlossen. Andernfalls wäre der Sanktionszweck des Unternehmensbußgeldes gefährdet. Geschäftsführer und Vorstand haften jedoch grundsätzlich für Schadensersatzforderungen von Kartellgeschädigten (Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 27.7.2023, Az. 6 U 1/22 (Kart)).

 

Das Bundeskartellamt setzte gegen eine GmbH (die über mehrere Jahre wettbewerbswidrig Preise mit Konkurrenten abgesprochen hatte) ein Bußgeld von 4,1 Millionen Euro fest. Daraufhin nahm die Gesellschaft ihren Geschäftsführer in Regress und forderte Schadenersatz, im Wesentlichen den Betrag des gegen die Gesellschaft festgesetzten Bußgeldes.

 

Geschäftsführer und Vorstände haften gegenüber der Gesellschaft für alle Schäden der Gesellschaft, die auf Grund der Verletzung einer ihnen obliegenden Pflicht schuldhaft verursacht wurden. Zu den einer Geschäftsleitung obliegenden Pflichten zählt auch die Beachtung der Vorgaben des deutschen und europäischen Kartellrechts. Die Beteiligung an wettbewerbsbeschränkenden Absprachen und abgestimmten Verhaltensweisen stellt eine Verletzung der Pflichten eines Geschäftsführers dar.

 

Ob bzw. in welchem Umfang ein Unternehmen einen Geschäftsführer oder Vorstand speziell bei Kartellrechtsverstößen in Regress nehmen kann, ist jedoch umstritten. Der Kartellsenat des OLG Düsseldorf bestätigte zunächst, dass die Regressmöglichkeit einer Gesellschaft gegen ihren Geschäftsführer bzw. Vorstand dem Grundsatz nach auch bei Kartellrechtsverstößen bestehe. Sie erstrecke sich jedoch nicht auf sämtliche Schäden, vielmehr sei insoweit zwischen unterschiedlichen Haftungsmechanismen des Kartellrechts zu unterscheiden.

 

Von der Regressmöglichkeit erfasst seien Ansprüche einer Gesellschaft wegen Schäden, die ihr durch eine Inanspruchnahme von geschädigten Dritten auf Kartellschadensersatz entstehen.

 

Anders verhalte es sich bei Unternehmensgeldbußen, die durch Kartellbehörden, wie hier das Bundeskartellamt, gegen die Gesellschaft verhängt wurden. Ihr Zweck gebiete es, dass sie die Gesellschaft treffen und dort verbleiben. Nur so könne die Gesellschaft zu einer angemessenen Kontrolle ihrer Organe und deren Legalitätspflicht angehalten werden. Dass der Sanktionsmechanismus des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) bei Kartellverstößen gerade auf die Gesellschaft ausgerichtet ist, zeigt sich mitunter an der Orientierung der Geldbuße am Unternehmensumsatz. Die so errechnete Zahlungsverpflichtung in teilweise exorbitanter Höhe verfolge auch den Zweck, der Gesellschaft Vorteile, die ihr durch die Kartellzuwiderhandlung zugeflossen sind, zu entziehen. Bestünde in diesem Fall eine Regressmöglichkeit der Gesellschaft gegen ihren Geschäftsführer bzw. Vorstand, würde die gesetzgeberische Intention ins Leere laufen. Ebenfalls nicht erstattungsfähig seien Anwaltskosten, die unmittelbar durch das Bußgeldverfahren und die Verteidigung dort entstanden sind.

 

Fazit: Keine Entwarnung, BGH-Entscheidung steht aus

Die Frage, ob Regressansprüche gegen Geschäftsführer und Vorstände bei Kartellrechtsverstößen bestehen, ist gerade aufgrund der sehr hohen in diesem Zusammenhang verhängten Strafen wichtig – und umstritten. Die Entscheidung des OLG Düsseldorf fügt sich in die Reihe der Entscheidungen, die eine persönliche Haftung ablehnen (LAG Düsseldorf, 20.1.2015, Az. 16 Sa 459/14; LG Saarbrücken, 15.9.2020, Az. 7 HKO 6/16). Das LG Dortmund hatte indes zuvor in einem Hinweisbeschluss noch eine abweichende Auffassung vertreten (LG Dortmund, 21. Juni 2023, Az. 8 O 5/22 (Kart)).

 

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Entscheidung des Bundesgerichtshofs bleibt abzuwarten.

 

Selbst wenn der BGH die Rechtsauffassung des OLG Düsseldorf bestätigen sollte, kann für Geschäftsführer und Vorstände keine Entwarnung gegeben werden, schon weil das OLG Düsseldorf den Regress für andere Schäden als die Unternehmensgeldbuße (insbesondere Kartellschadensersatzansprüche) nicht ausgeschlossen hat. Außerdem haftet die Geschäftsleitung u.U. persönlich, wenn sie ihre Pflicht verletzt hat, ein funktionierendes (auch kartellrechtliches) Compliance-Management-System einzurichten.

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Katrin Mikschl

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