Verträge mit Aufsichtsratsmitgliedern – ein kurzer Leitfaden

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​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 7. März 2024 | Lesedauer ca. 3 Minuten

 

Egal ob in der Aktiengesellschaft, der SE oder der mitbestimmten GmbH: die Hinzuziehung einzelner Aufsichtsratsmitglieder z.B. zur operativen Unterstützung in laufenden Projekten, zur Beratung in Rechtssachen oder als operativer Consultant kann für Gesellschaften praktisch sehr nützlich sein. Nicht selten werden die Aufsichtsratsmitglieder erhebliches Know-How mitbringen, dass sich nicht nur innerhalb des Aufsichtsratsmandates für die Gesellschaft nutzbar machen lässt. 



Gleichwohl ist in solchen Konstellationen Vorsicht geboten. § 114 AktG und die hierzu ergangene Rechtsprechung knüpfen an den Abschluss von (Beratungs-)Verträgen mit Aufsichtsratsmitgliedern strenge Voraussetzungen. Deren Sinn und Zweck liegt im Schutz der Unabhängigkeit der Aufsichtsratsmitglieder und damit der Effektivität ihrer Überwachungstätigkeit. Eine zu enge Verflechtung mit dem Vorstand und drohende Parteilichkeit durch die Gewähr von Sondervorteilen soll verhindert werden. 
§ 114 AktG verlangt eine vorherige Zustimmung des Aufsichtsrates für den Abschluss von solchen Verträgen, mit denen das Aufsichtsratsmitglied Leistungen gegen Vergütung und außerhalb seines Aufsichtsratsmandates erbringt. Über den Wortlaut der Norm hinaus muss jedoch nach ständiger Rechtsprechung auch in folgenden Konstellationen die vorherige Zustimmung eingeholt werden: Verträge mit nahestehenden Personen des Aufsichtsratsmitglieds, Verträge mit Gesellschaften, in denen das Aufsichtsratsmitglied gesetzlicher Vertreter ist oder an denen es beteiligt ist. So findet § 114 AktG auch dann entsprechende Anwendung, wenn für Beratungsleistungen des Aufsichtsratsmitglieds ein Beratungsunternehmen zwischen Gesellschaft und Aufsichtsratsmitglied zwischengeschaltet wird und die Vergütung des Aufsichtsratsmitgliedes nur mittelbar über das Beratungsunternehmen erfolgt. 

Verträge, die unter § 114 AktG fallen, sind bis zur Entscheidung über die nachträgliche Zustimmung des Aufsichtsrates schwebend unwirksam. Das bedeutet, dass während dieser Zeit kein Zahlungsanspruch besteht und dennoch geleistete Zahlungen an das Aufsichtsratsmitglied rechtsgrundlos erfolgen. Kann die Zustimmung nachträglich nicht erlangt werden, hat das Aufsichtsratsmitglied seine bereits erhaltene Vergütung für die Vertragsleistung vollständig zurückzugewähren. Aufrechnungs- und Zurückbehaltungsrechte kann es nicht geltend machen. Der Vorstand ist verpflichtet diesen Rückgewähranspruch gegen das Aufsichtsratsmitglied durchzusetzen. Zudem machen sich Vorstand und Aufsichtsrat gegenüber der Gesellschaft ersatzpflichtig, wenn sie schuldhaft an der unzulässigen Gewährung der Vergütung mitgewirkt haben. Insbesondere im Fall der späteren Uneinbringlichkeit des Rückgewähranspruch haften sie der Gesellschaft auf den entstandenen Schaden. 
Verträge mit Aufsichtsratsmitgliedern werden daher zum potenziellen Pulverfass, wenn es zur Neubesetzung des Vorstands, des Aufsichtsrates oder aber der Insolvenz der Gesellschaft kommt. Präventiv ist mithin vor jedem Vertragsschluss zu prüfen, ob dieser in Verbindung zu einem Aufsichtsratsmitglied steht und der Zustimmungspflicht unterliegen könnte.

Neben der Zustimmungspflicht ist auch die Zustimmungsfähigkeit zu beachten. Nicht jeder Vertrag mit dem Aufsichtsratsmitglied ist zustimmungsfähig. 
Sind die Leistungen, die das Aufsichtsratsmitglied im Rahmen des (Beratungs-)Vertrages erbringen soll, bereits aufgrund seiner Organstellung geschuldet, ist der Vertrag nicht zustimmungsfähig, denn die Festlegung über die Vergütung der Aufsichtsratstätigkeit soll einzig bei der Hauptversammlung/Gesellschafterversammlung liegen. Ein nicht zustimmungsfähiger Vertrag ist nichtig. Das Aufsichtsratsmitglied hat auch keinen Bereicherungsanspruch gegen die Gesellschaft, denn seine erbrachten Leistungen sind bereits qua Organstellung geschuldet und damit nicht zusätzlich vergütungsfähig.

Wichtig ist insoweit zu betonen, dass regelmäßig unterschätzt wird, wie weitreichend der Umfang der organschaftlich geschuldeten Leistungen des Aufsichtsratsmitgliedes ist. So ist von der Aufsichtsratstätigkeit eine Beratung des Vorstandes miterfasst, solange es um grundsätzliche Fragen der künftigen Geschäftsführung geht. Auch hat das Aufsichtsratsmitglied nach Rechtsprechung des BGH seine besonderen Kenntnisse mit in den Dienst des Amtes zu stellen.
Die Rechtsprechung des BGH hat über die Jahre einen Katalog von Beratungsgegenständen erstellt, die mangels Abgrenzbarkeit von den organschaftlichen Pflichten des Aufsichtsratsmitglieds nicht nach § 114 AktG zustimmungsfähig sind, unter anderem:  

  •  Beratung in  „betriebswirtschaftlichen” oder „steuerrechtlichen Fragen”, 
  • Beratung bei internen Strukturierungen”, 
  • Beratung zu Finanzierungsmodellen zur Ausstattung mit liquiden Mitteln”, 
  •  „Beratung der Gesellschaft bei dem Abschluss von Unternehmens- und Beteiligungskaufverträge und bei der Eingehung strategischer Allianzen” und 
  • mitwirkende Beratung am Jahresabschluss”. 

Für alle vorgenannten Gegenstände hat der BGH eine Nichtigkeit des Beratervertrages bejaht. Gleichwohl ist eine Abgrenzung von organschaftlicher und einzelvertraglicher Tätigkeit in der Regel möglich, wenn mit dem Vertrag die Beratung und Vergütung in speziellen, einzelnen Fragen des operativen Tagesgeschäfts vereinbart wird. 
Gesellschaften können mithin das Know-How ihrer Aufsichtsratsmitglieder auch außerhalb von deren Organstellung für sich nutzen. Bei der vertraglichen Ausgestaltung und Vergütung der Beratertätigkeit ist jedoch Umsicht geboten.

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